Kulturelle Aneignung: Wie Modehäuser Tradition plagiieren

Kultur, Mode, Plagiat.

Mode ist ein Phänomen, dass meist in Verbindung mit der westlichen Welt ab dem späten Mittelalter gebracht wird. In der Theorie wird sie als “kulturelle Konstruktion der verkörperten Identität” betitelt und beschäftigt besonders die Menschen unserer Zeit. Sie ist Statussymbol, Selbstinszenierung und ein Teil unserer Gesellschaft. Gerade die Globalisierung und die Zugänglichkeit an Informationen, stellt auch für diese Industrie wesentliche Probleme dar. Großen Modehäuser werden kulturelle Aneignung und Plagiatsdelikte vorgeworfen. Warum ist dieses Problem vor allem eines der Nachhaltigkeit und welche Möglichkeiten gibt es dagegen zu steuern?

Im siebzehnten Jahrhundert wurde Paris die Hauptstadt der europäischen Mode und ist heute neben Mailand, London und New York, die Hochburg der Haute Couture. Die großen Modehäuser wie Yves Saint Laurent, Hermes, Gucci, Louis Vuitton, Balenciaga etc. wurden im 20. Jahrhundert gegründet und dominieren heute den Luxusgütersegment der Industrie. Die 1990er Jahre erlebten ein drastisch erhöhtes Interesse an Orientalismus und ethnischen Trends. Sie waren das Hauptthema der Mode und lieferten Inspirationen ins besondere durch ihre einzigartigen Farbschemata, den geometrischen Formen und ihren kontrastreichen Kompositionsmethoden.

Die Region Bihor, im Nordwesten Rumäniens ist im Land sehr bekannt für ihre ethnische Mode. Seit Jahrhunderten fertigen Frauen in dieser Region Folklore Kleidung, die als Teil der rumänischen Identität gelten. 2018 warfen die Einheimischen dieser international unbekannten Region dem französischen Modehaus Dior vor, eine ärmellose bestickte Weste kopierte zu haben, die für Euro 30.000,- pro Stück zum Verkauf stand.

Es folgte die Kampagne #Give Credit des Vereins La Blouse Romanie und damit auch die Aufdeckung weiterer Plagiatsdelikte: Gucci, Sezane, Valentino, Yves Saint Laurent und viele mehr, beziehen sich nicht auf die Herkunft ihrer Kreationen. Außerdem wurde daraus das Mode-Label Bihor Couture gegründet, um lokale Designer*innen zu unterstützen.

Besonders Folklore Blusen aus dem Balkan, werden als Bohème-Kleidungsstücke präsentiert, ohne dabei die kulturellen Hintergründe als solche zu identifizieren. Die Bluse selbst stellt eine für sich definierte Sprache, aus definiertem Vokabular (natürlichen Symbolen), Textsymbolen (ikonisch und räumlich) und Erzählungen (Perspektive und Dynamik) dar. Die Regeln, die zu ihrer Entstehung führen, sind komplex. Die Symbole auf den Schultern erzählen die Geschichte ihrer Vergangenheit (Herkunft und Rituale). Auf der Rückseite des Kleidungsstücks befindet sich ihre Zukunft (kollektive Ängste und Überzeugungen) und durch eine Kordel, die von der Rückseite über die Ärmel zur Vorderseite der Bluse führt, vereinigt sich Spinozas natura naturata. Dadurch, dass etwaige Modehäuser sich nicht zu ihrer Inspirationsquelle bekennen, wird dem Ursprung dieser Handwerkskunst nicht der nötige Respekt erwiesen.

Das Resultat daraus ist die Verwestlichung von ethnischem Design, das über Jahrhunderte etwaige Kulturkreise identifiziert. Würden jedoch Folklore zu einem international anerkannten Symbol werden, haben gerade solche Kampagnen das Potenzial, eine sinnvolle Grundlage für die Etablierung neuer Marken und den Kampf gegen kulturelle Aneignung zu schaffen. Vor allem steht es in unserer Verantwortung als Gesellschaft, die Tradition zu bewahren und ihr ausreichend Beachtung zu schenken.

Quellen:

Steele, Valerie: Paris Fashion: A Cultural History. Revised ed. Oxford: Berg, 1999.

Fashion Theory: The Journal of Dress, Body & Culture. Quarterly. Oxford: Berg, 1997.

Corduneanu, Ioana | Drăgan, Nicolae-Sorin: Semiotics of white spaces on the Romanian traditional blouse, the IA. Romanian Journal of Communication & Public Relations. Bucharest, 2018.

Craik, Jennifer | Prudence Black: Fashion Theory: The Journal of Dress, Body and Culture, Volume 13, Issue 4. Vol. 13. 2009.

Walker, Stuart | Evans, Martyn | Louise Mullagh: Traditional Maker Practices and Sustainable Futures. The implications of expertise, The Design Journal, 22. 2019.

Tradition und zeitgenössisches Design

Vergangenheit, Design, Zukunft.

Produkte werden seit je her vom Menschen erzeugt, um bestimmte Zwecke zu erfüllen. Der Zeitpunkt ab dem Produkte in einen zwischenmenschlichen Austausch kommen, führt dazu, dass diesen Gegenständen Bedeutungen, Eigenschaften und Werte zugesprochen werden. Design hat eine tiefe, kulturelle Komponente, die den Menschen nicht nur seit seiner Existenz beschäftigt, sondern auch heute eine wichtige Rolle in der Identifizierung etwaiger Kulturkreise Zuspruch findet.

Design ist die planvoll-kreative Visualisierung von Handlungsprozessen und Botschaften von verschiedenen gesellschaftlichen Akteur*Innen und die planvoll-kreative Gestaltung der verschiedenen Funktionen von Gebrauchsgegenständen und ihre Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Benutzer*Innen oder auf die Wirkung bei den Rezipient*Innen.

Beate Schneider

Der Einfluss von sozialen Formationen und Handlungsformen hat das Design historisch schon immer in spezifischen Ausprägungen beeinflusst. Dabei ist klar zu erkennen, dass Design stets im Zusammenhang mit Ökonomie steht und dass ökonomische Bedingungen das zeitgenössische Design prägen.

Um dem Design seine Authentizität zu gewähren, ist es von Bedeutung, dass die ökonomische Wahrheit, an die jeweilige Kulturgeschichte des Designs ansetzt. Den größten Einfluss auf die Destruktion dieser Authentizität, stellt die industrielle Revolution in Europa dar. So hat sich die Definition von Tradition, Kultur und Handwerk im Laufe der Zeit verändert. Heute schadet die Konsumkultur, die eine Folge des Industrialismus und des Kapitalismus ist, das ökologische Leben der Ursprünglichkeit. Die Tradition ist vom Aussterben bedroht, da für sie kein Nutzen mehr gefunden wird.

Der Anspruch an zeitgemäßes Design, steht jedoch immer mehr im Fokus. Das postindustrielle Zeitalter verlangt nach neuen, alternativen Lösungen. So wird das Bewusstsein der Konsumenten immer nachhaltiger und der kulturelle Austausch, der besonders der Globalisierung zu verdanken ist, immer wichtiger. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch soziale, politische, ökologische und ethische Funktionen des Designs berücksichtigt.

Um diesem Problem entgegen zu wirken, gäbe es die Möglichkeit der Tradition einen neuen, zeitgenössischen Nutzen zu verleihen. Die kreative Umsetzung traditioneller Kultur in modernes Design, kann dazu beitragen, dass eine solide Grundlage für die Entwicklung der nationalen Kultur gegeben ist. Gegenstände mit kultureller Authentizität, können den historischen Ursprung bewahren, indem die visuelle und praktische Darstellung dem Objekt eine neue Funktion verleiht.

Quellen:

Schneider, Beate: Design — Eine Einführung: Entwurf im Sozialen, Kulturellen und Wirtschaftlichen Kontext. Walter de Gruyter, 2005.

Ovacık, Mine: Responsible Design Acts in a Graduate Program: Slowing Down for More Qualified Social Life. 2015

Die Symbolik von Grabsteinen auf dem Balkan

Geburt, Leben, Tod.

In den meisten Weltreligionen stellt der Tod das Ende des Lebens dar. Der Glaube, dass der Tod die Rückkehr des Menschen zu Gott besiegelt, ist allgegenwärtig. Manche Kulturkreise sehen den Tod als eine Zwischenebene, zu einer anderen Welt. Auf dem Balkan spielt der Tod eine wesentliche Rolle und anders als in Mittel-und Nordeuropa, ist er hier an spezielle Riten geknüpft, dessen Mystik die Menschen seit je her beschäftigt.

Der Dichter Mak Dizdar begibt sich in seinem Buch Kameni spavač (Der steinerne Schläfer) in die Welt der mittelalterlichen Grabsteinkultur des Balkans. In seinem Buch befasst er sich mit der Symbolik der aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammenden Grabsteine stečak.

Ihre genaue Herkunft ist bis heute nicht gesichert, so nehmen einige Historiker an, dass die Grabsteine von den Bogumilen geschaffen worden sind. Es besteht auch die Annahme, dass die Grabsteine ein Überbleibsel von siedelnden Wallachen, aus dem Ostbalkan sind, wobei sich viele Wissenschaftler heute darauf einigen, dass die Steine im Wesentlichen mit dem Verbreitungsgebiet der Bosnischen Kirche einhergehen.

Stećci (Mehrzahl von stečak) werden als horizontale und vertikale Grabsteine ​​aus Stein mit flacher oder giebelförmiger Oberfläche, mit oder ohne Sockel beschrieben.

Die Grabsteine zeigen in ihren Motiven heidnische Mythen und Rituale, mit heraldischen Symbolen oder den Taten des Toten zu Lebzeiten. Die dekorativen Motive, können in sechs sechs grobe sich ergänzende Gruppen unterteilt werden: soziale Symbole, religiöse Symbole, figurale Bilder, klare Ornamente und nicht klassifizierte Motive. Viele von ihnen sind bis heute rätselhaft: Spiralen, Arkaden, Rosetten, Weinblätter, Lilien, Sterne (oft sechszackig) und Halbmonde gehören zu den Bildern, die erscheinen. Zu den figuralen Bildern gehören Umzüge von Hirschen, Pferden, der Kolostanz, Jagd, Ritterturniere und am bekanntesten, das Bild des Mannes mit erhobener rechter Hand, vielleicht in einer Geste der Treue.

In Bosnien und Herzegowina wurden allein laut UNESCO ca. 40.000 Truhen, 13.000 Platten, 5.500 Giebelgrabsteine, 2.500 Säulen / Obelisken, 300 kreuzförmige Grabsteine ​​und etwa 300 Grabsteine ​​unbestimmter Form identifiziert. Davon mehr als 5.000 Bären.

You’ve decided to root me out at any price
But nowhere will you find the real road
To me
I understand you:
You’re a man in a single space and time
Alive just here and now
You didn’t know about the boundless
Space of time
In which I exist
Present
From a distant yesterday
To a distant tomorrow
Thinking
Of you
But that’s not all

Mak Dizdar, Kameni Spavač

Auch heute noch gibt es auf dem Balkan ähnliche Konzepte der Beisetzung, die auf den alten Riten basieren. So hat der Künstler Stan Ioan Pătraş im Dorf Săpânța, Rumänien, seit 1935 farbenfrohen Grabsteine ​​mit naiven Malereien, das Leben der Verstorbenen beschrieben. Das Besondere an diesem Friedhof ist, dass er von dem weit verbreiteten Glauben abweicht, der in europäischen Gesellschaften kulturell geteilt wird – ein Glaube, der den Tod als etwas unauslöschlich Ernstes betrachtet. So bedient sich der Künstler an dakischen Riten, deren philosophische Grundsätze für die Unsterblichkeit der Seele und den Glauben verbürgten, dass der Tod ein Moment voller Freude und Vorfreude auf ein besseres Leben war.

Under this heavy cross
Lies my poor mother-in-law
Three more days should she have lived
I would lie, and she would read (this cross)
You, who here are passing by
Not to wake her up please try
Cause’ if she comes back home
She’ll scold me more
But I will surely behave
So she’ll not return from grave
Stay here, my dear mother in-law!


Stan Ioan Pătraş, Cimitirul Vesel

Quellen:

Golopentia, Sanda: The Merry Cemetry of Sapanta Purple Martin Press. 2020.

Dizdar, Mak: Kameni spavač. 1973.

Lovrenović, Dubravko: Stećci – Bosansko i humsko mramorje srednjeg vijeka. Ljevak. 2013.

Mužić, Ivan: Vlasi i starobalkanska pretkršćanska simbolika jelena na stećcima. Split, 2009.

Zmijanje Stickerei: Einblick in eine südosteuropäische Tradition

Form, Textur, Bedeutung.

Symmetrische Ornamente spielen in Südosteuropa eine sehr wichtige Rolle. Sie zeichnen sich durch die Harmonie und der stilistischen Perfektion geometrischer Formen aus. Eine solche Ornamentform stellt die traditionelle Stickerei Zmijanjski vez dar. Die Ethnografin Jelica Belović Bernadzikovska, hält diese Stickerei für eine der ältesten Verbindungstechniken auf dem Balkan, doch was macht diese so besonders?

Das Hauptmerkmal dieser Technik ist, dass diese auf der Rückseite durchgeführt und gezählt wird. Auch primäre Ornamente, wie Räder und verschiedene Rauten, stammen noch aus dem Neolithikum. Die blauen Fäden auf der weißen Leinwand ist die Grundlage der Schlangenstickerei. Das Material auf dem die Muster der Stickerei gezeigt wurde, erfuhr eine Verwandlung, aber die Stickerei behielt ihre authentischen Besonderheiten. Zuerst wurden Muster auf Hanf- und Leinentüchern gestickt, dann auf Baumwolle und heute wird diese auch auf modernen Industriestoffen präsentiert.

Ornamente sind Zeichen und können Symbolkraft haben. Sie ermöglichen uns Zuordnung, Zugehörigkeit und Individualisierung.

Irmgard Frank

Die häufigsten Ornamente, die in der Schlangenstickerei vorherrschen, sind stilisierte Pflanzenformen mit regelmäßiger und symmetrischer Basis. Das rautenförmige Kreismotiv ist am häufigsten in der Serpentinenverbindung zu sehen. Es gibt eine Vielzahl von Autokombinationen mit kleineren Motiven. Der Kreis symbolisiert den Himmel, eines der Symbole der Gottheit sowie das Bild des Lebens und der Welt als ewige Bewegung, bedingt durch den harmonisierten kosmischen Rhythmus der Gegensätze. Die Raute ist auch das weibliche Symbol von Sexualität und Fruchtbarkeit.

Zmijanski vez Stickerei
Zmijanski vez Leinen

Die Stickerei vereint viele Elemente des kulturellen Erbes wie Musik, Rituale, mündliche Überlieferungen, Kunsthandwerk und Symbolik aber auch Design. Daher wurde die traditionelle Stickerei aus Zmijanje, 2014 als erstes immaterielles Kulturerbe aus Bosnien und Herzegowina, in die Repräsentative Liste der Menschheit der UNESCO eingetragen.

Quellen:

Zemaljska Štampa: Gradja za tehnološki rječnik ženskog ručnog rada. (Materialien für ein technologisches Wörterbuch für Handarbeiten der Frauen). Sarajevo, 1906.

Belović -Bernadzikowska, Jelica: Srpski narodni vez i tekstilna ornamentika. 1907.

Muzej istočne Bosne Tuzla Izložba: “Zmijanjski vez – svjetsko kulturno nasljeđe”. 15. lipnja 2017.

Kelly, Mary B.: Folklore. Cooperstown, 1989.

Turnau, Irena: Recent Publications on the History of Costume and Textile Handicraft in Eastern Europe: Textile History. 1982. Zmijanje Stickerei: 2019. In: http://zmijanje.com/ger/knjizevnici.htm (17.10.2021).

Die Bedeutung von Formen und was sie bewirken

Rechteck, Dreieck, Kreis.

So wie Farben unsere Wahrnehmung beeinflussen, haben auch Formen eine Wirkung, die uns auf den ersten Blick oftmals nicht bewusst ist. Mit der Frage der Wirkung, hat sich der Gestaltpsychologe Wolfgang Köhler bereits 1929 beschäftigt. In seiner Forschungsarbeit untersuchte er die Anmutung von Dingen und wie olfaktorische, haptische, auditive und visuelle Reize aufeinander reagieren.

Köhler legte in einem Experiment seinen Versuchspersonen die zwei erfundenen Wörter Maluma und Takete vor und bat diese, sich Formen darunter vorzustellen. Um die 90 % aller Menschen visualisiert unter Maluma etwas weiches und unter Takete ein zackiges Objekt. Demnach kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es einen intuitiven Zusammenhang zwischen Sprache und optischen Darstellungen gibt.

Die Wahrnehmung von Formen kann dementsprechend gezielt eingesetzt werden. Vor allem die Werbebranche macht sich diese psychologische Wirkung zu Nutze. Im antiken Griechenland wurden solche Techniken ebenfalls bereits genutzt, indem Formen aus der Natur die architektonische Umgebung repräsentieren sollten. In der chinesischen Harmonielehre des Feng Shui wird auch der Einfluss von Formen, Farben, Platzierungen und Materialien auf den persönlichen Lebensraum interpretiert.

Feng Shui ist sowohl das Wissen um die naturgegebene Harmonie, als auch die Kunst, diese Polarität so in sich abzustimmen, dass der Mensch nicht unter den schlechten Einflüssen der Ungleichmäßigkeit zu leiden hat.

Chao-Hsiu Chen

Formkontraste bewirken dabei, dass zwischen nebeneinander liegenden Formen ein erkennbarer Unterschied besteht. Denn die Form ist für die Wahrnehmung eines Objektes bereits bestimmend. Den stärksten Kontrast bilden die Grundformen Dreieck, Quadrat und Kreis. Unterschieden wir dabei zwischen: Dimensionskontrast (groß – klein); Proportionskontrast (z. B. eckig – rund); Form-Richtungs-Kontrast (z. B. gerichtet – ungerichtet) und Fläche-Linie – Kontrast. Hier einige Beispiele:

Dimensionskontrast
Proportionskontrast
Form-Richtungs-Kontrast
Fläche-Linie – Kontrast

Der Gestaltungskontrast bezweckt, dass sich die Wirkung zwischen zwei gegensätzlichen Formen kompensiert. Dabei müssen die Gestaltungselemente mit der beabsichtigten Wirkung immer das Übergewicht behalten. Demnach entstehen Gestaltungskontraste, wenn Gestaltungsobjekte eines primären oder sekundären Gestaltungselements unterschiedlicher Ausprägung miteinander kombiniert werden oder verschiedene primäre und sekundäre Gestaltungselemente miteinander kombiniert werden. Dieses Prinzip kann jedoch auf alle Gestaltungskontraste (Formkontrast, Oberflächenkontrast und Farbkontrast) angewendet werden.

Quellen:

Bruun, Ole: An introduction to feng shui. Cambridge University Press, Cambridge. 2008

Docplayer: (25.11.2021). In: https://docplayer.org/36096378-Gestaltungskontraste-eines-gestaltungselementes-gestaltungselemente.html (25.11.2021).

Fontana, Federico: Association of haptic trajectories to takete and maluma. In: International Workshop on Haptic and Audio Interaction Design. Springer, Berlin, Heidelberg, 2013.

Niederhäuser, Edward: Lichtgestaltung in der Fotografie: Licht und Beleuchtung optimal einsetzen. MITP-Verlags GmbH & Co. KG, 2010.

Kontraste: Ein Zusammenspiel aus Anziehung und Gegensätzen

Farben, Qualität, Objekte.

Kontraste lassen sich in allen möglichen Formen und Strukturen auffinden. Sie erzeugen solch ein Spannungsverhältnis, dass es dem Betrachter schwer fällt diese zu übersehen. Die psychologische Wirkung von Kontrasten wurde bereits vielfach wissenschaftlich erwiesen, doch wie lassen sich beispielsweise Farbkontraste erkennen? Ab wann wird von einem Kontrast gesprochen und wie wird dieser richtig dargestellt?

Als Informationsgesellschaft leben wir von Kontrasten. Wir konsumieren davon eine regelrechte Reizüberflutung, bei der Unternehmen um unsere Aufmerksamkeit bangen. Wer nicht mit Kontrasten spielt, bleibt nicht im Gedächtnis der Konsumenten haften. So erzeugen beispielsweise Farben bestimmte Effekte, die auf unterschiedlichste Weise assoziiert und interpretiert werden. Im Design wird dabei selten nur eine Farbe verwendet. Je weiter entfernt die Farben aus dem Farbkreis von einander sind, desto greller und auffälliger wirken sie. Kontraste sind lebendig, heiter aber auch schrill und laut. Unser Gehirn nimmt diese Informationen unterbewusst wahr. Komplementärfarben schaffen es dabei ihre Wirkung gegenseitig zu verstärken.

Der Schweizer Kunsttheoretiker und Maler Johannes Itten, hat die Wechselwirkung von Komplementärfarben systematisiert. In seiner Betrachtung basiert er sich auf einem von ihm erstellten 12-teiligen Farbkreis, der auf den drei Primärfarben Rot, Blau und Gelb beruht. Daraus entstehen die Sekundärfarben Orange, Grün und Violett. Werden anschließend Primär- und Sekundärfarben gemischt, entstehen dadurch Tertiärfarben. Nach seiner Beobachtung definiert er daraus sieben Farbkontraste.

Der Drucktechniker Harald Küpper kritisiert jedoch Ittens Theorie, da die gegenüberliegenden Farben physikalisch betrachtet, immer Grau sein müssten. Ittens beachte auch nicht die Farben Schwarz und Weiß. Laut Küpper gäbe es demnach acht Grundfarben. Die primären Lichtfarben Rot, Grün und Blau und die primären Druckfarben Cyan, Magenta, Gelb als auch Schwarz und Weiß. Demnach ist Küppers Farbtheorie besonders für Designer*innen interessant.

Komplementärkontrast

Schönheit empfindet man nur als schön, wenn man auch den Kontrast dazu wahrnimmt.

Anne-Sophie Mutter

Um Informationen wirksam darzustellen, ist es als Designer*in wichtig zu erkennen, wann Kontraste benötigt werden. Genauso ist es wesentlich zu wissen, wie Informationen so dargestellt werden sollen, dass sie eben nicht zu einer Überflutung an Eindrücken führen. Dafür benötigt es ein Verständnis der verschiedenen Kontrastkonzepte, wie den Formkontrast, Bunt-Unbunt-Kontrast, den Qualitätskontrast oder den Hell-Dunkel-Kontrast etc. Einige Bespiele sind hier angeführt:

Kalt-Warm-Kontrast
Bunt-Unbunt-Kontrast
Quantitätskontrast
Simultankontrast

Im Fall von Farben ist es daher wichtig zwei komplementäre Farben nicht in gleicher Größe nebeneinander oder auch übereinander zu platzieren, da sonst ein Konflikt entsteht. Dadurch weiß das Auge nicht, wo es zuerst hinsehen soll – eine visuelle Konkurrenz wird ausgelöst. Solche Bilder können anstrengend wirken und das Auge überreizen. Richtig eingesetzt, können sie bestimme Bereiche im Auge stimulieren. Dementsprechend sind Komplementärfarben ein gutes Beispiel für Anziehung und Gegensätze in unserem natürlichen Umfeld.

Quellen:

Bartel, Stefanie: Farben im Webdesign: Symbolik, Farbpsychologie, Gestaltung. Front Cover. Springer-Verlag, 2013.

Dittmann, Lorenz: Beiträge eines wissenschaftlichen Symposiums. In: Lichtenstern, Christa (Hrsg.) / Wagner, Christoph (Hrsg.): Johannes Itten und die Moderne. Ostfildern-Ruit. 2003.

Küppers, Harald: Die Logik der Farbe – Theoretische Grundlagen der Farbenlehre. Callwey, München. 1976.

Küppers, Harald: Farbe – Ursprung, Systematik, Anwendung. Callwey, München. 1972.

Mayer, Horst Otto: Einführung in die Wahrnehmungs-, Lern- und Werbe-Psychologie 2.A. Wissenschaftsverlag, München-Oldenbourg. 2010.