Gendersensibles Design im Employer Branding – Mein Fazit für dieses Semester

Zum Ende dieses Semesters möchte ich mit meinen bisherigen Erkenntnissen des Kurses zum Thema Gendersensibles Design im Employer Branding gerne zu einem Zwischenfazit kommen. Aus diesen möchte ich Schlüsse für die weitere Bearbeitung der Thematik ziehen. 

Zu Beginn habe ich mich grundlegend mit einigen Begriffen der Gender Studies beschäftigt. Eine wichtige Erkenntnis hieraus war, dass mit „Gender“ keinen Falls eine natürliche Gegebenheit gemeint ist. Unterschiede zwischen den Geschlechtern haben sich aufgrund von gesellschaftlichen Strukturen und Zuschreibungen entwickelt und verfestigt. Biologische Merkmale sind dabei nicht die Grundlage von Gender, sondern bloß ein Teil dessen Entwicklung. 
So wie jede Person von gesellschaftlichen Vorerfahrungen geprägt ist, die ihr Handeln bestimmen, sind es auch Designer*innen. In ihre Gestaltungen fließen immer, wenn auch unbewusst, Rollenbilder, Klischeevorstellungen und Vorurteile. So konnte bereits beobachtet werden, dass Frauen* und Männer* unterschiedliche Designansätze hervorbringen. Hinzu kommt, dass die Verteilung der Geschlechter in den unterschiedlichen Designdisziplinen sehr unausgeglichen ist. Während meiner Recherche habe ich mich verstärkt mit Literatur von Dr. Uta Brandes auseinandergesetzt. Sie ist Professorin für Gender und Design und stellt die These auf, dass es, bezogen auf Design so etwas wie Genderneutralität nicht geben kann, solange soziale Unterscheidungen von Geschlechtern bestehen. Der Ansatz des sogenannten gendersensiblen Designs als Gegenentwurf hat einen kritischen und sozial anspruchsvollen Charakter, in dem Wissen, dass Genderneutralität (fast) nicht zu erreichen ist. Für die Designpraxis bedeutet er zum Beispiel, dass möglichst in gemischt-geschlechtlichen Teams gearbeitet werden sollte sowie, dass Designschaffende eine gewisse Kritikfähigkeit und die Bereitschaft ihre eigene Arbeit zu hinterfragen mit bringen müssen. 
Schon früh kam für mich die Frage auf, inwiefern es, wenn genderneutrales Design tatsächlich nicht möglich ist, vertretbar wäre, ein bestimmtes Geschlecht direkt anzusprechen. Eine Herangehensweise wie diese könnte zum Beispiel dann in Erwägung gezogen werden, wenn es darum geht, mit Stellenanzeigen gezielt Frauen* anzusprechen, weil sie bisher in einem Unternehmen stark unterrepräsentiert sind. Wenn allerdings gendersensibles Design bedeutet, davon abzusehen klischeehafte Darstellungen zu verwenden, man allerdings bestimmte Gender-Design-Codes für eine konkrete Ansprache nutzt, kann diese dann überhaupt nicht-klischeehaft sein?
Dazu habe ich mir im Laufe meiner Recherche einige Beispiele und Umsetzungen aus der Praxis angeschaut und schnell gemerkt, dass es tatsächlich zwei unterschiedliche Herangehensweisen zu geben scheint. Da wären einmal Design-Teams, die versuchen mit ihrer Gestaltung möglichst neutral zu wirken, wie zum Beispiel beim Branding für das Unternehmen Mylo und auf der anderen Seite beispielsweise der US-Mietwagenservice True Car, welcher in seinem Branding feminine und Maskuline Design-Codes kombiniert. Da gibt es eine harte, technische Seite, die sich eher männlich liest und eine weiche, farbenfrohe Seite, die einen weiblichen Eindruck macht. Mir persönlich haben die Designs am besten gefallen, die einen möglichst hohen Grad an Neutralität anstreben. 

Bei der Themenvorstellung in meinem ersten Blogbeitrag habe ich eine Kampagne von VW vorgestellt, mit der konkret Frauen* überzeugt werden sollten, sich bei dem Unternehmen zu bewerben. Dabei nutzen sie Slogans wie z.B. „Think Tank Girl“ und verwensen Rosa- bzw. Lila-Töne. Bei Gestaltungen wie diesen ließe sich die Frage stellen, ob sich Personen, die sich als Frauen* identifizieren, angesprochen fühlen oder möglicherweise nicht ernst genommen. Um Fragen wie diese zu beantworten, könnte man innerhalb einer weiteren Erarbeitung des Themas qualitativ oder quantitativ abfragen, wie Stellenanzeigen wie diese auf die Zielgruppe wirken und inwiefern sie von diesen wirklich abgeholt werden. Wichtig wäre es hier, im Hinterkopf zu behalten, dass mit Forschungen, für die das Verhalten bestimmter Geschlechter untersucht wird, immer eine, meistens binäre, Unterscheidung dieser vorgenommen und weitergegeben wird. Die Gender-Forschung ist sich dieses Paradoxes schon lange bewusst, allerdings gibt es bisher noch keine einheitlichen und wirklich zufriedenstellenden Lösungsansätze. Deswegen gilt es bisher, reflektiert an die Thematik heranzugehen und Fragestellungen bzw. Ergebnisse jederzeit zu hinterfragen. Wie bereits eingangs festgehalten, möchte ich mich konkret mit dem Thema Gendersensibles Design im Bereich des Employer Brandings auseinandersetzen. Weil es dazu in einem sehr geringen Umfang Literatur gibt, habe ich mir zunächst genauer angeschaut, wie es generell mit dem Thema Gendersensibilität im Employer Branding aussieht. Insgesamt findet man auch hier nur wenige Forschungen, trotzdem lässt sich aus der vorhandenen Literatur herauslesen, dass Arbeitnehmer*innen von Genderawareness und Gleichbehandlung in Unternehmen nur überzeugt werden können, wenn diese Werte innerhalb der Organisation auch tatsächlich gelebt und umgesetzt werden. Es reicht also nicht, sich diese bloß „auf die Fahne zu schreiben“. Unternehmen, die sich wiederrum nachhaltig mit der Thematik auseinandersetzen, wirken nachweislich vor allem auf Frauen* als attraktivere Arbeitgeber*innen. 

Ich habe mich außerdem konkret mit dem Thema Gender in Stellenanzeigen auseinandergesetzt und hier schnell gemerkt, dass sich Untersuchungen in dem Bereich vermehrt auf das Wording und weniger auf die Gestaltung der Anzeigen beziehen. Allerdings gibt es bereits bei den verwendeten Formulierungen noch immer Luft nach oben. Untersuchungen zeigen, dass Jobtitel (in Deutschland) zwar in den meisten Fällen durch ein „(m/w/d)“ ergänzt werden, trotzdem werden die Stellenbezeichnungen selbst nur in wenigen Fällen gegendert, bzw. geschlechtsneutral Formuliert. Studien zeigen, dass letzteres vor allem Frauen* von einer Bewerbung abhalten kann. Hinzu kommt, dass häufig Adjektive bzw. Charaktereigenschafften genannt werden, die als geschlechtsspezifisch wahrgenommen werden. So werden Begriffe wie „durchsetzungsstark“ als eher maskulin verstanden und solche wie „kommunikationsfreudig“ als eher feminin. Erneut kommt es dazu, dass Frauen* bei einer Verwendung männlicher Adjektive eher davon absehen, sich auf eine Stelle zu bewerben. 

Insgesamt zeigt sich, dass Gendersensibles Design im Employer Branding ein Thema ist, welches bisher nicht nur unzureichend erforscht wurde, sondern auch in der Praxis, trotz großer Relevanz, noch nicht ausreichend mitgedacht bzw. umgesetzt wird. Es lässt sich auch feststellen, dass es eine sensible und reflektierte Vorgangsweise bedarf. 

Das Problem mit der Zweigeschlechtlichkeit in der Forschung

Ich habe in meinem ersten Blogbeitrag bereits aufgezeigt, dass es in der Sozialwissenschaft schon lange als Tatsache gilt, dass es keinen Grund zur Annahme gäbe, es bestünde eine naturhaft vorgeschriebene Zweigeschlechtlichkeit. Alle Unterscheidungen zwischen den Geschlechtern, die zum Beispiel auf Charaktereigenschaften oder Vorlieben basieren, sind gesellschaftliche und sozial erlernte Konstrukte. Diese werden nicht nur durch Kommunikation weiter verbreitet, sondern spiegeln sich unter anderen ebenfalls in der Gestaltung sowie der Nutzung von Objekten und Artefakten wieder. 

Obwohl die interdisziplinäre Gender-Forschung diesen Umstand schon vor langer Zeit aufgedeckt hat, wird ein Problem von einigen Forschenden kritisch diskutiert: Die Reproduktion von Zweigeschlechtlichkeit durch die Forschung selbst. Prof. Dr. Uta Brandes ist eine der ersten Wisschenschaftler*innen, die international auf dem Gebiet Gender Design forschte. Von 1995 bis 2015 war sie Professorin für Gender und Design sowie für Designforschung an der Köln International School of Design. Sie ist außerdem Mitgründerin des international Gender Design Network und Vorsitzende des Netzwerkes in Deutschland. Ihre Publikationen und empirischen Arbeiten sind einige der wenigen im entsprechenden Forschungsbereich und deswegen auch für meine Recherche von großer Bedeutung. 

Uta Brandes beschäftigt sich in ihrem Buch „Gender Design. Streifzüge zwischen Theorie und Empirie“ ebenfalls mit sogenannten „wicket problems“ in der Wissenschaft. Diese Probleme sind laut ihr diese, die sich nicht einfach mit dem Kategoriesystem richtig oder falsch lösen lassen, machen allerdings auf eine wichtige Erkenntnis als Nährboden für wissenschaftliches Arbeiten aufmerksam: Wissenschaft sollte nicht mit der Überzeugung betrieben werden, objektiv sein zu können. Diese Grundeinstellung aus dem Konstruktivismus resultiert aus der Überzeugung, Forschende selbst könnten nicht frei von äußeren Umständen und gesellschaftlicher bzw. persönlicher Beeinflussung sein – auch wenn diese nur unterbewusst stattfindet. Folglich ist davon auszugehen, dass Ergebnisse immer in einem gewissen Maß verfärbt sind. Laut Brandes seien theoretische und empirische Analysen deshalb im besten Fall Annäherungen oder begründete Annahmen, die versuchen Phänomene oder vermeintliche Wirklichkeiten zu erklären. Forschende können demnach selbst gesellschaftlich konstruierte Gender-Stereotype verinnerlicht haben und diese, wenn auch unterbewusst, Einfluss auf ihre Forschung nehmen lassen.

Dazu kommt ein weiteres Dilemma: Auch dann, wenn Forschende die in der Gesellschaft immer noch vorherrschende Zweigeschlechtlichkeit mit ihrer Forschung kritisch hinterfragen und aufzeigen möchten, müssen sie sich in den meisten Fällen selbst einem bi-polaren Kategoriesystem der Geschlechter bedienen. Wenn sie zum Beispiel der Gebrauch, bzw. das Gebrauchsverhalten von Objekten unter Genderaspekten untersucht werden soll, sind Wissenschaftler*innen gezwungen, zumindest in Geschlechtskonstruktionen der Partizipierenden zu unterscheiden. Die Forschung tut dies deswegen gezwungenermaßen, um Gender-Fragestellungen überhaupt erforschen zu können. Diskutiert und kritisiert wird allerdings von vielen Wissenschaftler*innen, Forschungen wie diese könnten Genderkonstruktionen und Stereotype weiter verfestigen. Laut Uta Brandes gäbe es für dieses Dilemma keine wirklich zufriedenstellende Lösung, sie hebt aber hervor, dass der große Unterschied zwischen einfachen ideologischen Behauptungen, es gäbe nur ein bi-polares Geschlechtersystem, darin bestünde, nicht zu untersuchen, was die Geschlechter sind, sondern, was sie tun. Hinzu kommt, dass Forschungen in diesem Bereich (fast) immer mit dem Bewusstsein betrieben werden, welches eingangs bereits erwähnt wurde. Nämlich, dass es sich bei Geschlechtern bzw. Gender um gesellschaftliche Konstrukte handelt, die alles andere als natürlich gegeben sind. 


Literaur

Brandes, U. (2017). Gender Design. Streifzüge zwischen Theorie und Empirie. Berlin, Boston: Birkhäuser Verlag. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1515/9783035611090

beDesign [Homepage]. Uta Brandes. Verfügbar unter: https://www.be-design.info/uta-brandes

Riegel, C., Baßer, B. (2014). Meine Forschung ist durch und durch politisch. Christine Riegel und Bianca Baßler im Gespräch mit Carol Hagemann-White. Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien 20/1.

Wie kann gendersensibles Design aussehen?

Bisher haben sich meine Blogbeiträge auf einer eher wissenschaftlicheren Ebene abgespielt. Ich habe einen Einblick in grundlegende Begriffe der Gender Studies gegeben sowie einen Überblick über die Behandlung des Themas innerhalb der Theorien zum Employer Branding. In meiner Recherche bin ich bereits auf Stimmen gestoßen, die der Meinung sind, es könne aufgrund von gesellschaftlichen Strukturen und fest verankerten Geschlechtsbildern kein wirklich genderneutrales Design geben. Als Alternative habe ich bereits einige Charakteristika von sogenanntem gendersensiblen Design aufgeführt. Diese waren jedoch rein theoretisch. Aus diesem Grund soll sich dieser Blogbeitrag mit praktischen Umsetzungen der Gendersensibilität im Design auseinandersetzen. Dafür möchte ich verschiedene Projekte aus unterschiedlichen Disziplinen vorstellen, die als Inspiration dienen können. Interessant ist, wie unterschiedlich die Ansätze sind, die für diese gewählt wurden. Nicht immer scheint Gendersensibilität zu bedeuten, möglichst nah an Genderneutralität heranzukommen. 

Viele Beispiele für Gendersensibilität kommen aus dem Produktdesign, davon wiederum einige aus dem Bereich Spielwaren. Der Barbie Hersteller Mattel brachte im Jahr 2019 unter dem Label Creatable World eine Reihe geschlechts- und namenloser Puppen heraus, die sich nach Wunsch stylen lassen. Auch im Gaming werden Fortschritte gemacht: Beim Login des Shooters Fortnite, welches laut aktuellen Studien von mindestens 35 Prozent Frauen gespielt wird, lässt sich beim Erstellen eines Accounts kein Geschlecht festlegen, außerdem gibt es eine Reihe an Avataren mit nicht-eindeutigen Gender-Merkmalen. In der Mode gibt es von unterschiedlichen Labels schon seit einigen Jahren Unisex-Kollektionen. 

Billie Eilish ist bekannt für ihren androgynen Kleidungsstil. Die New Yorker Agentur Lloyd&Co machte sie für das Modelabel MCM zum Gesicht einer Kampagne mit Unisex-Styles.

Auch Verpackungsdesign von normalerweise eher genderspezifischen Produkten wie Kosmetik kann gendersensibel sein. Das zeigt die Marke Le Labo aus Frankreich, die anstelle von genderspezifischem Design auf ein sehr pragmatisches setzt und ihre Inhaltsstoffe ins Zentrum ihrer Produktverpackungen stellt. 

Die Produkte von Le Labo aus Frankreich.

Das US-Portal für Gebrauchtwagen TrueCar engagierte das New Yorker Büro Pentagram für ein Rebranding ihrer Seite, um mehr Frauen durch ihren Auftritt zu erreichen. Das Designteam setzte auf einen runden, weichen Schriftzug, mehr Weißraum und bunte Farben. Außerdem führten sie durch Storytelling verschiedene Figuren ein, die die Marke begleiten. Da wäre z.B. Chat, ein maskuliner Camper, der auf der Suche nach einem Pick Up für eine Reise in die Wildnis ist und daneben Ella, die als TV-Moderatorin arbeitet und eine Familie hat – beide Personen- bzw. Geschlechterdarstellungen sind eher klischeehaft und scheinen anstelle von Genderneutralität eher auf Genderspezifität zu setzten, um den gewünschten Effekt (die zusätzliche Ansprache einer weiblichen Zielgruppe) zu erziehen. 

Schon das Logo von TrueCar zeigt: Das Unternehmen setzt auf eine gezielte Ansprache von Frauen als erweiterte Zielgruppe.

Anders macht es die Firma Mylo. Das Unternehmen verkauft Eisprungrechner, die im Urin Hormone messen und plant außerdem weitere Produkte zur Förderung von Fruchtbarkeit. Mit ihrem Rebranding, welches gemeinsam mit der Designagentur Ragged Edge umgesetzt wurde, setzen sie vor allem auf Sensibilität. Durch Claims wie „Periods are not enjoyable. When you’re still trying to get pregnant they can still be devastating” machen sie auf vergebliche Schwangerschaftswünsche und damit zusammenhängende Trauer und Frustration aufmerksam. Zudem arbeiten sie mit einem Design mit dem Anspruch zur Genderneutralität: Gedeckte Töne, gepaart mit einem knalligen Blau. Sie machen deutlich: nicht nur Frauen können schwanger werden. Dazu nutzen sie Typografie und Illustrationen, die Ecken und Kanten besitzen, laut Agentur das „perfekt Unperfekte“ darstellen und zeigen sollen: „Du bist nicht allein“.  

Gendersensibilität fängt schon bei der Sprache an. Und gendersensible Sprache geht nicht ohne eine geeignete Typografie.  Damit beschäftigte sich die Designerin Hannah Witte und stellt sich in ihrer Bachelorarbeit „Typohacks“, einem Hanbuch für gendersensible Typografie, unter anderem Fragen wie diese: Sollte sich eine gendersensible Typografie möglichst unauffällig und „ästhetisch“ in ein Textbild einfügen? Oder sollte sie vielleicht doch mit voller Absicht herausfallen und so auf die patriarchale Struktur unserer Sprache aufmerksam machen und damit zeigen, wie nötig Gendersternchen, Gaps und Co wirklich sind? Insgesamt haben Grafikesigner*innen für Hannah Witte jedenfalls die besondere „politische Verantwortung, Inhalte und Informationen, welche [sie] visuell kommunizieren, kritisch zu hinterfragen. […] Wenn sich Gesltalter*innen und Leser*innen mit der Zeit an gendersensible Sprachformen gewöhnen, wird damit im besten Fall auch ein Wandel im Denken entstehen.“

In der Bachelorarbeit von Hannah Witte geht es um gendersensible Typografie.

Literatur

Danek, S. (2020). Genderneutral und mit Gefühl: Mylo gegen unerfüllten Kinderwunsch. Verfügbar unter: https://page-online.de/kreation/genderneutral-und-mit-gefuehl-mylo-gegen-unerfuellten-kinderwunsch/

Gerdes, C. (2021). Spannende Auszeichnungen beim Gender-Design-Wettbewerb! Verfügbar unter: https://page-online.de/kreation/spannende-auszeichnungen-beim-gender-design-wettbewerb/

Gerdes, C. (2021). Genderless Design: Neutral bleiben. Verfügbar unter: https://page-online.de/kreation/genderless-design-neutral-bleiben/

Ragged Edged. Mylo. Verfügbar unter: https://raggededge.com/work/mylo/

Witte, H. (2021). Warum der DDC ein Sternchen braucht. Verfügbar unter: https://www.ddc.de/de/magazin/warum-der-ddc-ein-sternchen-braucht.php

Wie viel Gendersensibilität steckt im Employer Branding?

Nachdem sich der letzte Blogartikel verstärkt mit Begrifflichkeiten der Gender Studies auseinandergesetzt hat, soll sich dieser nun zunächst auf das Employer Branding als solches konzentrieren, um in einem zweiten Schritt zu untersuchen, inwiefern die Berücksichtigung von Gender in der Literatur und Praxis hier bereits eine Rolle spielt. Später soll dann konkret dargestellt werden, inwiefern bei der Erstellung von Stellenanzeigen bereits Wert auf Gendersensibilität gelegt wird. Hier soll ebenfalls auf den aktuellen Forschungsstand zu der Thematik eingegangen werden.

Employer Branding und Gendersensibilität kommen von Innen

Unter Employer Branding wird der Prozess verstanden, in dem ein Unternehmen sich als Arbeitgeber*in eine einzigartige Marke bzw. eine individuelle Identität schafft, welche sie, im besten Fall positiv, von konkurrierenden Unternehmen abgrenzt. 

Als Teil eines Unternehmens siedelt es sich sowohl in Kommunikationsabteilungen an als auch in den Human Resources. Besonders von Bedeutung innerhalb des EBs ist die Erarbeitung sogenannter Employer Value Propositions (EVP), also das Nutzenversprechen von Arbeitgeber*innen an ihre Mitarbeitenden. 

Essenziell ist laut Literatur dabei, dass die EVPs von innen heraus erarbeitet werden. Mitarbeitende funktionieren dabei als wichtigste Stakeholder*innen, sie müssen spüren, dass Versprechen und Erwartungen eingehalten werden. So kann ein negatives Word-of-Mouth verhindert werden. Darüber hinaus muss akzeptiert werden, dass es sich beim Employer Branding, beziehungsweise bei der Erstellung und Umsetzung von EVPs nicht um einen abschließbaren Prozess handelt. Nur langfristig gedachte und dauerhaft umgesetzte Arbeit kann zu den beabsichtigten nachhaltigen Ergebnissen führen. Das gleiche gilt für gelebte Chancengleichheit der verschiedenen Geschlechter innerhalb von Unternehmen. 

Insgesamt muss allerdings gesagt werden, dass der Forschungsstand zum Faktor Gender innerhalb des Employer Brandings eher gering ist. Was sich aus der Literatur herauslesen lässt, ist folgendes: Gender Awareness in einem Unternehmen bedeutet kulturellen Wandel, ein höheres Innovationslevel sowie eine größere und diversere Menge von Erfahrungen, Kompetenzen und Wissen. Ein Unternehmen welches Gender Equality umsetzt und nicht nur kommuniziert wird ebenfalls mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit seine Mitarbeitenden enttäuschen. Dafür muss gemeinsam evaluiert, Genderstereotype sichtbar gemacht und hinterfragt werden. Das Hinzufügen einer Gender-Perspektive auf eine nachhaltige Value Proposition kann nicht nur Sensibilität verursachen, sondern gleichzeitig dafür sorgen, die eigene Attraktivität als Arbeitgeber*in für diversere potenzielle Arbeitnehmer*innen zu steigern. 

Sprachliche Gendersensibilität in Stellenanzeigen

Wie wird das Thema Gender von Unternehmen in der Praxis des Employer Brandings bereits umgesetzt? Konkret soll es hier um gendersensibel gestaltete Stellenanzeigen gehen. Da sich die Forschung allerdings beinahe ausschließlich mit der sprachlichen Ebene dieser auseinandersetzt, werden im folgenden Untersuchungen von Formulierungen wiedergegeben, die mögliche schriftliche Diskriminierungen analysieren. 

Im Jahr 2006 wurde im Deutschen Bundestag das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschlossen. Dieses besagt, dass Stellenanzeigen grundlegend merkmalsneutral formuliert werden müssen. In Österreich gelten ähnliche Vorgaben. 

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Deutschland) hat im Jahr 2018 eine „Studie zur Auswertung von Stellenanzeigen im Hinblick auf Diskriminierung, Ausschlussmechanismen und positive Maßnahmen“ veröffentlicht. In der Darstellung bisheriger Forschungsarbeiten wird unter anderem auf Studien von Jobware (2014) und der TU München (2014) eingegangen, die beide zu dem Ergebnis kamen, dass Männer Stellenanzeigen anders lesen als Frauen und dass dies einen Einfluss auf deren Bewerbungsverhalten hat.

Besonders interessant ist, dass Stellenanzeigen nicht nur als eher männlich wahrgenommen, wenn der Job Titel im generischen Maskulinum dargestellt wird, sondern auch wenn bestimmte Formulierungen, wie durchsetzungsstark, unabhängig, dominant oder offensiv in ihnen vorkommen. Andersherum gibt es auch Formulierungen, die als eher weiblich gelesen werden, wie kontaktfreudig, kooperationsfähig, engagiert oder kommunikativ. Frauen werden von agentischen Worten (die stereotyp als männlich assoziiert werden) eher abgeschreckt, sich auf bestimmte Stellen zu bewerben und von kommunalen Worten (die als weiblich verstanden werden) eher dazu motiviert. Männlich assoziierte Begriffe kommen dabei vor allem in Stellenanzeigen für männerdominierte Berufe vor. Einige Studien zeigen auch, dass Frauen Stellenanzeigen, die genderneutral formuliert sind, als besonders attraktiv wahrnehmen, weil sie entsprechende Arbeitgeber*innen dann als eher fair beurteilen. 

Innerhalb der bereits erwähnten, von der Antidiskriminierungsstelle durchgeführten Studie wurden insgesamt 5.667 Stellenanzeigen untersucht und mittels einer Inhaltsanalyse von Bild und Text in drei Kategorien unterteilt: Stellenanzeigen, die gegen das AGG verstoßen, die keine Diskriminierung enthalten und die zwar nicht gegen das Gesetz verstoßen, dafür aber Diskriminierungsrisiken bzw. Ausschlüsse im Bezug auf ein oder mehrere durch das AGG geschützte Merkmale enthalten. 

Zentrale Ergebnisse der Studie:

97,8 % der Stellenanzeigen verstoßen nicht gegen das AGG, 2,2 % enthalten Verstöße und jede fünfte Anzeige (21,2 %) enthält ein Diskriminierungsrisiko. Dieses besteht in den allermeisten Fällen deswegen, weil sie nicht geschlechtsneutral sind (80 %) sind. Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen einer Diskriminierung bzw. eines Diskriminierungsrisikos und bestimmten Berufsgruppen, die die Stellenanzeigen ansprechen. Diskriminiert wird am häufigsten in frauendominierten Berufen. Ein Diskriminierungsrisiko besteht hingegen besonders in männlich dominierten Berufen wie Manager*in oder Wirtschaftsprüfer*in. Die meisten Stellenanzeigen sind zudem im generischen Maskulinum verfasst und tragen einen Zusatz wie (m/w/d). Gendergaps oder Gendersternchen werden nur bei 0,2 % der Stellenanzeigen genutzt. Fotos werden häufig genutzt, tragen aber gleichzeitig ein Diskriminierungsrisiko, weil häufig, den Geschlechtsanteilen der Berufe entsprechend, nur Männer (28 %) oder Frauen (19 %) abgebildet werden. 

Kritisieren lässt sich an der Studie, dass die Analyse nur innerhalb des gesellschaftlich konstruierten binären Geschlechtssystems erfolgte. Es wurde beispielsweise nicht darauf eingegangen, inwiefern sich trans Personen von Formulierungen in Stellenanzeigen diskriminiert fühlen. Außerdem wurden, bezogen auf visuelle Wirkungen, lediglich Bilder analysiert, nicht aber andere Designelemente. Eine Untersuchung in diesem Bereich wäre interessant. 

Was diese allerdings gezeigt haben, ist dass eine gezielte Ansprache von unterrepräsentierten Gruppen in den Stellenanzeigen nur äußerst selten gefunden werden konnte. Nur in 8 % der Stellenanzeigen werden diese spezifisch angesprochen, wenn sie in Unternehmen unterrepräsentiert sind. Für Gruppen wie diese dürfen bei der Formulierung von Stellenanzeigen Ausnahmen vom AGG gemacht werden. Solche könnten dann zum Beispiel sein: 

Da aus pädagogischen Gründen die Kinderbetreuung in unserer Kindertageseinrichtung sowohl von weiblichen als auch von männlichen Erziehern erfolgen soll, in unserer Einrichtung bisher aber keine männlichen Erzieher beschäftigt sind, fordern wir Männer besonders auf, sich zu bewerben.

Bezogen auf meine weiterführende Arbeit, wirft dies die Frage auf, inwiefern eine gezielte Ansprache bestimmter Geschlechter mithilfe von visuellen Codes eventuell ebenfalls dadurch legitimiert werden könnte, dem Mittel zum Zweck, wie z.B. der Rekrutierung von mehr Frauen in handwerklichen Berufen dienen zu können. Hier lässt sich allerdings der Zweifel einwerfen, es könnte sich bei visuellen Gestaltungscodes, im Gegensatz zur Sprache, um Konstrukte handeln, die fast immer auf gesellschaftlichen Zuschreibungen von Charaktereigenschaften von oder des Geschmacks eines bestimmten Geschlechtes handeln. Dies gilt es im Folgenden genauer zu erörtern und mittels von (Best Practice) Beispielen zu analysieren.


Literatur

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2018). Diskriminierung in Stellenanzeigen. Studie zur Auswertung von Stellenanzeigen auf Diskriminierung, Ausschlussmechanismen und positive Maßnahmen. Verfügbar unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/diskriminierung_in_stellenanzeigen.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Heider-Winter C. (2014). Vielfalt gestalten – Unterschiede würdigen: Gender, Diversity und Inklusion als Dimensionen im Employer Branding. In: Employer Branding in der Sozialwirtschaft. Springer Gabler, Wiesbaden. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-01196-3_4

Hentschel, T. & Horvath, L. K. (2015). Passende Talente ansprechen – Rekrutierung und Gestaltung von Stellenanzeigen. In: C. Peus, S. Braun, T. Hentschel & D. Frey (Hrsg.): Personalauswahl in der Wissen- schaft – Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis. Heidelberg: Springer, S. 65–82.

Jobware (2014). Eye-Tracking-Studie. Leseverhalten bei Online-Stellenanzeigen. Verfügbar unter: http://www.healthcare-personal.de/hcpm/bilder/pdf/Eye-Tracking-Studie.pdf.

Lundquist, H. (2015). Gender Aware Employer Branding: How to Become Authentic, Unique and Attractive. In: Canadian Center of Science and Education (Hrsg.): International Journal of Business and Management. Vol 10., No. 11. Verfügbar unter: https://www.researchgate.net/publication/283699019_Gender_Aware_Employer_Branding_How_to_Become_Authentic_Unique_and_Attractive

Peus, C., Braun, S., Hentschel, T. & Frey, D. (2015): Personalauswahl in der Wissenschaft – Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis. Heidelberg: Springer.

Warum “gendersensibel” und nicht “genderneutral”?

Im letzten Blogbeitrag habe ich bereits angekündigt, dass sich meine Recherchen im Modul Design & Research mit dem Thema des gendersensiblen Designs im Kontext des Employer Brandings befassen sollen. Hierbei spielen verschiedene Forschungsfelder ineinander, die in den folgenden Blogbeiträgen nach und nach aufgeschlüsselt werden sollen. Zunächst werden grundlegende Begrifflichkeiten aus der Disziplin der Gender Studies definiert, die für den weiteren Verlauf der Arbeit von Bedeutung sein werden. 

Beschäftigt man sich mit der Komponente Gender im Zusammenhang mit Design begegnet man Schlagwörtern wie Gender Design, gendersensibel und genderneutral. Doch was bedeuten sie, und wenn es doch so etwas wie Genderneutralität zu geben scheint, wieso soll es in dieser Arbeit dann „nur“ um Gendersensibilität gehen? 

Was bedeutet Gender?

Das Verständnis dieser Begriffe setzt zunächst die Klärung des Begriffs Gender an sich voraus. Dieser hat sich im Zuge der Frauen- und Geschlechterforschung in den 1980er Jahren in Abgrenzung zu dem Begriff Sex, welcher das biologische Geschlecht einer Person meinte, verfestigt. Hierbei sollte vor allem herausgestellt werden, dass Frauen und Männer nicht nur aufgrund von Körperlichkeiten unterschieden werden, sondern auch (oder vor allem) in Bezug auf soziale bzw. gesellschaftliche Komponenten. Lässt man die Unterscheidung von Sex und Gender allerdings einfach so stehen, führt dies zu einem wesentlichen Problem: Es erweckt den Eindruck, dass der Unterschied zwischen Männern und Frauen als etwas „natürlich“ Vorgegebenes weiterhin unhinterfragt bleiben kann. Außerdem hängt das, was wir als biologisch betrachten, von dem ab, was wir als solches annehmen. 

Das Gender Kompetenz Zentrum der Humboldt Universität zu Berlin formuliert seine Definition von Gender im Zusammenhang gesellschaftlicher Verhältnisse als Weiterentwicklung des Verständnisses von Geschlecht deswegen so:

„[Es] ist keine „natürliche“ Gegebenheit. Die Tatsache, dass es Frauen und Männer gibt und diese als zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen wahrgenommen werden, ist vorrangig das Ergebnis einer Reihe von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden. Das biologische Geschlecht ist also nicht die Grundlage von Gender, sondern immer ein Teil von Gender”.

In unserem Alltag werden wir nicht nur dauerhaft von Projektionen von Männlichkeit oder Weiblichkeit geprägt, sondern halten Gendernormen ein, konstruieren diese selbst, geben sie weiter und verfestigen sie. Dieses Phänomen wird als Doing Gender beschrieben. 

Gibt es Genderneutralität?

Geprägt durch unsere gesellschaftlichen Vorerfahrungen und unser Geschlecht nehmen wir die Welt und ihre Dinge, sowie auch ihre Designs war und verstehen sie unterschiedlich. Umgekehrt arbeiten auch Gestalter*innen und Designer*innen nicht in einem von diesen Projektionen und Normen umgeprägten Raum. In der Designlehre konnte bereits beobachtet werden, dass Frauen und Männer in ihren Gestaltungen unterschiedliche Lösungsansätze hervorbringen. Hinzu kommt, dass die Verteilung der Geschlechter in den verschiedenen Designdisziplinen sehr unausgewogen ist. Männer arbeiten vor allem in den als „härter“ empfundenen Bereichen, wie Industrie- oder Produktdesign, während sich die meisten Frauen eher in als „weicher“ assoziierten Bereichen wiederfinden, wie Schmuck- oder Grafikdesign. Dr. Uta Brandes, Professorin für Gender und Design stellt deswegen die These auf, dass es, bezogen auf Design so etwas wie Genderneutralität nicht geben kann, solange soziale Unterscheidungen von Geschlechtern bestehen. 

Gendersensibles Design

Der Ansatz des sogenannten gendersensiblen Designs hat einen kritischen und sozial anspruchsvollen Charakter, in dem Wissen, dass Genderneutralität (fast) nicht zu erreichen ist. Er vermeidet es, soziale Ungleichheiten durch Reproduktion zu festigen und referenziert in seiner Kommunikation nicht direkt auf das Geschlecht. Er konzentriert sich auf Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen und geht bewusst mit Gender Codes um. Dabei verzichtet er auf klischeehafte Darstellung von Gender-Stereotypen. Wichtig bei der Umsetzung eines gendersensiblen Designs ist nicht nur, dass gemischt-geschlechtlich sondern auch möglichst interdisziplinär gearbeitet wird. Die Designschaffenden sollten zu jeder Zeit kritikfähig sein und ihr Design in Bezug auf seine gesellschaftliche Bedeutung hinterfragen. 


Literatur

Brandes, Uta. Designing Gender oder Gender Design? Zur Geschlächtersprache in der Gestaltung. Online unter: https://www.forum-holzbau.ch/pdf/meran10_Brandes.pdf [18.11.2021].

Haede, U., Moritsch, S. (2020). Endweder oder – sowohl als auch. Gendersensibles Design / Textbuch. New Design Uneversity Privatuniversität GesmbH. Online unter: https://www.ndu.ac.at/news-aktuelles/publikation-gendersensibles-design/ [19.11.2021]. 

Zentrum Frau für Beruf und Technik (2006). Gender & Design. Leitfaden. Online unter: https://www.zfbt.de/veroeffentlichungen/dokumente/gender_design_2.81%20Leitfragen%20final.pdf [19.11.2021].

Gender Kompetenz Zentrum der Humbold Universität zu Berlin (2006). Was ist Gender? Online unter: http://www.genderkompetenz.info/w/files/gkompzpdf/gkompz_was_ist_gender.pdf [18.11.2021].

Gendersensibles Design im Employer Branding

Plakate, Anzeigen, Social Media Posts – auf verschiedenen Plattformen werben Unternehmen zukünftige Mitarbeitende. Wie in anderen Bereichen des Marketings finden sich auch hier immer wieder (bild-)sprachliche Kompositionen, die mit Sexismus spielen, auf veraltete Rollenbilder zurückreifen und gesellschaftlich geprägte geschlechterabhängige Machtkonstruktionen rekonstruieren. Auch wenn nicht alle Beispiele im gleichen Ausmaß sexistisch sind, kommt es häufig vor, dass bestimmte Geschlechter, wenn auch möglicherweise unbewusst, von Stellenausschreibungen o.Ä. mehr angesprochen werden als andere. So könnte ein eher maskulines Design andere Geschlechter ausschließen, die ursprünglich ebenfalls durch die Stellenanzeige erreicht werden sollten. 

Klassische Stellenanzeige für handwerkliche Berufe.

Inwiefern dies dazu beiträgt, dass auch heute in einigen Berufen eine ungleiche Verteilung der Geschlechter besteht, ist unklar. Weiter stellt sich die Frage, inwieweit visuelle Mittel, neben einfachen sprachlichen (gendergerechte Sprache etc.), entweder gezielt bestimmte Geschlechter, für die Aufhebungen dieser Ungleichverteilungen, ansprechen können oder andersherum, Stellenanzeigen gestaltet werden können, die genderneutral funktionieren. 

Die Volkswagen AG zum Beispiel gründete die sogenannte „Volkswagen Diversity Werkstatt“, welche die Recruiting Kampagne „Hello Possible“ erarbeitete. Mit dieser sollten speziell Frauen angesprochen werden, um ihren Anteil im Unternehmen und damit in einer durch Männer dominierten Branche zu erhöhen. Bei Betrachtung der Anzeigen fällt schnell auf, dass zum Beispiel Farben verwendet wurden, die eher weiblich konnotiert sind. Dazu kommen plakative Abbildungen von Frauen und Headlines, wie „Thinktank Girl“. Im Zusammenhang mit Beispielen wie diesen, wäre es interessant zu untersuchen, ob eine so offensichtliche Ansprache von Frauen diese tatsächlich motiviert oder doch eher dazu führt, dass sie sich auf gesellschaftliche Klischees ihres Geschlechts reduziert fühlen und Arbeitgeber*innen wie die Volkswagen AG deswegen als eher unattraktiv empfinden. 

Ist eine direkte Ansprache bestimmter Geschlechter auf diese Weise die einzige Möglichkeit, um eine Auswirkung auf eine größere geschlechtliche Vielfalt in bestimmten Berufen zu erzielen? Gibt es überhaupt so etwas wie “genderneutrales” Design?

Stellenanzeigen der Volkswagen “Hello Possible” Kampagne (Diversion Werkstatt).

Literatur zum Thema

Brandes, Uta. Designing Gender oder Gender Design? Zur Geschlächtersprache in der Gestaltung. Online unter: https://www.forum-holzbau.ch/pdf/meran10_Brandes.pdf [24.10.2021].

Chefsache.de (2020). Volkswagen Recruiting-Kampagne „Hello Possible” für mehr Frauen. Online unter: https://initiative-chefsache.de/vw-recruiting-kampagne-hello-possible/ [24.10.2021]. 

Damelang, A., Rückel, AK. Was hält Frauen von beruflichen Positionen fern? Ein faktorieller Survey zum Einfluss der Gestaltung einer Stellenausschreibung auf deren Attraktivitätseinschätzung. Köln Z Soziol 73, 109–127 (2021). https://doi.org/10.1007/s11577-021-00729-z

Göddertz, Silke (2014). Gender Diversity als Einflussfaktor auf Zielgrößen des Employer Brandings : eine empirische Analyse zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Recruiting von Frauen. Kovač Verlag, Hamburg. 

Haede, U., Moritsch, S. (2020). Endweder oder – sowohl als auch. Gendersensibles Design / Textbuch. New Design Uneversity Privatuniversität GesmbH. Online unter: https://www.ndu.ac.at/news-aktuelles/publikation-gendersensibles-design/ [24.10.2021]. 

Heider-Winter, C. (2014). Vielfalt gestalten – Unterschiede würdigen: Gender, Diversity und Inklusion als Dimensionen im Employer Branding. Springer VS, Wiesbaden. 

Hempel, B. (2019). Offene Gestaltung für offene Lebensformen. Online unter: https://www.deutschlandfunk.de/gendersensibles-design-offene-gestaltung-fuer-offene.807.de.html?dram:article_id=463923 [24.10.2021].