Kritische Bewertung einer Masterarbeit

Nach einer ausführlichen Recherche nach Arbeiten, die sich für diese Aufgabe geeignet hätten, habe ich die Masterarbeit von Stefanie Weberhofer untersucht. Die Arbeit trägt den Titel „Keeping It Reel. Eine künstlerisch-philosophische Auseinandersetzung mit den medienspezifischen Eigenschaften des photochemischen Films im digitalen Zeitalter.“ Und entstand an der Universität Wien im Jahr 2017 im Studiengang Theater-, Film- und Medientheorie.
Es handelt sich zwar um eine Theoriearbeit, trotzdem lieferte mir die Untersuchung reichlich Erkenntnisse über die Herangehensweise, Strukturierung und den Umfang, die mir bei meiner Masterarbeit helfen werden. Womöglich werde ich ein paar Aspekte auf meine Thematik übertragen.

Gestaltungshöhe
Die Masterarbeit setzt sich großenteils theoretisch mit der Thematik auseinander und weißt deshalb keine eigene Gestaltungshöhe auf. Es wurde kein eigenes gestalterisches Projekt erarbeitet, da die Autorin einen theoretischen Studiengang ausgewählt hat und nicht einem Design-Studium nachgegangen ist.

Innovationsgrad
Die Masterarbeit befasst sich zwar mit dem Vergleich von analogem und digitalem Filmmaterial, was zunächst nichts Neues ist, jedoch beleuchtet die Autorin es von mehreren Blickwinkel, was nun zu eigenen, innovativen Erkenntnissen führt. 

Selbstständigkeit
Im vierten Kapitel wird ein Blick auf den Film „As Film Goes Byte – the change of film perception“ geworfen. Dieser Film wurde zeitgleich sowohl analog als auch digital aufgenommen. Hier wäre womöglich ein ein eigenes Projekt denkbar gewesen. Wahrscheinlich hätte es aber den Umfang und den Fokus der Arbeit überschritten. Deshalb wurde auf bestehendes Material zurückgegriffen.

Gliederung und Struktur
Bereits beim ersten Überfliegen der Arbeit konnte ich einen Überblick über das Thema erlangen, was an der guten Strukturierung lag. Der Blick auf das Inhaltsverzeichnis zeigt schon, dass die Autorin sorgfältig das Thema gegliedert hatte. Trotzdem hat sie im zweiten Kapitel vier Unterpunkte (z.B. 2.1.1.1. Kameras), was in meinen Augen etwas zur Unübersichtlichkeit führt. Hier hätte ich mir eine andere Aufteilung gewünscht. 

Kommunikationsgrad
Das hochkomplexe Thema – wie die Autorin selbst beschreibt – ist auf eine sehr verständnisvolle Art und Weise beschrieben. Kapitel für Kapitel konnte ich die Erarbeitung nachvollziehen. Ihre Erkenntnisse hat sie Schritt für Schritt niedergeschrieben und auf einem einfachen Weg kommuniziert. Auch wenn es ein fachfremdes Thema für mich ist, ist es mir möglich, die Arbeit und das Ergebnis daraus nachzuvollziehen und zu verstehen. 

Umfang der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit ist eine sehr lange Einleitung zu finden. Hier sind viele Infos zu finden, die, meiner Meinung nach, in den Theorieteil gepasst hätten.

Der erste Teil befasst sich mit dem theoretischen Hintergründen und einem geschichtlichen Rückblick des Medienumbruchs. Die Autorin wirft einen Blick auf verschiedene technische Innovationen und beschreibt den Wandel seit der Digitalisierung. Unterkapitel sind Kameras, Material, Kopierwerke und Kinos. Daraufhin folgt eine Diskussion darüber, was die Unterscheide medientheoretisch und kulturell derzeit bedeuten und in Zukunft bedeuten können. Anschließend folgt ein Ausblick der Autorin. Sie beschreibt den hoch komplexen Wandel der analog-digitalen Werke als schwer zu systematisieren und stuft den Untersuchungsgegenstand als hoch komplex ein. Deshalb sei eine Prognose für die Zukunft unmöglich, sondern nur Momentaufnahmen, die beispielhaft herangezogen werden. 

Nach dem Theorieteil folgt das dritte Kapitel – die „Herstellungspraxis“ (S. 51). Es werden exemplarisch zwei Arbeitsweisen, welche sich mit materialbezogener Ästhetik befassen, detailliert behandelt. Zum einen ist es die „Händische Direkttechnik“, die beschreibt, wie und unter welchen Voraussetzungen Filme analog aufgenommen werden. „Found Footage“ beschreibt die Vorgehensweise für das Arbeiten mit bereits bestehendem Filmmaterial. 

Das vierte Kapitel befasst sich mit der Präsentation eines Filmes und der Rezeption durch sein Publikum. „Es […] um die klassische Kinovorführung in einem Kinosaal mit Publikum, bei welcher ein Film (oder eine Datei) von einem Projektor in der Projektionskanine abgespielt und auf eine Leinwand projiziert wird.“ (S. 69). Die Autorin stellt sich die Frage, welchen Unterschied die analoge bzw. digitale Projektion tatsächlich für die Rezipient*innen darstellt. Nun folgt die der Blick auf eine Studie, bei der untersucht wurde, wie unterschiedlich der Film „As Film Goes Byte – the change of film perception“ wirkt. Dieser Film wurde analog sowie digital gleichzeitig aufgenommen. Das Ergebnis davon ist, dass die Aufnahmemethode im Hinblick auf die Rezeption keinen Unterscheid macht, jedoch dass die Projektionsmethode schon Unterschiede aufweist (S. 82). Im letzten Teil der Arbeit fasst die Autorin die Erkenntnisse der ausführlichen Untersuchung noch einmal zusammen. Am Ende folgt noch eine kurze persönliche Anmerkung zum Thema. 

Ich empfinde den Umfang der Arbeit als sehr tiefgründig. Sie beleuchtet den theoretischen Teil sehr ausführlich und kann daraus dann einige wichtige Erkenntnisse für den Praxisteil ziehen. Besondern gefällt mir, dass die Autorin am Ende ein persönliches Statement abgibt. 

Orthographie, Sorgfalt und Genauigkeit
Die Arbeit weist keinerlei orthografische Fehler auf. Auch bei den Fußnoten, im Literaturverzeichnis und im Abbildungsverzeichnis ist die Autorin einem Schema gefolgt, welches sie kontinuierlich durchzieht. 

Literatur
Das Literaturverzeichnis ist gegliedert in Monografien, Beiträgen aus Sammelbänden, Aufsätzen und andere gedruckte Publikationen, Publikationen in Zeitschriften, Onlinequellen, Audioquellen und Videoquellen. Das gibt einen seht guten Überblick über die verwendete Literatur. Die Autorin hat einige aktuelle Quellen verwendet. Die meisten sind nach 2015 entstanden, ein paar stammen aus den Jahren zuvor. 

http://stayfanny.com/wp-content/uploads/2014/01/Masterarbeit_WeberhoferStefanie.pdf
Zugriff: 30.11.2022

Digitalisierung analoger Fotografien

Der dritte Blogeintrag befasste sich mit der analogen Doppelbelichtung, die nicht ganz so funktioniert hatte, wie geplant. Mit den Abzügen erhielt ich die Filmstreifen, die ich zuvor mit der analogen Kamera belichtet hatte. Die Filmstreifen waren nahezu komplett leer, da irgendein Arbeitsschritt oder mehrere Schritte im Prozess fehlerhaft waren. Jedoch bemerkte ich, dass ein paar weitere Fotos auf den Filmstreifen zu erkenn waren, die ich nicht als Abzüge erhielt. 

Das hielt ich für einen Ausgangspunkt für ein weiteres Experiment und nahm mir vor, die Negative zu digitalisieren. Gewöhnlich werden Negative mit einem speziellen Gerät gescannt und dann digitalisiert. Ähnlich funktioniert das auch bei Kleinbild-Dias. Da ich aber so ein Gerät nicht besitze, habe ich einen anderen Weg gefunden, wie ich die kleinen Fotos vergrößern und digitalisieren kann. Auch hier begann ich das Equipment meines Großvaters zu nutzen. Das „Hama Video Copier“ ist ein Hilfsmittel, in das Kleinbild-Dias eingesteckt und betrachtet werden können. Es wurde oftmals für den Videoschnitt verwendet. Es handelt sich um ein Vorsatzgerät für Videokameras zum Überspielen von Dias und Negativen. Dieses Gerät wurde eignete sich deshalb sehr gut für die Digitalisierung. 

Abbildung 1: Hama Video Kopierer Vorsatz

Abbildung 2: Hama Video Kopierer Vorsatz

Hierfür wurden die Filmstreifen eingesteckt und gegen das Licht gehalten. Nun wurde mit der Systemkamera XT-3 der Marke Fujifilm und einem 35mm f1.4 sechs Negative abfotografiert.

Im zweiten Schritt wurde das Negativ farblich umgekehrt – ein negatives Negativ entstand. So wurden die Farben wieder umgekehrt und das Foto ähnelte dem bereits zugeschickten Abzug. 

Für die Weiterverarbeitung wurden acht weitere Arbeitsschritte festgelegt, bei denen Farben und Kontrast angepasst wurden. 

01: Original
02: Negativ (Farben umgekehrt)
03: Negativ Ausschnitt
04: Anpassung der Helligkeit, Farbbalance und Kanäle + selektive Farbkorrektur
05: Fotofilter (Anpassung Farbtemperatur)
06: Anpassung der Gradiationskurve 
07: Verwendung Colour Lookup: 2Strip.look
08: Verwendung Colour Lookup: Candellight.CUBE
09: Verwendung Colour Lookup: FallColors.Look
10: Schwarzweiß

Die definierten Arbeitsschritte dienten als Parameter, um die Fotos anschließend miteinander vergleichen zu können. Bei den Negativen A, C, D und E funktionierte es sehr gut. Die Motive sind nach der Digitalisierung gut zu erkennen, auch wenn die Abzüge ein wenig verpixelt und unscharf sind. Bei den beiden anderen Negativen B und F funktionierte es ebenfalls, jedoch ist nicht viel zu erkennen, da viele Bereiche die Fotos dunkel erscheinen lassen. 

Abbildung 3: Negativ A und Weiterbearbeitung

Abbildung 4: Negativ B und Weiterbearbeitung

Abbildung 5: Negativ C und Weiterbearbeitung

Abbildung 6: Negativ D und Weiterbearbeitung

Abbildung 7: Negativ E und Weiterbearbeitung

Abbildung 8: Negativ F und Weiterbearbeitung

Um die farblichen Unterschiede der einzelnen Parameter noch mehr zu erkennen, wurden animierte gifs in Photoshop erstellt. Die Ergebnisse zeigen zwar leicht verpixelte Fotos, doch der Charme der Analogfotografie ging auch in den digitalen Arbeitsschritten nicht verloren. Einerseits liegt das an den Farben und den ausgewählten Motiven, andererseits auch an teils über- oder unterbelichteten Bereichen. Die kleinen Löcher der Negative erzeugen an den Rändern auch dunklere Streifen, was ebenfalls zum analogen Erscheinungsbild beiträgt. 

Animiertes gif 1: Negativ A

Animiertes gif 2: Negativ B

Animiertes gif 3: Negativ C

Animiertes gif 4: Negativ D

Animiertes gif 5: Negativ E

Animiertes gif 6: Negativ F

Bildnachweise:
Abbildung 1 – 8: Miriam Rein
Animiertes gif 1 – 6: Miriam Rein

Analoge Doppelbelichtung mit der Sofortbildkamera

Das Experimentieren geht weiter: Nachdem die Doppelbelichtung digital sehr gut geklappt hat, war das Ergebnis der analoge Doppelbelichtung anders als erwartet. Nun wird ebenfalls wieder analog belichtet. Als Werkzeug dient eine Polaroidkamera. Die Art von Kameras erfreuen sich in den letzten Jahren an steigender Beliebtheit, denn nach dem Auslösen wird sofort das Foto ausgedruckt. Nach ein paar Minuten ist das Ergebnis fertig: der belichtete Film hast sich selbst fertig entwickelt. Es entstehen dabei Unikate, Momentaufnahmen, ohne dass eine digitale Datei existiert. Polaroids werden heute oft auf Geburtstagen, Hochzeiten, Reisen oder sonstigen Events genutzt. Seit über 70 Jahren gibt es die Sofortbildkamera. Damals war es ein revolutionärer Durchbruch, da keine Negative entwickelt werden mussten und das Foto sofort fertig war. 

Heute dominieren die „Instax“ Sofortbildkameras den Markt, sie gehören zur Marke Fujifilm. Es gibt die Kameras in unterschiedlichen Modellen, die Fotos unterscheiden sich teilweise in der Größe. Auch gibt es Schwarz-Weiß oder Sepia Filme. Verschiedene Modi können verwendet werden, um ein gut belichtetes Polaroid in unterschiedlichen Lichtverhältnissen erstellen zu können. 

Die Instax SQ6 wurde für das Experiment genutzt. Sie besitzt den Modus, Doppelbelichtungen durchzuführen. Das erste Motiv sollte ein freistehendes Objekt sein, am besten eignen sich Motive for einem hellen Hintergrund. Möglich ist auch dass die Kamera Richtung Himmel gehalten wird, sodass der Himmel den hellen Hintergrund bildet. Für das zweite Motiv können Motive gewählt werden, die eine Struktur oder Pattern haben. Beispielsweise eignen sich Wiesen, Blätter, Mauern,  Fassaden usw. dafür. Danach sollte die Silhouette des ersten Motives gefüllt mit dem zweiten Motiv die Doppelbelichtung ergeben. 

Das erste Bild zeigt die Silhouette einer Hand. Sie ist mit grünen Blättern gefüllt. Diese sind noch ganz leicht im weißen Hintergrund zu erkennen. Oben rechts in der Ecke befindet sich auch eine grüne Stelle. Wahrscheinlich ist das ein Ast eines Baumes, der noch in das erste Motiv geragt ist.
Für den zweiten Versuch der Doppelbelichtung wurde zuerst ein Baum und dann eine orangene Hauswand abfotografiert. Auch hier hat es super funktioniert, denn die Silhouette des Baumes ist noch sehr gut zu erkennen und die Fassade füllt nun die Fläche des Baumes.
Bei der dritten Doppelbelichtung wurde der Spieß umgedreht und zuerst ein urbanes Objekt, dann ein Objekt aus der Natur fotografiert. Ein städtisches Gebäude und die Straßenlaternen sind zu erkennen, sie sind gefüllt mit grünem Gras. Doch hier passierte ein kleiner Fehler: Der Haltegurt der Kamera rutschte ins Bild mit rein und wurde auch belichtet. So bekam das Polaroid ein etwas  unerwartetes Aussehen.
Beim vierten Versuch wurde eine Person fotografiert, danach ein Kopfsteinpflaster, welches auch außerhalb der Person zu erkennen ist. Wahrscheinlich war der Himmel nicht hell genug, sodass in diesen Bereichen das analoge Freistellen nicht zu hundert Prozent funktioniert. 

Bei der letzten Doppelbelichtung diente eine Kirche als erstes Motiv. Danach wurde ein Rosenbusch fotografiert. Hier ist die Polaroid in Sachen Fokussierung an ihre Grenzen gekommen: die Rose, die fokussiert wurde, ist unscharf. Dafür sind die Blätter und Äste, die etwas weiter weg von der Linse waren, scharf. Wie beim vierten Versuch ist auch hier das „Muster“ im Himmel zu erkennen. 

Die Versuche haben gezeigt, dass die Doppelbelichtung mit einer Sofortbildkamera gut funktionieren. Vorausgesetzt es werden wirklich freistehende Objekte genommen. Sobald es dunklere Bereiche im ersten Motiv fotografiert werden, werden diese auch beim zweiten Foto mit belichtet. Ein weiterer Punkt, der sehr spannend ist, ist das kurze Warten auf das Ergebnis. Nach ein paar Minuten waren alle Polaroids entwickelt. Außerdem finde ich die Farben und den Look der Fotos sehr ästhetisch und ansprechend. Die Grün- und Rottöne passen super zum grauen Asphalt. Hier hat sich also gezeigt, dass sich auch unterschiedlich farbliche Motive mit der Kamera fotografieren lassen können und ein Bearbeiten nicht notwendig ist. Das wäre hier in diesem Fall auch nicht gedacht, da keine digitalen Dateien existieren. 

Abbildung 1: durchgeführte Doppelbelichtungen mit einer Sofortbildkamera

Bildnachweis:
Abbildung 1: Miriam Rein

Analoge Doppelbelichtung – Failed?

Zentraler Bestandteil der Recherche ist die Gegenüberstellung von analoger und digitaler Fotografie. Da im letzten Eintrag die digitale Doppelbelichtung thematisiert wurde, handelt nun dieser Blogeintrag um die analoge Fotografie. Als Unterschied dazu wurden Fotografien mit der analogen Spiegelreflex compact-reflex der Marke Porst erstellt (s. Abbildung 1). Bisher habe ich kaum Erfahrungen mit analoger Fotografie gemacht und mich nie wirklich damit beschäftigt. Ab und zu nutze ich analoge Einwegkameras. Doch bei diesen Kameras ist es kaum möglich, individuelle Einstellungen vorzunehmen und sie an die Lichtverhältnisse anzupassen. Die Kamera, die ich jetzt nutze, gehörte meinem Opa, der Fotograf war und sich bestens damit auskannte. Leider kann er mir die Technik und Funktionen nicht mehr erklären, so beschäftige ich mich selbst damit, eigne mir das Können selbst an und nutze sein Equipment weiter. 

Verwendet wurde ein 24er Film der Marke Kodak mit der ISO 400. Nachdem der Film voll war, brachte ich ihn zum Entwickeln – und dann passierte genau das, was bei digitaler Fotografie nie der Fall ist: Der Film wurde womöglich falsch belichtet, nicht richtig weitergedreht oder die Kamera wurde nicht richtig eingestellt. Denn von den 24 Fotos kamen nur 5 entwickelte Bilder zurück, auf denen teilweise kaum was zu erkennen ist. 

Doch genau das macht analoge Fotografie aus. Tage auf das Ergebnis zu warten und dann bemerken, dass etwas nicht geklappt hat. Das Ergebnis ist anders als erwartet, trotzdem hat es für mich funktioniert. Ich möchte nicht von „falschen“ Fotos sprechen, denn solche Fotos hätte ich nie mit der digitalen Kamera machen können. Das Ergebnis ist etwas unerwartetes und für mich sehr spannend, da es die kreative Arbeit ankurbelt und in eine unbekannte Richtung lenkt.

Da alle Bilder einen „Fehler“ aufweisen, passen sie in irgendeiner Weise sehr gut zusammen. Schwarze Bereiche kennzeichnen die Fotos. Auffallend sind die Fotos 1 und 2, denn sie zeigen das selbe Motiv (s. Abbildung 2). Es scheint so, wie wenn der Film ein wenig verrutscht ist und das Motiv „gecuttet“ wurde – zwei analoge Puzzleteile also (s. Abbildung 3). Bei den Fotos 2, 3 und 4 gibt es einen schwarzen Verlauf (s. Abbildung 4), das Foto 1 ist wiederum durch eine harte Kante gekennzeichnet und zu zwei Drittel dunkel. Bei Foto 5 ist der Lichteinfall und Bäume zu erkennen, alles andere ist ebenfalls sehr dunkel (s. Abbildung 5). 

Die analogen Bilder wurden gescannt, also am Ende doch digitalisiert. Dieser Arbeitsschritt ist unumgänglich, sonst wäre das Erstellen des Posts nicht möglich gewesen.

Abbildung 1: Porst compact-reflex
Abbildung 2: Foto 1 und 2
Abbildung 3: Foto 1 und 2 zusammengefügt
Abbildung 4: Foto 3 und 4
Abbildung 5: Foto 5

Bildnachweise:
Abbildung 1 – 5: Miriam Rein

Digitale Doppelbelichtung

Dieser Blogeintrag widmet sich dem Thema „Überlagerung“. Die Grundlage für das Experiment ist das Übereinanderlegen zweier Ebenen bzw. Fotos. Die Systemkamera XT-3 der Marke Fujifilm besitzt einen Doppelbelichtungsmodus. Hierfür werden zwei Fotos nacheinander geschossen und übereinander gelegt. Dieser Arbeitsschritt wird direkt in der Kamera erledigt, d.h. es ist kein Programm wie beispielsweise Photoshop nötig. Das doppelbelichtete Foto wird dann als JPG abgespeichert. Eine weitere Einstellung, für die die Marke Fujifilm bekannt ist, ist das Einstellen eines Filmprofils. Verschiedene Voreinstellungen für Farbe, Helligkeit, Farbtemperatur etc. können bereits ebenfalls in der Kamera festgelegt werden. Beim Aufnehmen eines Fotos werden zwei Dateiformate gespeichert: das RAW (Filmprofil und Farbeinstellungen werden nicht übernommen) und das JPG (Filmprofil und Farbeinstellungen werden übernommen). Da ich für die XT-3 das Filmprofil „Classic Chrome“ verwende, sind alle Fotos im JPG-Format im Grunde genommen schon ein wenig bearbeitet, das das Filmprofil „Classic Chrome“ auf die JPGs angewendet wird. Daraus folgt, dass ein doppelbelichtetes Fotos ebenfalls aus zwei bearbeiteten Fotos besteht. Das Filmprofil „Classic Chrome“ steht für helle Schatten, weiche Übergänge und Kanten und sanfte Kontraste. 

Vorgehensweise
Für die digitale Doppelbelichtung wurden Pattern verwendet, die in der Natur oder im öffentlichen Raum vorkommen. Das erste Bild besteht aus Gras und Kopfsteinpflastern. Das zweite Bild setzt sich aus einem Foto eines Baumes und eines Asphalts zusammen, das bereits an eine Körnung erinnert. Das dritte Bild besteht aus einem Foto von kleinen Fließen und eines Gebäudes. 

Nach dem Aufnehmen der Doppelbelichtung wurden die JPGs in Photoshop weiter bearbeitet. Auch hier wurde die Thematik der Überlappung aufgegriffen. Eine Farbfläche wurde über das Bild gelegt, das den Farbton der Durchschnittsfarbe des Bildes hatte. Anschließend wurde für diese farbliche Ebene unterschiedliche Füllmethoden angewandt:

1: Original doppelbelichtetes Foto
2: Anpassung der Helligkeit 
3: Füllmethode: Farbig nachbelichten
4: Füllmethode: Farbig abwedeln
5: Füllmethode: Hart mischen
6: Füllmethode: Farbton

Abbildung 1: Doppelbelichtung 1

Abbildung 2: Bearbeitung der Doppelbelichtung
Abbildung 3: Doppelbelichtung 2
Abbildung 4: Bearbeitung der Doppelbelichtung
Abbildung 5: Doppelbelichtung 3
Abbildung 6: Bearbeitung der Doppelbelichtung

Durch die experimentelle Vorgehensweise entstanden nicht vorhersehbare Fotos, die alle durch die gleichen Arbeitsschritte erstellt wurde. Die Technik der Doppelbelichtung wurde hier nun digital mit der Systemkamera durchgeführt, sie stammt aber aus den Analogfotografie. Die analoge Doppelbelichtung wird Thema der nächsten Blogeinträge sein. Nach der Durchführung weiterer Experimente können dann Rückschlüsse gezogen werden und die Ergebnisse mit einander verglichen werden.

Bildnachweise:
Abbildung 1 – 6: Miriam Rein

Analogfotografie: Wie entsteht aus einem Negativ ein Fotoabzug?

Nach der Recherche ist vor der Recherche: Letztes Semester widmete ich mich der Fotografie als Teil der visuellen Sprache. Ich warf einen Blick auf die Entwicklung der Digitalisierung, beleuchtete verschiedene Bildtheorien und das Verhältnis vom Bild zur Realität. Diese Beziehung hatte sich Grundlegend geändert – die digitale Kameratechniken und die Einführung des Smartphones ermöglichten viele, neue und vor allem einfachere Wege, ein Foto reproduzieren, bearbeiten und vergrößern zu können. 

Nun möchte ich mich (vorerst) im Bereich der Analogfotografie aufhalten und zum gegebenen Zeitpunkt verschiedene Experimente durchführen. Doch bevor ich mich dem widme, möchte ich zuerst das Vorgehen verstehen. Wie funktioniert analoge Fotografie? Was passiert in der Kamera? Und wie wird aus einem kleinen Negativ ein vergrößertes Foto? 

Wie der Begriff „Analogfotografie“ verrät, handelt es sich um eine „sinngemäße Übertragung“ (von. griech. „aná“ = gemäß und „lógos“ = Wort, Maß, Denken, Vernunft).1

In einer analogen Kamera befindet sich ein Filmstreifen, der mit Silberhalogenidkristalle überzogen ist. Diese dünne Schicht ist sehr lichtempfindlich. Das Licht spielt die zentrale Rolle in der analogen (und natürlich auch in der digitalen) Fotografie. Ohne Licht kann kein Bild existieren, da komplette Dunkelheit nur schwarz bedeutet. Sobald das Licht durch das Öffnen der Blende auf den Filmstreifen trifft, wird dieser belichtet. D.h. eine chemische Reaktion findet statt und ein Abdruck wird in die Emulsion gebrannt. Ein latentes (von griech. „latens“ / „latere“ = verborgen sein) Bild wird erzeugt.2 Ein Film ist dann komplett belichtet, wenn die gesamte Rolle einmal durchgelaufen ist. Es gibt unterschiedliche Formate und Größen eines Filmes. Je nach dem kann eine bestimmte Anzahl an Fotos mit einem Film aufgenommen werden.  

Abb. 1: Ein vollbelichteter Filmstreifen
Quelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/vintage-klassisch-retro-analog-9858905/

Die chemische Reaktion bei analoger Fotografie

Das Fotopapier besteht aus Celluloid, darauf ist eine Schicht aus Gelatine und Silberbromid, welche zuständig für die Färbung des Papiers ist. Darauf ist eine Schutzschicht aus Gelatine, die das Foto vor Kratzern und Schmutz schützt. Die Emulsion besteht aus Silberbromid, manchmal auch Chlorid. Die Mikrokristalle, die darin enthalten sind, sind gleichmäßig verteilt. Wenn Licht auf die Bromidionen trifft, wird ein Elektron energetisch angehoben und von Silberionen aufgenommen werden. Dadurch entsteht elementares Silber und weitere Silberteile können sich dort anlagern. Ein Silbercluster oder ein „Latentbildkeim“ entsteht.3

Der nächste Schritt ist die Entwicklung

Der Entwickler ist ein Stoff, der gut Elektronen abgibt. Aus den Silberionen entsteht elementares Silber. Die Silbercluster befinden sich an den Stellen, auf denen zuvor sehr viel Licht eingetroffen ist. Dort läuft nun eine schnelle Reaktion ab und weitere Ionen, die sich in der Nähe befinden, werden zu Silber. Somit wird das Bild langsam sichtbar. Der Vorgang muss ab einem bestimmten Zeitpunkt gestoppt werden, da ansonsten die Reaktion immer weiterläuft und das Bild unkenntlich gemacht wird. Das Foto wird deshalb in ein sog. „Stoppbad“ gelegt. Alle Stellen, die vorher belichtet wurden, sind nun schwarz gefärbt. Die Silberionen müssen noch in der Fixierung abgewaschen werden, um eine erneute Reaktion verhindern zu können. 

So entsteht ein Negativ, das auf ein neues Fotopapier gelegt und kurz belichtet wird. Das Fotopapier wird ebenfalls entwickelt und ein Positiv, also ein Abzug des Fotos, entsteht. 

Farbfotos können auf die gleiche Art und Weise entwickelt werden. Der Unterschied hier ist, dass es verschiedene Schichten für Farben im Fotopapier gibt, die unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Außerdem wird das Fotopapier etwas anders hergestellt und aufbereitet.4

Abb. 2: Geöffnete Analogkamera mit eingelegtem Film in der Filmkammer.
Quelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/nahaufnahmefoto-der-analogen-kamera-3693701/

Quellen:

1   Vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/analog_Adjektiv#herkunft – Zugriff am 13.04.2022

2  Vgl. „Analoge Fotografie – Grundlagen und Tipps“. https://www.pixolum.com/blog/fotografie/analoge-fotografie-grundlagen-und-tipps – Zugriff am 13.04.2022

3  Vgl. „Wie werden Fotos entwickelt?“ Chemie – Simpleclub. https://www.youtube.com/watch?v=nxMl_DvMOvk – Zugriff am 14.04.2022

4 Vgl. ebd.

Husserl & Barthes: einflussreiche Bildtheorien

Der letzte Blogeintrag handelte von der Entwicklung der Fotokamera und warf einen Blick auf die geschichtlichen Ereignisse. Anfangs wurden noch Unikate – besondere Einzelstücke – produziert und heute ist eine unendlich große Vervielfältig der Fotos möglich. Doch wie genau verhält sich das Abgebildete (Objekt / Person / Landschaft etc.) mit dem Realen? In welcher Beziehung stehen Foto und Realität? Es gibt unterschiedliche Bildtheorien, die von bekannten Philosoph*innen definiert und ausgearbeitet wurden. Teilweise überschneiden sie sich oder widersprechen sich sogar. Eine bekannte Bildtheorie ist die des namhaften Vertreters der Phänomenologie Edmund Husserl. 

Edmund Husserl
Bis in die heutige Zeit gilt seine phänomenologische Bildtheorie aus dem Jahr 1952 als einer der grundlegendsten. Er unterschied das Wahrnehmungsbewusstsein vom Bildbewusstsein. Beim Wahrnehmungsbewusstsein sind die Gegenstücke „leibhaftig“ wobei beim Bildbewusstsein das intendierende Objekt durch dessen Repräsentanten vermittelt wird. Hierbei unterscheidet er zwischen drei Elementen: 

A – der physischer Gegenstand, der leibhaftig wahrgenommen werden kann
B – das Bildobjekt, welches sichtbar auf dem Bild / Foto erscheint
C – das Bildsujet, das durch das Bildobjekt dargestellt wird

Die Elemente stehen in einer Beziehung zueinander und sind miteinander verbunden. Doch gleichzeitig stehen sie auch im „Widerstreit“. Ein Differenzbewusstsein ist für die Betrachtung des Bildobjekts und des Bildsujets notwendig. „Selbst wenn sich beide völlig ähnlich sind, wird dadurch das eine noch nicht zum Bild des anderen.“1

Husserl untermauerte diese Unterscheidung und nahm hierfür ein Foto seiner Tochter als Beispiel. Der physische Gegenstand (gerahmtes Emulsionspapier) ist der Bildträger. Das Bildobjekt ist das Bild der Tochter im Rahmen und das Bildsujet ist die reale Tochter. 

Diese Theorie grenzt sich gleichzeitig nach zwei Seiten ab. Zum einen gibt es den Unterschied zur naturalistischen Abbildtheorie. Grund dafür ist, dass Bildsujet und Bildobjekt nicht ein und dasselbe sind. Es sind zwei verschiedene Dinge d.h. sie sind nicht identisch. Es gibt das Bildsujet und das Bildobjekt. Beim Beispiel der Tochter wird es deutlich: Die reale Tochter unterscheidet sich vom eingerahmten Bild. Je nach Ausschnitt und Betrachtung wird das Bild anders wahrgenommen und in einen anderen Kontext gesetzt. Die Wahl des Abschnittes kann auch den Fokus lenken, etwas bestimmtes hervorheben und etwas anderes abschneiden bzw. nicht abbilden. Die reale Person ist immer ganz zu betrachten: zu erkennen ist eine Seite bzw. ein Blickwinkel. Zum Anderen grenzt sich Husserl auch gegen die Semiotik ab, bei der das Zeichenbewusstsein nötig ist. Das Bild der Tochter befindet sich im Bildträger, die reale Tochter wird durch das Bildobjekt abgebildet. Hierfür spielt das Sehen die zentrale Rolle. Durch das Zeichenbewusstsein befindet sich die reale Tochter außerhalb des Bildobjekts und das Lesen ist hier die zentrale Rolle. 

Doch es gibt auch Überschneidungen, da Bild und Zeichen in der Phänomenologie als Zeichen interpretiert werden können. Da Bildbewusstsein beschränkt sich nicht nur auf Zeichen. Auch Bilder können einen Teil davon sein.  

Da Husserl nicht die einzige Bildtheorie entwickelte, wird nun im zweiten Teil des Eintrages auf Roland Barthes eingegangen. Er wurde bereits im letzten Blogpost zitiert, da er folgende Erklärung für die Fotografie niederschrieb: Ein Foto bildet ein Objekt ab, das vor der Kamera gewesen sei und tatsächlich so existiert habe.2

Roland Barthes
In einem weiteren bekannten Essay „Rhetorik des Bildes“ aus dem Jahr 1967 beschreibt Roland Barthes das Verhältnis zwischen Bild und vermittelten Botschaft. Er begründet es mit der Semiotik, die Teil des Bildes ist und dadurch einen Sinn verleiht. Barthes stellt sich die Frage, wo dieser Sinn beginnt und wo er aufhört. Dabei haben die symbolische und die buchstäbliche Nachricht in einer „linguistischen Nachricht“ eine Funktion und definieren im Bild das Verhältnis zueinander. Die symbolische Nachricht wird auch „kodiert bildliche Botschaft“ genannt und mit dem Überbegriff der „Konnotation“ definiert. Die buchstäbliche Nachricht hingegen bezeichnet er als „Denotation“, die „nicht kodiert bildlich“ ist.3 Ein Bild setzt sich aus der gesendeten und empfangenen linguistischen Nachricht zusammen. Außerdem hängt die empfangene Nachricht auch vom kulturellen und ästhetischen Wissen der betrachtenden Person ab. Die linguistische Nachricht eines Bildes ist des Weiteren eine Interpretation der*des Betrachter*ins.5 Im Essay nimmt Barthes eine Anzeige des französischen Pasta-Herstellers Panzani als Beispiel und beschriebt dieses wie folgend: “Spaghettipäckchen, eine Dose, ein Beutel Tomaten, Zwiebeln, Paprika, ein Champignon – das ganze in gelber und grüner Farbe auf rotem Grund –, fällt aus einem halboffenen Netz.“26

Werbeanzeige des Pasta-Herstellers Panzani diente als Grundlage des Essays “Rhetorik des Bildes”, 1967.
Quelle: https://www.researchgate.net/figure/Panzani-Pasta-Ad-Barthes-1968_fig2_262254969

Bilder vermitteln also eine Botschaft, die auf mehreren Ebenen funktioniert, entschlüsselt und verstanden werden kann. Fotografie befindet sich deshalb in einer Dreiecksbeziehung zwischen Produzent*in – Objektivation – Rezepient*in.6 Das Foto an sich ist ein physisches Objekt, das durch das Zusammenspiel aus lichtempfindlicher Datenträger, Optik und Kameratechnik entstehen kann (Abgesehen davon, dass es heute digitale Bilder gibt, die nicht physisch sein müssen). Entscheidend ist das Licht, das bei der Herstellung auf das lichtempfindliche Material (den digitalen Sensor) trifft und dadurch das Bild erschafft. Da die*der Empfänger*in das Bild betrachten kann, bildet die Person das dritte Glied in der Triade. 


Die Recherche über die Bildtheorien stellte sich als sehr vielschichtig heraus. Sehr spannend, wie ein normales und alltägliches Medium für mich sehr abstrakt beschrieben werden kann. In die einzelnen Bestandteile zerlegt, wirkt eine Fotografie sehr trivial. Durch den Medienkonsum heute und die Möglichkeit, Bilder mit dem Smartphone zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort machen zu können, hat sich die Besonderheit eines Bildes sehr gewandt. Es ist ein gewöhnliches Mittel geworden. Gegen den Bildtheorien wirken (digitale) Fotos aus der heutigen Zeit sehr banal. Auf mich wirkt es interessant, wie Bild und Objekt zueinander stehen. Im diesem Kontext ist eine Fotografie immer ein Abbild der Realität. 


Quellen:


1 Eberle, Thomas S.: Fotografie und Gesellschaft. Thematische Rahmung. In: Fotografie und Gesellschaft. Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven. Eberle, Thomas S. (Hrsg.), transcript Verlag, Bielefeld, 2021, S. 25
2 Barthes, Roland: Fotografie als Botschaft. 1961. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, Barthes, Roland (Hrsg.): Frankfurt a. M., 1990, S. 14.
3 Vgl. Weingart, Brigitte: Where is your rupture? Zum Transfer zwischen Text- und Bildtheorie. In: Die Adresse des Mediums. Andriopoulus, Stefan et al. (Hrsg.), DuMont Buchverlag, Köln, 2001, S. 142
4 Ebd.
5 Vgl. Gabriele Röttger-Denker: Roland Barthes zur Einführung. Junius Verlag, 2. Auflage, 1997, S 133
6 Eberle, 2021, S. 26

Vom Unikat zur Massenreproduktion

Der letzte Blogeintrag widmete sich dem neuen Thema: Fotografie als visuelle Sprache im Grafik Design. Nun wird ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung geworfen, um zu verstehen, weshalb Fotografie zum Massenmedium wurde. Der zweite Teil widmet sich der gesellschaftlichen Verbreitung des Fotografierens sowie den Unterschieden zwischen Amateur- und Profifotografie.

Zuerst wird nun erklärt, welche Merkmale Fotografien auszeichnen. Es ist schwer und kaum möglich eine generelle Definition dafür zu finden. Doch kaum eine andere Person wird in diesem Zusammenhang häufiger genannt als Roland Barthes. In seinem bekannten Foto-Essay „Die helle Kammer“ beschreibt er Fotografie als „Emanation des vergangen Wirklichen“1. Zuvor definierte er Fotografie „als mechanisches Analogon des Wirklichen“.2 Der indexikalische Charakter zeigt, dass das abgebildete Objekt vor der Kamera gewesen sei und tatsächlich existiert habe.3 Auch wenn uns heute und auch schon vor ein paar Jahrzehnten bewusst gewesen war, dass Fotos manipuliert werden können, nimmt man an, dass sie etwas Vergangenes – etwas „Echtes“ – visuell darstellen. Auch bestimmte Bildausschnitte, die den Fokus auf etwas lenken, oder redaktionelle Veränderungen können die Representation der Wirklichkeit verändern. All das ist uns bewusst und bekannt, jedoch hindert es den Gedanken nicht, dass Fotografie die Wirklichkeit zeigt.

Die Aussage und die politische Bedeutung dieses Bildes nahm Einfluss auf den Wahlkampf: King Georg VI wurde aus dem originalen Bild mit Queen Elisabeth (Mutter von Queen Elisabeth II) und dem kanadischen Premierminister William Mackenzie entfernt. 
Quelle: http://www.fotokurs-bremen.de/fotografie-und-bildmanipulation-sind-untrennbar-miteinander-verbunden/

Doch wie kam es dazu, dass Fotografien manipuliert und verändert werden können? Hierfür ist ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung notwendig.
Das Jahr 1839 prägte die Erfindung der Fotografie, da zwei Ereignisse stattfanden, die den Weg für die Fotografie ebneten. Louis J. M. Daguerre stellte in Paris ein modernes Bildaufzeichnungsverfahren – die Daguerreotypie – vor. In Deutschland wurde im selben Jahr auch der Begriff der „Photographie“ geprägt. Die erste erfolgreich aufgenommene und erhaltene Fotografie wurde von Joseph Nicéphore Niépce mit Hilfe einer Camera obscura 1826 hergestellt. Hierbei fällt Licht durch eine winzige Öffnung in einen dunklen Hohlkörper und erzeugt seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend den Außenraum auf der Projektionsfläche. Diese Fläche bestand aus Zinn und wurde durch eine Schicht aus Asphaltmischung heller oder dunkler ausgehärtet. So konnte das erste Foto der Welt entstehen. 

William Henry Fox Talbot entwickelte das Negativ-Positiv-Verfahren und so stand der technischen Fortschritten in den folgenden Jahrzehnten nichts mehr im Weg.4 Die Möglichkeit, vom selben Bild mehrere Abzüge machen zu können, war die Grundlage für die gesellschaftliche Verbreitung der Fotografie. Die amerikanische Firma Kodak stellte im Jahr 1888 die tragbare Kamera „Kodak Nr. 1“ vor. Der belichtete Film konnte an die Firma geschickt werden, die daraus Abzüge erstellte. Der Fotoservice gilt als Grundstein für die gesellschaftliche Verbreitung der Fotografie. 

You press the Button. We Do the Rest.

Slogan der Firma Kodak, 1888 5

In den folgenden Jahrzehnten wurden die reproduktionstechnischen Voraussetzungen weiter optimiert. 1924 stellte die Firma Leica eine handliche Kleinbildkamera vor, gefolgt von Ermanox, Rolleiflex und Hasselblad. Ab den 1960er Jahren wurden von Pentax, Nikon und Canon weitere Modelle eingeführt. Kodak festigte dessen Marktanteil mit der Einführung der „Kodak Instamatic“, bei der Filme als Kassetten sehr leicht eingesetzt und gewechselt werden konnten. In 20 Jahren wurden mehr als 150 Mio. Kameras gekauft – ein absoluter Verkaufsschlager. Ein weiterer Meilenstein ist der erste digitale Bildsensor, der 1969 entwickelt wurde. 

Links: Kodak Nr. 1
Rechts: Kodak Instamatic
Quelle: https://www.kodakmoments.eu/de/kodak-historie/

Was die digitale Revolution bewirkte, ist offensichtlich. Doch erst um die Jahrtausendwende erlebte die Massenproduktion an Digitalkameras und Spiegelreflexkameras einen Aufschwung. Die digitalen Medien heute vereinfachen die Erstellung und Verbreitung der Fotos, nahezu jede Person trägt eine kleine Kamera am Smartphone in der Hosentasche. Mittlerweile sind oft auf den ersten Blick kaum Unterschiede zwischen Fotos der neuesten Generation der Smartphones zu Fotos von professionellen Kameras zu erkennen. Die technischen Möglichkeiten der Smartphones werden immer besser. Doch was sich immer noch vom professionellen Fotograf*in zu*r Hobbyfotograf*innen und Knipser*innen unterscheidet, ist die Kompetenz. Amateur*innen nutzen oft die automatischen Einstellungen und sind mit Schnappsüssen, auch wenn leicht überbelichtet oder verwackelt, zufrieden. Dagegen spielen Profifotograf*innen gekonnt mit der Perspektive, Blickwinkel, den Einstellungen wie ISO-Wert, Blende und Belichtungszeit. Sie beherrschen ihr technisches Produkt bis ins kleinste Detail und schöpfen sie zum Zwecke der Bildgestaltung voll aus.6 Aus der unvorstellbaren Anzahl an Fotos, die täglich geknipst und im Internet veröffentlicht werden, ist es sehr schwer, sich von der breiten Masse abzuheben. Amateure entwickeln immer höhere Ansprüche, doch Originalität und Ästhetik zeichnen besondere Fotos aus. 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Fotografie, wie wir sie heute kennen, einen langen Entwicklungsprozess durchgemachte. Jedoch haben bedeutende Meilensteine – wie die Erfindung der Reproduzierbarkeit und Vervielfältigung sowie die des technischen Bildsensors – die Entwicklung vorangebracht.
In der Geschichte der Fotografie entstanden neben Alltags- und Profifotografie auch Kunstformen und Bildtheorien, die im nächsten Blogeintrag betrachtet werden.  


Quellen:

1 Barthes, Roland: Die helle Kammer. Bemerkungen zur Fotografie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., 1989, S. 98
2 Barthes, Roland, Fotografie als Botschaft. 1961. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, Barthes, Roland (Hrsg.): Frankfurt a. M., 1990, S. 14.
3 Ebd.
4 Raddatz, Christoph: Bildmanipulation aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts, Vertrauensverlust durch mediale Täuschungen der Rezipienten. Bachelorarbeit, Fachbereich Medien, Hochschule Mittweida, 2009, S. 9 f.
5 “125 Jahre Kodak Moments”, https://www.kodakmoments.eu/de/kodak-historie/ – Zugriff am 24.01.2022
6 Eberle, Thomas S.: Fotografie und Gesellschaft. Thematische Rahmung. In: Fotografie und Gesellschaft. Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven. Eberle, Thomas S. (Hrsg.), transcript Verlag, Bielefeld, 2021, S. 15