Das Bewusstsein und die Nachfrage für umweltfreundliche Produkte steigen und die Unternehmen liefern. Immer mehr Marken werben mit Nachhaltigkeit. Für Konsument*innen ist es da schwierig, den Durchblick zu behalten: Welche Marken sind wirklich nachhaltig? Auf welche Siegel/Floskeln kann ich mich verlassen? Wie transparent sind die Produktionswege wirklich? Für kleine nachhaltige Betriebe wird es zunehmend schwieriger, mit den großen Unternehmen (mit deutlich höherem Medienbudget) mitzuhalten, wenn diese ihnen ihren USP abnehmen. Grünes Marketing ist so zu einer der größten Bedrohungen für den Erfolg und das Ausmaß nachhaltiger Praktiken von Unternehmen geworden. Die allgegenwärtigen, teils gegenstandslosen grünen Werbeaussagen haben einen Nachhaltigkeits-überladenen und -gesättigten Markt voller Greenwashing geschaffen.
Zunächst gilt es den Begriff der Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung zu definieren. Nach dem Drei-Säulen-Modell nachhaltiger Entwicklung besteht sie grundsätzlich aus drei Dimensionen: ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung. Nachhaltigkeit kann demnach nur bei gleichwertiger Berücksichtigung aller drei Bereiche erreicht werden. Folglich können nur jene Unternehmen als wirklich nachhaltig gelten, die sich ernsthaft in den drei Bereichen verantwortlich zeigen. Das bedeutet auch, dass Konsument*innen die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens nicht mehr in einem CSR-Bericht suchen müssen. Sie wird in jedem Produkt, jeder Dienstleistung, jedem Vorgang, jeder Interaktion und der gesamten Kommunikation zum Ausdruck kommen.
Das große Problem beginnt dort, wo Konsument*innen nicht mehr zwischen ehrlichen Unternehmen und Greenwashing unterscheiden können oder schlichtweg das Interesse und die Entscheidungsfreude verlieren. Viele Siegel und Zertifizierungen, die einst beim Treffen fundierter Entscheidungen unterstützen sollten, verwirren heute und/oder sorgen für mangelndes Vertrauen. Es reicht also schon lange nicht mehr, ein Nachhaltigkeitsversprechen unkommentiert auf der Website zu vermerken. Unternehmen müssen ihre Nachhaltigkeitsstrategien auf eine Art und Weise kommunizieren, die die Markengeschichte im Vordergrund mit der authentischen Hintergrundgeschichte des Unternehmens verknüpft. Ganzheitliche Transparenz gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung.
Ich möchte mich in den kommenden Wochen (und vielleicht Monaten) mit den daraus resultierenden wachsenden Herausforderungen für Sustainable Branding beschäftigen. Zunächst möchte ich dafür zu folgenden Fragestellungen recherchieren:
- Wie verändert sich Branding durch den Aspekt Nachhaltigkeit?
- Wie kann Sustainable Branding nachhaltige Arbeitsweisen nicht nur nicht hemmen, sondern fördern?
- Wie können sozial verantwortungsvolle Unternehmen authentische, nachhaltige Marken aufbauen?
- Inwiefern sind Branding und Markenkommunikation an sich ein Widerspruch zur Nachhaltigkeit, wenn sie Menschen zu (potenziell vermeidbarem) Konsum anregen?
- Wie kann der Markenauftritt Konsument*innen zumindest darin bestärken, eine nachhaltigere Option zu wählen, auch wenn ihr Fokus auf anderen Produktmerkmalen liegt?
Literatur/Quellen:
- Ottmann, Jacquelyn A.: The New Rules of Green Marketing: Strategies, Tools and Inspiration for Sustainable Branding. Greenleaf Publishing, 2011.
- Saviolo, Stefania und Borney, Gianmario: Branded Supply Chain. A New Perspective in Sustainable Branding. Bocconi University Press, 2021.
- Fourodi, Pantea und Palazzo, Maria. Sustainable Branding: Ethical, Social and Environmental Cases and Perspectives. Routledge, 2021.
- Branding for Sustainability: Five Principles for Leveraging Brands to Create Shared Value. https://www.csrwire.com/press_releases/14047-branding-for-sustainability-five-principles-for-leveraging-brands-to-create-shared-value. Zugriff: 26.10.2021
- https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/nachhaltigkeit-41203 Zugriff: 27.10.2021
- Kenning, Peter; Kirchgeorg, Manfred und Meffert Heribert: Sustainable Marketing Management. Grundlagen und Cases. Springer, 2014.