Die Symbolik von Grabsteinen auf dem Balkan

Geburt, Leben, Tod.

In den meisten Weltreligionen stellt der Tod das Ende des Lebens dar. Der Glaube, dass der Tod die Rückkehr des Menschen zu Gott besiegelt, ist allgegenwärtig. Manche Kulturkreise sehen den Tod als eine Zwischenebene, zu einer anderen Welt. Auf dem Balkan spielt der Tod eine wesentliche Rolle und anders als in Mittel-und Nordeuropa, ist er hier an spezielle Riten geknüpft, dessen Mystik die Menschen seit je her beschäftigt.

Der Dichter Mak Dizdar begibt sich in seinem Buch Kameni spavač (Der steinerne Schläfer) in die Welt der mittelalterlichen Grabsteinkultur des Balkans. In seinem Buch befasst er sich mit der Symbolik der aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammenden Grabsteine stečak.

Ihre genaue Herkunft ist bis heute nicht gesichert, so nehmen einige Historiker an, dass die Grabsteine von den Bogumilen geschaffen worden sind. Es besteht auch die Annahme, dass die Grabsteine ein Überbleibsel von siedelnden Wallachen, aus dem Ostbalkan sind, wobei sich viele Wissenschaftler heute darauf einigen, dass die Steine im Wesentlichen mit dem Verbreitungsgebiet der Bosnischen Kirche einhergehen.

Stećci (Mehrzahl von stečak) werden als horizontale und vertikale Grabsteine ​​aus Stein mit flacher oder giebelförmiger Oberfläche, mit oder ohne Sockel beschrieben.

Die Grabsteine zeigen in ihren Motiven heidnische Mythen und Rituale, mit heraldischen Symbolen oder den Taten des Toten zu Lebzeiten. Die dekorativen Motive, können in sechs sechs grobe sich ergänzende Gruppen unterteilt werden: soziale Symbole, religiöse Symbole, figurale Bilder, klare Ornamente und nicht klassifizierte Motive. Viele von ihnen sind bis heute rätselhaft: Spiralen, Arkaden, Rosetten, Weinblätter, Lilien, Sterne (oft sechszackig) und Halbmonde gehören zu den Bildern, die erscheinen. Zu den figuralen Bildern gehören Umzüge von Hirschen, Pferden, der Kolostanz, Jagd, Ritterturniere und am bekanntesten, das Bild des Mannes mit erhobener rechter Hand, vielleicht in einer Geste der Treue.

In Bosnien und Herzegowina wurden allein laut UNESCO ca. 40.000 Truhen, 13.000 Platten, 5.500 Giebelgrabsteine, 2.500 Säulen / Obelisken, 300 kreuzförmige Grabsteine ​​und etwa 300 Grabsteine ​​unbestimmter Form identifiziert. Davon mehr als 5.000 Bären.

You’ve decided to root me out at any price
But nowhere will you find the real road
To me
I understand you:
You’re a man in a single space and time
Alive just here and now
You didn’t know about the boundless
Space of time
In which I exist
Present
From a distant yesterday
To a distant tomorrow
Thinking
Of you
But that’s not all

Mak Dizdar, Kameni Spavač

Auch heute noch gibt es auf dem Balkan ähnliche Konzepte der Beisetzung, die auf den alten Riten basieren. So hat der Künstler Stan Ioan Pătraş im Dorf Săpânța, Rumänien, seit 1935 farbenfrohen Grabsteine ​​mit naiven Malereien, das Leben der Verstorbenen beschrieben. Das Besondere an diesem Friedhof ist, dass er von dem weit verbreiteten Glauben abweicht, der in europäischen Gesellschaften kulturell geteilt wird – ein Glaube, der den Tod als etwas unauslöschlich Ernstes betrachtet. So bedient sich der Künstler an dakischen Riten, deren philosophische Grundsätze für die Unsterblichkeit der Seele und den Glauben verbürgten, dass der Tod ein Moment voller Freude und Vorfreude auf ein besseres Leben war.

Under this heavy cross
Lies my poor mother-in-law
Three more days should she have lived
I would lie, and she would read (this cross)
You, who here are passing by
Not to wake her up please try
Cause’ if she comes back home
She’ll scold me more
But I will surely behave
So she’ll not return from grave
Stay here, my dear mother in-law!


Stan Ioan Pătraş, Cimitirul Vesel

Quellen:

Golopentia, Sanda: The Merry Cemetry of Sapanta Purple Martin Press. 2020.

Dizdar, Mak: Kameni spavač. 1973.

Lovrenović, Dubravko: Stećci – Bosansko i humsko mramorje srednjeg vijeka. Ljevak. 2013.

Mužić, Ivan: Vlasi i starobalkanska pretkršćanska simbolika jelena na stećcima. Split, 2009.

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