Im letzten Blogbeitrag habe ich bereits angekündigt, dass sich meine Recherchen im Modul Design & Research mit dem Thema des gendersensiblen Designs im Kontext des Employer Brandings befassen sollen. Hierbei spielen verschiedene Forschungsfelder ineinander, die in den folgenden Blogbeiträgen nach und nach aufgeschlüsselt werden sollen. Zunächst werden grundlegende Begrifflichkeiten aus der Disziplin der Gender Studies definiert, die für den weiteren Verlauf der Arbeit von Bedeutung sein werden.
Beschäftigt man sich mit der Komponente Gender im Zusammenhang mit Design begegnet man Schlagwörtern wie Gender Design, gendersensibel und genderneutral. Doch was bedeuten sie, und wenn es doch so etwas wie Genderneutralität zu geben scheint, wieso soll es in dieser Arbeit dann „nur“ um Gendersensibilität gehen?
Was bedeutet Gender?
Das Verständnis dieser Begriffe setzt zunächst die Klärung des Begriffs Gender an sich voraus. Dieser hat sich im Zuge der Frauen- und Geschlechterforschung in den 1980er Jahren in Abgrenzung zu dem Begriff Sex, welcher das biologische Geschlecht einer Person meinte, verfestigt. Hierbei sollte vor allem herausgestellt werden, dass Frauen und Männer nicht nur aufgrund von Körperlichkeiten unterschieden werden, sondern auch (oder vor allem) in Bezug auf soziale bzw. gesellschaftliche Komponenten. Lässt man die Unterscheidung von Sex und Gender allerdings einfach so stehen, führt dies zu einem wesentlichen Problem: Es erweckt den Eindruck, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen als etwas „natürlich“ Vorgegebenes weiterhin unhinterfragt bleiben kann. Außerdem hängt das, was wir als biologisch betrachten, von dem ab, was wir als solches annehmen.
Das Gender Kompetenz Zentrum der Humboldt Universität zu Berlin formuliert seine Definition von Gender im Zusammenhang gesellschaftlicher Verhältnisse als Weiterentwicklung des Verständnisses von Geschlecht deswegen so:
„[Es] ist keine „natürliche“ Gegebenheit. Die Tatsache, dass es Frauen und Männer gibt und diese als zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen wahrgenommen werden, ist vorrangig das Ergebnis einer Reihe von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden. Das biologische Geschlecht ist also nicht die Grundlage von Gender, sondern immer ein Teil von Gender”.
In unserem Alltag werden wir nicht nur dauerhaft von Projektionen von Männlichkeit oder Weiblichkeit geprägt, sondern halten Gendernormen ein, konstruieren diese selbst, geben sie weiter und verfestigen sie. Dieses Phänomen wird als Doing Gender beschrieben.
Gibt es Genderneutralität?
Geprägt durch unsere gesellschaftlichen Vorerfahrungen und unser Geschlecht nehmen wir die Welt und ihre Dinge, sowie auch ihre Designs war und verstehen sie unterschiedlich. Umgekehrt arbeiten auch Gestalter*innen und Designer*innen nicht in einem von diesen Projektionen und Normen umgeprägten Raum. In der Designlehre konnte bereits beobachtet werden, dass Frauen und Männer in ihren Gestaltungen unterschiedliche Lösungsansätze hervorbringen. Hinzu kommt, dass die Verteilung der Geschlechter in den verschiedenen Designdisziplinen sehr unausgewogen ist. Männer arbeiten vor allem in den als „härter“ empfundenen Bereichen, wie Industrie- oder Produktdesign, während sich die meisten Frauen eher in als „weicher“ assoziierten Bereichen wiederfinden, wie Schmuck- oder Grafikdesign. Dr. Uta Brandes, Professorin für Gender und Design stellt deswegen die These auf, dass es, bezogen auf Design so etwas wie Genderneutralität nicht geben kann, solange soziale Unterscheidungen von Geschlechtern bestehen.
Gendersensibles Design
Der Ansatz des sogenannten gendersensiblen Designs hat einen kritischen und sozial anspruchsvollen Charakter, in dem Wissen, dass Genderneutralität (fast) nicht zu erreichen ist. Er vermeidet es, soziale Ungleichheiten durch Reproduktion zu festigen und referenziert in seiner Kommunikation nicht direkt auf das Geschlecht. Er konzentriert sich auf Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen und geht bewusst mit Gender Codes um. Dabei verzichtet er auf klischeehafte Darstellung von Gender-Stereotypen. Wichtig bei der Umsetzung eines gendersensiblen Designs ist nicht nur, dass gemischt-geschlechtlich sondern auch möglichst interdisziplinär gearbeitet wird. Die Designschaffenden sollten zu jeder Zeit kritikfähig sein und ihr Design in Bezug auf seine gesellschaftliche Bedeutung hinterfragen.
Literatur
Brandes, Uta. Designing Gender oder Gender Design? Zur Geschlächtersprache in der Gestaltung. Online unter: https://www.forum-holzbau.ch/pdf/meran10_Brandes.pdf [18.11.2021].
Haede, U., Moritsch, S. (2020). Endweder oder – sowohl als auch. Gendersensibles Design / Textbuch. New Design Uneversity Privatuniversität GesmbH. Online unter: https://www.ndu.ac.at/news-aktuelles/publikation-gendersensibles-design/ [19.11.2021].
Zentrum Frau für Beruf und Technik (2006). Gender & Design. Leitfaden. Online unter: https://www.zfbt.de/veroeffentlichungen/dokumente/gender_design_2.81%20Leitfragen%20final.pdf [19.11.2021].
Gender Kompetenz Zentrum der Humbold Universität zu Berlin (2006). Was ist Gender? Online unter: http://www.genderkompetenz.info/w/files/gkompzpdf/gkompz_was_ist_gender.pdf [18.11.2021].