Emotional Branding

In einem der letzten Blogeinträge wurde kurz das Thema des Emotional Branding erwähnt. Dieses Herstellen einer emotionalen Verbindung zu einer Marke hängt stark mit dem emotionalen Design einer Marke und von Produkten zusammen. In diesem Artikel wird das Thema des Emotional Branding also genauer betrachtet.

Funktionale und emotionale Werte

Emotional Branding baut auf emotionalen Bedürfnissen, wie Liebe, emotionaler Sicherheit und Stärke auf. Dies kann schließlich emotionale Reaktionen hervorrufen. Zu Beginn ist es wichtig zu erwähnen, dass im Design immer beide Ebenen, die funktionale und die emotionale Ebene betrachtet werden müssen. Denn ohne eine funktionale Ebene haben Produkte und Marken auch keinen Mehrwert für Kund*innen und somit kann dies auch nicht auf der emotionalen Ebene ausgeglichen werden. Allerdings gibt es hier einige interessante Aspekte zu betrachten (Kato, 2021). Der funktionale Wert kann nach Sheth, Newman und Gross (1991) definiert werden als “perceived utility derived from an alternative’s capacity for functional, utilitarian, or physical performance”. Es steht also immer Nützlichkeit und Funktionalität dabei im Vordergrund. Der Emotionale Wert hingegen wird definiert als “perceived utility derived from an alternative’s capacity to arouse feelings or affective states”. Hier sind die Gefühle, und affektiven Zustände von Bedeutung. Beides zusammen schafft eine optimale Grundlage für emotional Branding und Markenbindung.

Dazu ist es allerdings wichtig, dass die Balance zwischen den beiden Werten ausgeglichen bleibt. Denn gibt es in Verbindung zu einem Produkt zu viele Funktionen und Möglichkeiten zur Interaktion – vor allem bei digitalen Produkten – dann leidet vermutlich nicht nur die Usability darunter, sondern das Kaufverhalten wird dadurch auch nicht positiv beeinflusst (Kato & Tsuda, 2020). Im Gegenteil hat der emotionale Wert hier einen größeren Einfluss. Es handelt sich hier um die sogenannte “feature fatigue” nach der Produkte mit zu vielen Funktionen eher als unattraktiv für Konsumentinnen angesehen werden. Emotional ansprechende Produkte werden hingegen eher die Bedürfnisse der Konsument*innen in den Vordergrund stellen und somit eher zum Kauf anregen. Somit ergibt es nach Kato (2021) auch Sinn den emotionalen Wert eines Produktes in den Vordergrund zu stellen, um Produkte attraktiver zu gestalten, den funktionalen Wert aber auf jeden Fall nicht zu vergessen.

Wie eine emotionale Marke also schließlich in der Praxis aufgebaut und designed werden kann, soll im nächsten Abschnitt betrachtet werden. Dazu werden einige Anhaltspunkte und Beispiele beschrieben.

Fokus auf die richtigen Emotionen

Es gibt positive und negative Emotionen. Werden positive Emotionen wie Liebe, Freude, Glück, Mut, Optimismus oder Hoffnung über eine Marke transportiert, kann eine Marke beispielsweise humaner wirken und so näher an Kundinnen sein. Dazu muss im Designprozess bedacht werden, welche Emotionen bei Kund*innen ausgelöst werden sollten, um diese auch entsprechend zu vermitteln. Nur so können Kund*innen schließlich die Marke auch mit diesen Emotionen in Verbindung bringen und das Gefühl einer humanen, menschlichen Marke bekommen.

Einsatz von Bildern & Storytelling

Storytelling schafft Aufmerksamkeit und vor allem eine emotionale Wirkung. In einem Zitat nach Mark Scaefer wird das deutlicher: “We don´t have 30 seconds to be interrupted by advertising, however, when audiences are exposed to content that is valuable, entertaining, emotive and simply enjoyable – even if it´s branded – they miraculously have 30 minutes to watch and then share the content with their own audiences.”

Hilfreich sollte hier der Fokus auf einige wenige Emotionen sein, sodass diese über das Design klar vermittelt werden können (Brown, 2017). Beispielsweise fokussiert sich die Marke “Indego Africa” auf Emotionen wie Hoffnung und Mut. Diese werden direkt über das Design und Zusammenspiel von Bild und Sprache übermittelt und an Betrachter*innen übertragen.

Wichtig ist es die richtige Story zu finden. Oft werden aktuelle Anlässe und Situationen wie die Corona Pandemie genutzt, um emotionale Werbungen und Kampagnen zu starten. Das soll Kund*innen auf der emotionalen Ebene ansprechen. Mögliche andere Wege sind aber auch Geschichten über das Produkt, die Firma, einen Ort, die mögliche Zielgruppe oder einen “Hero”, welcher im Zentrum der Geschichte steht, zu starten.

Indego Africa (https://indegoafrica.org/)

Anpassung an die Zielgruppe

Die Marke Always (https://www.always.de/de-de/) beispielsweise spricht mit der Kampagne #LIKEAGIRL (2014) direkt die Zielgruppe an und schafft über Storytelling eine emotionale Wirkung, die Hoffnung und Ermutigung vermittelt. Auch in diesem Fall ist die Sprache der Bilder ausschlaggebend und im Zentrum. Dadurch das Menschen der Zielgruppe auf den Bildern abgebildet werden, wird das Design natürlich gleichzeitig auch wieder humaner und für die Zielgruppe nachvollziehbarer. Diese fühlen sich mit der Kampagne vielleicht selbst angesprochen.

Always Kampagne #LIKEAGIRL 2014

Personalisierte Produkte

Eine andere Möglichkeit des emotionalen Designs im Branding ist die Personalisierung und die direkte Ansprache der Kundinnen. Die Marke Function of Beauty lässt Kundinnen bei ihrer Bestellung ein Quiz ausfüllen, um ein optimales Shampoo für die Kundinnen herzustellen, das genau auf deren Bedürfnisse abgestimmt ist. Duft, Farbe, Inhaltsstoffe können selbst bestimmt werden. Der eigene Name wird auf die Verpackung des Produktes gedruckt, die im allgemeinen sehr minimalistisch gehalten ist. Kundinnen identifizieren sich mit dem Produkt, es wird auf ihre Bedürfnisse abgestimmt und es ist ihr persönliches Produkt – das schafft Bindung.

Function of Beauty (https://www.functionofbeauty.com/)

Brand Persönlichkeit

Auch ein definierter Charakter, der mit einer Marke assoziiert werden soll, kann hilfreich sein. Ist eine Marke vielleicht jung, sportlich, abenteuerlich, fröhlich oder ermutigend? Je nachdem, was die Marke widerspiegeln soll, sollte auch der Charakter definiert werden. Kundenbeziehungen werden dann stärker sein, wenn sich Kund*innen mit den Werten von Produkten und Marken identifizieren können. Und dieser Charakter kann sich im Produkt wiederfinden.

User Value

Die Vorteile der Marke konzentrieren sich auf das, was die Kund*innen an die Marke bindet. Am Beispiel von Apple, die einfach bedienbaren User Interfaces. Genau diese Benefits sollten schließlich auch in Kampagnen und dem Markendesign aufgegriffen werden. Ein gute Kauferlebnis schafft schließlich weiter positive Verbindungen. Beispielsweise ist eine Onlinebestellung vielleicht besonders einfach und reibungslos verlaufen (aus der Sicht des Designs durch entsprechende User Interfaces, Webdesign etc., vielleicht kommt das Produkt mit einer personalisierten Karte, wenn dieses geöffnet wird). Diese User Experiences können einen Einfluss darauf haben, ob eine Marke erneut gewählt wird oder nicht.


Quellen

Brown, E. (2017, 20. November). Emotional Branding: The Role of Positive Emotions In Branding. Verfügbar am 15. Jänner 2022 https://www.designmantic.com/blog/emotional-branding/

Kato, T. , & Tsuda, K. (2020). The effect of the number of additional options for vehicles on consumers’ willingness to pay. Procedia Computer Science, 176 , 1540–1547.

Kato, T. (2021). Functional value vs emotional value: A comparative study of the values that contribute to a preference for a corporate brand. International Journal of Information Management Data Insights1(2), 100024. https://doi.org/10.1016/j.jjimei.2021.100024

Sheth, J. N. , Newman, B. I. , & Gross, B. L. (1991). Why we buy what we buy: A theory of consumption values. Journal of Business Research, 22 (2), 159–170 .

(2021, 8. Februar). The Role of Emotion and Storytelling For Brand Building. Verfügbar am 15. Jänner 2022. https://rockcontent.com/blog/emotional-branding/

Emotional Typography

Nachdem in den letzten Blogartikeln die Thematik rund um emotionales Grafikdesign hauptsächlich theoretisch betrachtet wurde, sollte nun die praktische Umsetzung in den Mittelpunkt der Recherche rücken. Da Designs aus verschiedensten Elementen bestehen, können all diese Elemente auf unterschiedliche Weise Emotionen auslösen. Thema dieses Artikels sind zunächst Emotionen im Design mit Typografie. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob Typografie überhaupt Emotionen auslösen kann. Wie in den letzten Artikeln klar wurde, können Emotionen im Design eine wichtige Auswirkung auf Betrachter*innen und Kund*innen haben. Typografie ist hier ein wichtiges Gestaltungsmittel im Design, mithilfe dessen die allgemeine Stimmung und ein Eindruck eines Designs übermittelt werden kann.

So können durch Farbe oder Schriftschnitte beziehungsweise Stil der Schriftart oder sogar bewegte Typografie, gewünschte Emotionen übermittelt werden. Durch bewegte Typografie zum Beispiel kann auch die Komplexität des Ausdrucks eines Designs erhöht werden, um bestimmte Stimmungen zu übermitteln (Amic, 2015).

Typografie und Emotionen – eine Studie

In einer Studie nach Koch (2012) wurde diese Thematik näher beleuchtet, indem Menschen nach den emotionalen Eindrücken bei der Betrachtung von verschiedenen Schriftschnitten der Schriftart Helvetica (serif, sans serif, light, bold, condensed, extended, square, round) befragt wurden. Diese klassische Schriftart kann vielfältig eingesetzt werden und weist daher auch nicht auf Kontexte hin, in denen diese verwendet werden könnte. So wurden Assoziationen mit bestimmten Emotionen vermieden. In dieser Studie konnten die Teilnehmer*innen pro Typografie Beispiel anhand von Bildern den Zusammenhang zwischen der Typografie und zwölf unterschiedlichen Emotionen bewerten (positiv und negativ)(Koch, 2012).

Einige interessante Ergebnisse der Studie nach Koch (2012):

  • Bei Schriftschnitten “light” und “bold” gab es einen signifikanten Unterschied in den Emotionen desire, satisfaction und fascination. Diese Emotionen wurden eher mit light Schriftschnitten assoziiert.
  • Beim Vergleich von runden und eckigen Schriftschnitten gab es keine signifikanten Unterschiede in den Emotionen
  • Hingegen bei condensed Schriftschnitten gab es signifikante Unterschiede in desire, satisfaction, joy und fascination
  • Umgekehrt waren die Emotionen dissatisfaction, fear, sadness und boredom signifikant unterschiedlich bei extended Schriftschnitten
  • serif wurde außerdem eher mit satisfaction assoziiert als serifenlos.

Werden diese Ergebnisse im Design mitbedacht so kann im Allegemeinen die visuelle Kommunikation verbessert werden, Typografie besser an den Kontext des Einsatzes angepasst werden und das Verständnis verbessert werden (Koch, 2012).

Experimentelle emotionale Typografie

Einem eher experimentellen und expressiven Zugang zu dieser Thematik hat sich Bujny (2016) gewidmet. Auch dieser beschäftigt sich mit emotionaler Typogafie und betrachtet unterschiedliche Möglichkeiten, diese in der Gestaltung von Postern einzubinden und so verschiedenste Emotionen und Eindrücke auszulösen und einen bleibenden Eindruck bei Menschen zu hinterlassen. Bujny betrachtet Poster zu gesellschaftskritischen Themen und analysiert diese anhand der Typografie (Bujny, 2016). Einige dieser Beispiele möchte ich in diesen Blogartikel aufnehmen, da diese emotionale Typografie gut in die Praxis umsetzen.

Bujny unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Arten, Typografie in Plakaten einzusetzen (Bujny, 2016):

  • als einfache Caption
  • als Ergänzung zum Bild
  • als Element des Bildes
  • dominierende Typografie
  • manuelle/persönliche Typografie

Nimmt man die dominierende Typografie als Beispiel – oder auch ein Typografieposter – so wird die Typografie in den Vordergrund gestellt und sorgt so grundsätzlich für Aufmerksamkeit. Text arbeitet hier auch als Bild und übermittelt eine Message. Wird dieser Zugang schließlich mit Emotionen verknüpft kann ein Poster ähnlich zu dem nach Ania Iliszko entstehen. Hier wird das Thema der Depression auf emotionale Weise behandelt, indem die Buchstaben verformt werden und mit grafischen Mitteln ergänzt werden. Allein durch Buchstaben wird so eine Stimmung übermittelt, welche mit klassischer Typografie nur schwer übermittelt werden könnte.

Ania Iliszko – Depression

In einem anderen Beispiel von Joanna Patan wird das Thema der Freiheit in einem Poster behandelt. In diesem Fall kann man von Typografie als Ergänzung zum Bild sprechen. Auch hier wird durch den Einsatz von Wörtern eine wichtige Message und Stimmung vermittelt. Die Anordnung, die Größe der Schrift und die Kombination mit den grafischen Elementen untermalen das Thema der Freiheit und des Ausbrechens und durch die Platzierung des Textes in der Mitte wird die Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Auch der Weißraum spielt hier natürlich eine wichtige Rolle. Trotzdem würde das Plakat ohne das Wort “Freedom” nicht die selbe Wirkung und Emotionalität erreichen.

Joanna Patan – Freedom

In einem dritten Beispiel von Jarek Bujny verschwimmt der Einsatz von Text mit dem Bild. So wird aus den unterschiedlichen Elementen ein ganzheitliches Bild geschaffen. So bekommen die Wörter und Buchstaben auch zusätzliche Aufgaben, neben dem Übermitteln einer Message. Im Poster zum Thema “Human?” werden die Buchstaben mit dem Bild verknüpft. Der Fokus liegt hier auf dem in der Mitte des Bildes und stellt das “M” in den Vordergrund.

Jarek Bujny – Human?

Typografie und Emotionen der Designer*innen

Auch Takahashi (2008), ein japanischer Designer beschäftige sich mit dem Thema der emotionalen Typografie. In seinem Buch “Emotional Typografie” stellt er Projekte dar, welche durch seine eigenen Emotionen beeinflusst wurden. In einem seiner Projekte wird Text im Zusammenhang mit Regen dargestellt. Hier sollen die Emotionen widergespiegelt werden, welche beim Betrachten von Regenfall aufkommen. Trotzdem bleibt der Text hier lesbar, wird aber mit einem Kontext und mit Emotionen verknüpft (Takahashi, 2008). Das alles wird durch das Verzerren von Buchstaben möglich und schafft sofort einen anderen Eindruck beim Betrachten der Seiten.

Takahashi (2008): Emotional Typography

Literatur:

Amic, G. H. (2015, 11. November). Typography Today: Emotion Recognition in Typography. Verfügbar **am 28. Dezember 2021 unter https://thecsdblog.wordpress.com/category/graphic-design/

Bujny, J. (2016). The emotional typography. Typography and Education (Academic Research/Presentations)/Experiments and Explorations in Education of Typography.[Paper presentation. TYPODAY 2016. Bangalore, India. https://www.researchgate.net/publication/305317588_The_emotional_typography_Typography_and_Education_Academic_ResearchPresentations_Experiments_and_Explorations_in_Education_of_Typography

Koch, B. E. (2012). Emotions in Typographic Design: An Empirical Examination. Visible Language46(3), 206-227. https://flatisbad.com/resources/Koch-VisibleLang12.pdf

Takahashi, Y. (2008) Emotional Typography.Kokokumaru.http://www.kokokumaru.com/english/chosho/typo.html