Im allgemeinen mag man annehmen, dass das wichtigste an einem interessanten Interview ein interessanter Interviewpartner ist. Fürs erste mag das stimmen, zentral sind sicher spannende Ansätze und neue Ansichten in den Antworten. Voraussetzung dafür ist jedoch die richtige Fragestellung. Manchmal mag es funktionieren, dass man bei Personen wie am Start eines Filmes auf Play geht, und alles von selbst kommt. Doch das ist sicher die Ausnahme, vor allem, wenn man keine persönlichen Lebensgeschichten als Antworten erhalten will, sondern fachliche Einsichten. Genau dies war der Kern meines letzten Postings, zu definieren, wohin man einen Interviewpartner losschicken muss, um an einen spannenden Punkt zu kommen. Die Schwierigkeit besteht in dem Mittelmaß an Führung und Freiraum. Führung um einerseits nicht uferlos zu werden, aber andererseits die Gefahr, zu sehr einzuschränken oder eigene, vorgefasste Meinungen als Antworten zu erhalten und Neues auszuschließen. Darum also die Fragen möglichst allgemein halten – das war meine Devise.
Die Erfahrung mit dem ersten Interviewpartner zeige aber schnell, dass man damit auch Gefahr läuft, den Kontext zu verlieren. Gerade dieser Kontext ist auch eine sehr spannende Rahmenhandlung meiner Themenauseinandersetzung. Wo beginnt Design-Ausbildung? Wozu überhaupt? Was macht Designer wichtig für eine Gesellschaft? Was hat kreative Arbeit für einen Stellenwert? Wie wird dieser Zweig in der Ausbildung gewertet? Eine umfassende Beschäftigung mit dem Thema Designausbildung stößt wohl an diesen Punkt, sich zu fragen, wieso Menschen Designer*innen werden wollen oder sollen. Ob sich in einer rationalen, faktengesteuerten Gesellschaft ein Anstoß in eine neue, weniger verkopfte Welteinstellung als notwendig herausstellt. Wo soll das Herausbilden von kreativen Fähigkeiten begonnen werden? Diese Fragen wurden mir als Antwort auf meine eigenen Fragen gestellt – ich bin froh darüber, weil sie mir zeigen, dass ich die Eingrenzung meines Themas früher machen muss, als eigentlich gedacht. Ich fühlte mich sofort an Fröbl und seine Spielgaben erinnert – Erkenntnisse meines Research Teiles im letzten Semester, der genau in diese Kerbe schlug und eine grundlegende gestalterische Bildung schon in das Kindergartenalter legte. Und im weiteren auch an viele andere Ansätze von Design Schulen, die sehr bald eine sehr philosophische Anwandlung erhielten.
Für mich führt dieser radikale Abriss aller Gegebenheiten jedoch zu weit. Ich will keine sozial-philosophische Basisdiskussion führen, dass mag dem damit einhergehenden Ausmaß geschuldet sein, aber wohl auch der Befürchtung ein allzu theoretisches Konstrukt bearbeiten zu müssen und nie zu einem praktischen Punkt zu kommen. Ich erkenne die berufliche Umgebungswelt des heutigen Designers als gegeben an (nicht ohne natürlich ein Hinterfragen und Ändern der Ausrichtung zu erlauben; beispielsweise ob es erstrebenswert wäre, in der Ausbildung ein künstlerisches Selbstbewusstsein über eine wirtschaftsgetriebene Hörigkeit zu stellen). Ebenso nehme ich eine Schulische Umgebung der jetzt-Zeit an, fordere keine revolution der Kindergärten und Volksschulen um weg vom auswendiglernen von Zahlen und Fakten zu kommen (auch wenn das durchaus ein wichtiger Diskussionspunkt wäre). Aber eben, wie gesagt, ich muss mir diesen Rahmen schaffen, um den Fokus nicht zu verlieren und meine Interviewpartner nicht auf eine Reise zu schicken, die wir beide nicht beenden können und vielleicht auch nicht wollen. Somit ergibt sich natürlich eine gewisse Unstimmigkeit, eine Ausbildung für die Zukunft zu denken sollte sich solche Fragen sicherlich auch stellen, solange man Gestaltung in einem sozialen Erziehungskontext für alle Menschen sieht – womit wir wieder bei dem Wert des Designers in der Gesellschaft wären.
Meine neuen Fragen sollen also diesem Gedanken gerecht werden, ich schicke meine Interviwepartner nicht mehr los um eine neue Welt zu finden sondern um ihre aktuelle zu Hinterfragen, und darum versuche ich, konkretere Ansätze als Diskussionsgrundlage zu geben – mit der Option auf Erweiterung. Natürlich bleibe ich damit im Risiko, interssante neue Ansätze in den Rahmenbedingungen die ich stelle erst gar nicht aufkommen zu lassen, allerdings hoffe ich da auf meine Gegenüber, ihre Ansichten einzubringen, ohne gleich die Welt umkrempeln zu müssen. Darum, nach den allgemeinen Fragen, die ich nochmal wiederhole, hier die aktuelle Liste meiner Fragen:
a. Wie lange sind Sie schon im Bereich Kommunikationsdesign tätig?
b. Welche designbezogene Ausbildung haben Sie?
c. Was haben Sie als positiv in ihrer Ausbildung in Erinnerung?
d. Was hätten Sie sich in Ihrer Ausbildung gewünscht?
e. Was ist ihre Kernkompetenz/Hauptbetätigungsfeld im Bereich Design heute?
f. Wie lange sind Sie in der Design-Lehre tätig, wie hat sich die Ausbildung in dieser Zeit verändert?
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1. Wie ist das didaktische Grundkonzept an ihrer Ausbildungsstätte? (Lehrinhalte, Methoden, Schwerpunkte)
2. Was ist besonders gut am Modell Ihrer Ausbildungsstätte; was ist nicht gut, wo gibt es Verbesserungspotential?
3. Wie sollte man den sich verändernden Arbeitsbedingungen in der Lehre begegnen? (technologische Entwicklungen, Trends)
4. Ist eine Spezialisierung oder eher eine Generalisierung der Ausbildung anzustreben? (wenige Bereiche sehr fokussiert und umfassend zu lehren oder viele Bereiche aufzuzeigen ohne zu sehr ins Detail zu gehen)
5. Sind analoge Ansätze heute noch sinnvoller Bestandteil einer Ausbildung?
6. Macht Programmschulung in Zeiten von Youtube Tutorials noch Sinn?
7. Sollten möglichst viele Projekte aus der wirtschaftlichen Praxis gemacht werden oder mehr Raum für künstlerisches und intellektuelles Experiment gelassen werden?