«Mit Design die Welt verbessern ?!»

Natürlich ist der Titel sehr plakativ und vielleicht auch etwas vermessen. Mit Design die Welt verändern? So ein Quatsch! Oder vielleicht doch nicht?

Design ist ein fester Bestandteil der modernen Welt. Lebens- und Kommunikationsmittel, Räume, Möbel, Kleider… Obwohl so ziemlich alles, was uns im Alltagsleben begegnet, gestaltet ist, sind theoretische Auseinandersetzungen mit dem Thema Gestaltung im deutschsprachigen Raum rar. Dabei gewinnt die Thematik nicht nur an Präsenz, sondern auch an Bedeutung, Verantwortung und Komplexität. 

Zuerst sollten wir einen Blick auf das Wort „Design“ werfen. Mittlerweile hat es nämlich einen negativen Beigeschmack bekommen und wird als Aufwertung für vermeintliche Premium-Produkte oder -Dienstleistungen verwendet. Es wird eine umgangssprachliche Assoziation von Design im Sinne von oberflächlichen Styling hervorgerufen, die dem Begriff aber in keiner Weise gerecht wird. Dabei ist Design keine Aufwertung der Oberfläche sondern vielmehr ein vielschichtiger Begriff, der über die reine Gestaltung hinausgeht. Design ist ein wechselseitiger Prozess. Es steht immer im Austausch mit der Welt, der Kultur, der Gesellschaft.

Der Designprozess vereint Kultur, (visuelle) Kunst, Handwerk, Kommunikation, Technisches Know-how und Sozialwissenschaft und drückt sich durch Gestaltung bzw. Formgebung aus. Als Designer*in brauche ich also immer ein Verständnis der Zusammenhänge und Strukturen um mich herum. Dabei sollte der Designer nicht nur die gegenwärtige Lage im Blick haben, sondern braucht auch eine gewisse Kenntnis über Ereignisse der Vergangenheit und kulturell gewachsene Symbolik. 

Letztendlich sind alle Farben, Formen, Symbole oder auch Schriftarten mit irgendeiner Bedeutung aufgeladen. Jedoch unterscheiden sich die Interpretationen von Kulturkreis zu Kulturkreis. Was in der westlichen Welt gilt, kann z.B. im asiatischen Raum eine ganz andere Bedeutung haben.Der Designer sollte mit Fingerspitzengefühl vorgehen, welche Botschaft er vermittelt. Kommunikationsdesign spricht das Unterbewusstsein an, wirkt mit Emotionen und lenkt durch eine bestimmte Haltung.Schon allein mit dieser Erkenntnis wird klar, welche Verantwortung (Kommunikations-) Designer haben und wie sie damit ein Werkzeug in der Hand haben, die Welt zu verändern.

Überflutung im Alltag

Wir leben in einer Gesellschaft in der es viel gibt: Viel Information, viel Werbung, viel Lärm und viele Produkte. Täglich werden wir von Inhalten und Reizen überflutet. Durchschnittlich sind wir 10.000-13.000 Werbekontakten pro Tag ausgesetzt.

Damit wir mit dieser Reizüberflutung umgehen können, besitzt unser Gehirn Filtersysteme, die unwichtige Reize aussortieren können, bevor sie unser Bewusstsein erreichen. Die Gefahr, dass bestimmte Nachrichten einfach aussortiert werden und erst gar nicht in unsere Wahrnehmung gelangen, führt zwangsläufig zu einem Problem im (Kommunikations-) Design. Denn wie können wir unsere Botschaft vermitteln, wenn sie aufgrund unserer gesellschaftlichen Gegebenheiten nicht richtig aufgenommen werden kann? Die aktuelle Lösung für viele Unternehmen lautet bunter, lauter, kontroverser und schriller. Je mehr, desto besser. Doch mehr bedeutet auch weniger Aufmerksamkeit seitens der Konsumenten. Das Fachwort dafür lautet „Werbeblindheit“ und tritt vermutlich schon bei 3.000 bis 5.000 täglichen Werbebotschaften auf. Wie oft klicken wir Werbebanner ungesehen einfach weg?

Plakate und Flyer nehmen wir teilweise gar nicht mehr wahr, weil sie wie selbstverständlich auf so ziemlich jeder freien Fläche kleben bzw. liegen.

In unserer Welt müssen wir als verantwortungsbewusste Designer kontinuierlich das Gute hervorheben, Informationen leicht verständlich vermitteln, Klarheit bringen und Qualität erzeugen. Designer können einen Informationsfluss ermöglichen, der zur Lebensqualität und einer besseren Gesellschaft beitragen kann. Denn Werbung ist letztendlich ein Produkt des Kommunikationsdesigns und diese Erkenntnis sollten wir uns zu Nutze machen.

Design

  • beeinflusst maßgeblich unsere Kultur und unsere Werte.
  • prägt unseren Lebensstil und unser Erscheinungsbild.
  • steuert Entscheidungen.
  • entscheidet, wie soziale Rollenbilder definiert werden.
  • definiert Sprachräume innerhalb einer Gesellschaft.
  • bestimmt, wie kultureller Konsens geschlossen werden sollte.

Kommunikationsdesign wirkt im Unterbewusstsein – auf der Gefühlsebene – der Menschen und verankert sich dadurch nachhaltiger im Gehirn.

Und nun? 

Mit dieser Erkenntnis gewappnet, braucht der Designer nicht nur Fingerspitzengefühl und handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch tiefer greifende Kompetenzen, um die Menschen auf einer unterbewussten Ebene erreichen zu können:

Achtsamkeit: Das eigene Bewusstsein schärfen. Aufmerksamkeit gegenüber unserer Gesellschaft und gegenwärtige Vorgänge verstehen bzw. verfolgen.

Differenziertheit: Unterschiede erkennen und anerkennen. Verstehen, dass ich selbst nicht das Maß aller Dinge bin, dass jeder Mensch individuell ist und hat seine ganz eigen Sicht auf die Dinge hat. Design kann niemals allem gerecht werden. Stichwort: subjektive Wahrnehmung.

Reflexion: Meine eigene Rolle und meine Arbeit reflektieren und daraus Schlüsse ziehen können.

Flexibles Denken: Out-of-the-box denken und sich an die komplexe, sich schnell ändernde Welt anpassen.

Analytische Stärke: Zusammenhänge analysieren und verstehen, um daraus Schlüsse für die Gestaltung zu ziehen.

Soziale Kompetenz: Respekt und Menschlichkeit im Umgang mit anderen Menschen, Kulturen und Meinungen. Mit Human Centered Design Mensch-gerechte Produkte gestalten.

Empathie: Sich in andere Menschen einfühlen und deren Emotionen nachempfinden können, um die Wirkung von Kommunikation zu verstehen und einzuschätzen.

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