Die Bedeutung von Formen und was sie bewirken

Rechteck, Dreieck, Kreis.

So wie Farben unsere Wahrnehmung beeinflussen, haben auch Formen eine Wirkung, die uns auf den ersten Blick oftmals nicht bewusst ist. Mit der Frage der Wirkung, hat sich der Gestaltpsychologe Wolfgang Köhler bereits 1929 beschäftigt. In seiner Forschungsarbeit untersuchte er die Anmutung von Dingen und wie olfaktorische, haptische, auditive und visuelle Reize aufeinander reagieren.

Köhler legte in einem Experiment seinen Versuchspersonen die zwei erfundenen Wörter Maluma und Takete vor und bat diese, sich Formen darunter vorzustellen. Um die 90 % aller Menschen visualisiert unter Maluma etwas weiches und unter Takete ein zackiges Objekt. Demnach kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es einen intuitiven Zusammenhang zwischen Sprache und optischen Darstellungen gibt.

Die Wahrnehmung von Formen kann dementsprechend gezielt eingesetzt werden. Vor allem die Werbebranche macht sich diese psychologische Wirkung zu Nutze. Im antiken Griechenland wurden solche Techniken ebenfalls bereits genutzt, indem Formen aus der Natur die architektonische Umgebung repräsentieren sollten. In der chinesischen Harmonielehre des Feng Shui wird auch der Einfluss von Formen, Farben, Platzierungen und Materialien auf den persönlichen Lebensraum interpretiert.

Feng Shui ist sowohl das Wissen um die naturgegebene Harmonie, als auch die Kunst, diese Polarität so in sich abzustimmen, dass der Mensch nicht unter den schlechten Einflüssen der Ungleichmäßigkeit zu leiden hat.

Chao-Hsiu Chen

Formkontraste bewirken dabei, dass zwischen nebeneinander liegenden Formen ein erkennbarer Unterschied besteht. Denn die Form ist für die Wahrnehmung eines Objektes bereits bestimmend. Den stärksten Kontrast bilden die Grundformen Dreieck, Quadrat und Kreis. Unterschieden wir dabei zwischen: Dimensionskontrast (groß – klein); Proportionskontrast (z. B. eckig – rund); Form-Richtungs-Kontrast (z. B. gerichtet – ungerichtet) und Fläche-Linie – Kontrast. Hier einige Beispiele:

Dimensionskontrast
Proportionskontrast
Form-Richtungs-Kontrast
Fläche-Linie – Kontrast

Der Gestaltungskontrast bezweckt, dass sich die Wirkung zwischen zwei gegensätzlichen Formen kompensiert. Dabei müssen die Gestaltungselemente mit der beabsichtigten Wirkung immer das Übergewicht behalten. Demnach entstehen Gestaltungskontraste, wenn Gestaltungsobjekte eines primären oder sekundären Gestaltungselements unterschiedlicher Ausprägung miteinander kombiniert werden oder verschiedene primäre und sekundäre Gestaltungselemente miteinander kombiniert werden. Dieses Prinzip kann jedoch auf alle Gestaltungskontraste (Formkontrast, Oberflächenkontrast und Farbkontrast) angewendet werden.

Quellen:

Bruun, Ole: An introduction to feng shui. Cambridge University Press, Cambridge. 2008

Docplayer: (25.11.2021). In: https://docplayer.org/36096378-Gestaltungskontraste-eines-gestaltungselementes-gestaltungselemente.html (25.11.2021).

Fontana, Federico: Association of haptic trajectories to takete and maluma. In: International Workshop on Haptic and Audio Interaction Design. Springer, Berlin, Heidelberg, 2013.

Niederhäuser, Edward: Lichtgestaltung in der Fotografie: Licht und Beleuchtung optimal einsetzen. MITP-Verlags GmbH & Co. KG, 2010.

Kontraste: Ein Zusammenspiel aus Anziehung und Gegensätzen

Farben, Qualität, Objekte.

Kontraste lassen sich in allen möglichen Formen und Strukturen auffinden. Sie erzeugen solch ein Spannungsverhältnis, dass es dem Betrachter schwer fällt diese zu übersehen. Die psychologische Wirkung von Kontrasten wurde bereits vielfach wissenschaftlich erwiesen, doch wie lassen sich beispielsweise Farbkontraste erkennen? Ab wann wird von einem Kontrast gesprochen und wie wird dieser richtig dargestellt?

Als Informationsgesellschaft leben wir von Kontrasten. Wir konsumieren davon eine regelrechte Reizüberflutung, bei der Unternehmen um unsere Aufmerksamkeit bangen. Wer nicht mit Kontrasten spielt, bleibt nicht im Gedächtnis der Konsumenten haften. So erzeugen beispielsweise Farben bestimmte Effekte, die auf unterschiedlichste Weise assoziiert und interpretiert werden. Im Design wird dabei selten nur eine Farbe verwendet. Je weiter entfernt die Farben aus dem Farbkreis von einander sind, desto greller und auffälliger wirken sie. Kontraste sind lebendig, heiter aber auch schrill und laut. Unser Gehirn nimmt diese Informationen unterbewusst wahr. Komplementärfarben schaffen es dabei ihre Wirkung gegenseitig zu verstärken.

Der Schweizer Kunsttheoretiker und Maler Johannes Itten, hat die Wechselwirkung von Komplementärfarben systematisiert. In seiner Betrachtung basiert er sich auf einem von ihm erstellten 12-teiligen Farbkreis, der auf den drei Primärfarben Rot, Blau und Gelb beruht. Daraus entstehen die Sekundärfarben Orange, Grün und Violett. Werden anschließend Primär- und Sekundärfarben gemischt, entstehen dadurch Tertiärfarben. Nach seiner Beobachtung definiert er daraus sieben Farbkontraste.

Der Drucktechniker Harald Küpper kritisiert jedoch Ittens Theorie, da die gegenüberliegenden Farben physikalisch betrachtet, immer Grau sein müssten. Ittens beachte auch nicht die Farben Schwarz und Weiß. Laut Küpper gäbe es demnach acht Grundfarben. Die primären Lichtfarben Rot, Grün und Blau und die primären Druckfarben Cyan, Magenta, Gelb als auch Schwarz und Weiß. Demnach ist Küppers Farbtheorie besonders für Designer*innen interessant.

Komplementärkontrast

Schönheit empfindet man nur als schön, wenn man auch den Kontrast dazu wahrnimmt.

Anne-Sophie Mutter

Um Informationen wirksam darzustellen, ist es als Designer*in wichtig zu erkennen, wann Kontraste benötigt werden. Genauso ist es wesentlich zu wissen, wie Informationen so dargestellt werden sollen, dass sie eben nicht zu einer Überflutung an Eindrücken führen. Dafür benötigt es ein Verständnis der verschiedenen Kontrastkonzepte, wie den Formkontrast, Bunt-Unbunt-Kontrast, den Qualitätskontrast oder den Hell-Dunkel-Kontrast etc. Einige Bespiele sind hier angeführt:

Kalt-Warm-Kontrast
Bunt-Unbunt-Kontrast
Quantitätskontrast
Simultankontrast

Im Fall von Farben ist es daher wichtig zwei komplementäre Farben nicht in gleicher Größe nebeneinander oder auch übereinander zu platzieren, da sonst ein Konflikt entsteht. Dadurch weiß das Auge nicht, wo es zuerst hinsehen soll – eine visuelle Konkurrenz wird ausgelöst. Solche Bilder können anstrengend wirken und das Auge überreizen. Richtig eingesetzt, können sie bestimme Bereiche im Auge stimulieren. Dementsprechend sind Komplementärfarben ein gutes Beispiel für Anziehung und Gegensätze in unserem natürlichen Umfeld.

Quellen:

Bartel, Stefanie: Farben im Webdesign: Symbolik, Farbpsychologie, Gestaltung. Front Cover. Springer-Verlag, 2013.

Dittmann, Lorenz: Beiträge eines wissenschaftlichen Symposiums. In: Lichtenstern, Christa (Hrsg.) / Wagner, Christoph (Hrsg.): Johannes Itten und die Moderne. Ostfildern-Ruit. 2003.

Küppers, Harald: Die Logik der Farbe – Theoretische Grundlagen der Farbenlehre. Callwey, München. 1976.

Küppers, Harald: Farbe – Ursprung, Systematik, Anwendung. Callwey, München. 1972.

Mayer, Horst Otto: Einführung in die Wahrnehmungs-, Lern- und Werbe-Psychologie 2.A. Wissenschaftsverlag, München-Oldenbourg. 2010.