Die Beziehung von Mensch und Technologie

Wir leben in einer Zeit, in welcher Technologie eine zentrale Rolle für unsere Gesellschaft spielt, gleichzeitig werden Menschen mit immer unsichereren Lebensumständen und Rahmenbedingungen konfrontiert. Gefühlt wird die Welt schneller, komplexer und damit zunehmend undurchschaubarer.1

„It appears we are in the midst of a revolution driven by technology, and it is reshaping our society, the way we work, the way we conduct our private lives, and possibly even the face of humanity.“2

(Roman Krzanowski 2019, S.1352)

Technische Geräte sind keine neutralen Produkte, in ihnen stecken jahrelange Forschung und Entwicklung, damit sie auf unsere Gewohnheiten, Wünsche und Ziele angepasst werden und wir enge Bindungen aufbauen, die uns wiederum zu zahlenden Kundinnen machen. Die erfolgreichsten Unternehmen sind nicht die, die immer neue oder bessere Produkte auf den Markt bringen, sondern jene, die es schaffen eine Beziehung zu ihren Nutzerinnen aufzubauen.3

„This engagement is achieved by designing products that seem as though they have a personality or even a soul. these products feel less like manufactured artifacts and more like good friends.“4

(Kolko 2014)

Künstliche Intelligenz geht sogar noch einen Schritt weiter, lernt diese immerhin noch im Zuge der Interaktion weiter, um so immer passgenauer für ihren Menschen zu werden. Sie hat die Möglichkeit uns im Alltag zu begleiten und diesen durch das Übernehmen simpler Aufgaben angenehmer zu machen. Sprachassistent*innen, wie Amazon Alexa oder Siri von Apple, sind hier besonders interessant, da sie durch ihre Stimme noch menschlicher wahrgenommen werden können und sich damit auch klar von anderen text-to-speach Softwares abgrenzen. Die Stimmen wurden hier bewusst weiblich konnotiert generiert, da Frauenstimmen als vertrauenswürdiger, angenehmer und hilfreicher empfunden werden.5

Leben und Sterben gemeinsam mit künstlicher Intelligenz

Amazon arbeitet außerdem an einer kontroversen Erweiterung, welche Alexa die Möglichkeit gibt, bestimmte menschliche Stimmen nachzuahmen. Mit weniger als einer Minute aufgenommener Audiodateien sollen so geliebte, aber bereits verstorbene Menschen wieder ins Leben zurückkehren.6 Die Idee ist nicht komplett neu, stellt aber einige ethische Fragestellungen auf den Kopf. Zuvor gab es auch schon eine KI, die Portraits „zum leben erwecken konnte“ oder einen Chatbot, der mit Gesprächen des verstorbenen besten Freundes trainiert wurde, um auch so nach dem Tod weiter mit Rat zur Seite stehen konnte.7

In einem Interview mit der Washington Post erklärt Tama Leaver, Professorin für „Internet Studies“, dass solche Technologien neben der Nutzung für kriminelle Absichten, auch ehtische Fragen über die der Nutzung der eigenen Stimme über den Tod hinaus aufwirft. Wenn die Stimme einer verstorbenen Person von Alexa genutzt wird, wem gehören dann diese Daten? Zuletzt wirft sie auch die Frage auf: Werden Sprachnachrichten und Aktivitäten auf Social Media Teil von unseren Nachlässen und finden sich im Testament wieder?8
Nicht umsonst bringt er technische Fortschritt auch neue Berufe mit sich wie digitale Bestatter*innen. Trotzdem stellt sich auch die Frage, ob diese Hilfsmittel auch unseren Zugang und Einstellung zu jenen Themenstellungen, wie eben zum Beispiel dem Tod, verändern.

  • 1 Vgl. Krzanowski 2019, S. 1352
    2 Krzanowski 2019, S. 1352
    3 Vgl. Kolko 2014, S.3
    4 Kolko 2014, S.3
    5 Vgl. Krasniansky 2020
    6 Vgl. Paúl 2022
    7 Vgl. Bridge 2016
    8 Vgl. Paúl 2022
  • Bridge, Mark (2016): Good grief: chatbots will let you talk to dead relatives In: The Times, https://www.thetimes.co.uk/article/bots-that-let-you-speak-with-the-dead-vg8x7dc86 (zuletzt aufgerufen am 16.12.2022)
  • Kolko, Jon: Well-designed : how to use empathy to create products people love. Boston: Harvard Business Review 2014
  • Krasniansky, Adriana (2020): Who Is the Voice of Alexa?. In: Makeuseof, https://www.makeuseof.com/who-is-the-voice-of-alexa/(zuletzt aufgerufen am 07.12.2022)
  • Krzanowski, Roman: New dark age: technology and the end of future. In: Information,
    Communication & Society 22 (2019), S. 1352-1359, DOI: 10.1080/1369118X.2019.1610026
  • Paúl, María Luisa (2022): Alexa has a new voice — your dead relative’s. In: The Washington Post, https://www.washingtonpost.com/nation/2022/06/23/alexa-amazon-voice-dead-people/ (zuletzt aufgerufen am 07.12.2022)

Evaluierung einer Masterarbeit: “future news lab”

Für das “Proseminar Master´s Thesis” soll eine Masterarbeit, entstanden an einer in- oder ausländischen Universtität, evaluiert werden. Die von mir ausgewählte Arbeit wird in der Kurzbeschreibung bezeichnet als “Eine diskursive Masterthesis über die Zukunftsgestaltung von Nachrichten für kommende Generationen” (Betz, Galle, Lewandowski: 2022)1 und wurde auf der HFG Gmünd von Theresa Betz, Jasmin Galle und Maja Lewandowski verfasst.

Die Studierenden haben im Zuge ihrer Arbeit das future news lab, einen fiktiven Think Tank, mit dem Ziel Nachrichtenkompetenz zu fördern, gegründet. Die Autor*innen erklären dabei den Begriff “Nachrichtenkompetenz” als eine Fähigkeit der schon beim Verständnis von unabhängigem Journalismus und Demokratie beginnt und somit auch die Unterscheidung und Einordnung von Inhalten möglich macht.

Als Methodik haben sich die Autor*innen für eine Methodische Recherche sowie Expert*innen Inverviews entschieden. Der Think Tank wurde mit Grundprinzipien gestaltet, welche sich auch des Erkenntnissen der Arbeit ableiten lassen. Zusammengefasst wurde dieser als Website.

Gestaltungshöhe:
Bis auf einige Grafiken, die mir ein wenig zu klein vorkommen, ist die Arbeit sehr ansprechend und übersichtlich gestaltet. Schriftart und Anmutung sind sehr passend zur Zielgruppe, der Gen Z, gewählt und die Arbeit ist in sich auch sehr flexibel im Raster und wird auch nach über 100 Seiten nicht langweilig. Die Interviews und Steckbriefe haben außerdem viele individuelle Elemente und unterscheiden sich visuell klar von der anfänglichen Recherche.

Innovationsgrad:
Beim schnellen googlen konnte ich einige Artikel und Werke zur Nachrichtenkompetenz der Generation Z finden, die Arbeit ist mit Erscheinungsjahr 2022 auch realtiv akutell, daher schätze ich, das auch viele Quellen gefunden werden konnten. Trotzdem wirkt der persönliche Zugang in den Interviews, der entwickelte Think Tank und die ansprechende Gestaltung als ausreichender USP.

Selbstständigkeit:
Die Arbeit enthält eine umfangreiche Dokumentation der Arbeit in Schrift und Bildmaterial. Sie besteht aus einer sehr ausführlichen Recherche, Experimenten sowie einigen Interviews, somit ist festzustellen, dass es ein hohes Maß an Selbständigkeit gab.

Gliederung und Struktur:
Die Arbeit wikt im Durchblättern sehr klar, im Inhaltsverzeichnis zeigt sich aber eine nicht ganz so klare Gewichtung einzelner Themenblöcke.

Kommunikationsgrad:
Die Autor*innen verwenden eine wissenschaftliche, aber trotzdem zugängliche Sprache, welche die Inhalte verständlich vermitteln kann. Dadurch wird auch auf jene Rücksicht genommen, die dem Thema fremd sind. Neben verständlicher Sprache finden sich auch animierte Illustrationen (digitaler Content der Arbeit), welche ebenfalls so simpel gestaltet sind, um die Inhalte so einfach wie möglich zu kommunizieren.

Umfang der Arbeit:
Die Arbeit umfasst 210 Seiten, wobei die gesamte Arbeit, die in die Website, das gestalten von Videos und die Vorbereitung für die Interviews ging, hier nicht repräsentiert wird. Daher würde ich den Aufwand für eine Masterarbeit definitiv als gerechtfertigt ansehen.

Orthographie sowie Sorgfalt und Genauigkeit:
Ich konnte keine Mängel in Gestaltung, Aufbereitung oder Methodik feststellen.

Literatur:
Bis auf einige wenige Ausnahmen verwendet die Arbeit ausschließlich sehr aktuelle Quellen aus den letzten 3-5 Jahren. Die Autor*innen unterscheiden was die Ordnung angeht in ihrem Quellenverzeichnis nicht zwischen Internetquellen oder Büchern, was es teilweise schwierig macht diese ausfindig zu machen. Es lassen sich aber auffallend viele Quellen finden, die online zugänglich sind.

Quellen:
Betz, Theresa, Galle Jasmin, Lewandowski, Maja: future news lab. Ungedr. Master-Arbeit. HFG Gmünd, Schwäbisch Gmünd 2022, Seite 15

Konzept Experiment Plastik

In diesem Gedankenexperiment für ein Konzept möchte ich mich mit dem Thema Konsumverhalten und Mikroplastik auseinandersetzen. An diesem Punkt werde ich ein bestimmtes Wissen zum Thema voraussetzen. Wir alle wissen warum Plastik unserer Umwelt, dem Klima und uns selbst schadet.
Ich habe schon seit längerem nahgedacht ein Awareness Projekt zu Mikroplastik zu starten, allerdings recht lange damit gewartet. Die Frage ist, ob diese Awareness noch gebraucht wird oder vielleicht in anderer Form sichtbar gemacht werden kann? Dieses Jahr gab es dazu auch mehrere Artikel mit relativ reißerischem Titel, unter anderem von der APA:

Ein Mensch isst pro Woche eine Kreditkarte

APA (2022)

Dabei handelt es sich um die Menge von 5 Gramm, die ein Mensch durchschnittlich in der Woche zu sich nimmt.1 In dem Konzept würde ich gerne die Menge dieser 5 Gramm gemeinsam mit der Zeit in Verbindung bringen. Dafür würde ich Konsumgüter des täglichen Bedarfs aus Plastik sammeln und diese mithilfe der Organisation “Precious Plastic” schreddern.

Quelle: Precious Plastic Vienna. online auf: https://preciousplastic.wien/

Das Granulat lässt sich wiederum neu verarbeiten und mithilfe von Hitze neu pressen.

Quelle: Precious Plastic Vienna. online auf: https://preciousplastic.wien/

Die Idee wäre vorerst, die gesammelten Artikel zu Granulat weiterzuverarbeiten, um diese dann in jeweils 5 Gramm schwere Blätter zu pressen, um daraus wiederum einen Kalender zu machen. Damit würden die jeweiligen 5 Gramm der Woche haptisch greifbar gemacht werden können.

Skizze eigene Erstellung
1: Apa (2022) Ein Mensch isst pro Woche eine Kreditkarte. online auf: https://science.apa.at/power-search/4328225813542869552. Zugriff (20.06.22)

Recycling und Packaging

In meinen letzten Posts habe ich ja schon erwähnt, dass Recycling zwar beim Einkauf beginnt, im Grunde liegt die Verantwortung aber auch bei Herstellenden, die unklare Bedingungen schaffen, nach wie vor billig produzieren und es oft eine Frage des Einkommens ist, ob nachhaltige Produkte bzw. recyclebare Produkte ihren Weg in unsere Einkaufswägen finden.

Quelle: https://www.welt.de/iconist/partnerschaft/article173166768/Was-der-Einkauf-im-Supermarkt-ueber-die-Persoenlichkeit-aussagt.html

Unter “typischer Einkauf” findet sich dieses Bild auf Platz 2 der Google Bildersuche. Dieser Einkauf gehort laut Quelle einem “funktional-gekleideten, Mitte-20 jährigen, der bei Aldi einkauft”.
Eine auf den ersten Blick eher schwierige Einteilung und ob es wirklich repräsentativ ist, kann ich vermutlich bezweifeln. Allerdings lässt sich aber trotzdem ein relativ nachvollziehbares Bild davon machen, mit welchen unterschiedlichen Verpackungen wir es täglich zu tun haben. Und das ist vor allem in großen Mengen Plastik.

Verpackungen sind laut Markus Joutsela, Unterrichtender auf der Aalto Universität in Helsinki, beschreibt Verpackungen als besonders entscheidend, wenn es um Müllvermeidung oder Zirkularität bei Materialien geht, da nahezu welteit Menschen von dem Thema betroffen sind.

Every part of the packaging ecosystem and value chain is critical — from material choices, logistics and retail options to visual communication and branding. At each step of the way, there is an opportunity for a design intervention.

Markus Joutsela (2020)

Er beschreibt auch das Design als zentrales Element für die “User Experience and Education”.1
Es gibt einige Beispiele dafür in welche Richtung es gehen könnte. Sowohl kommerzielle Produkte, als auch Experimente/Awareness Projekte. Nachhaltiges Packaging Design muss, wie in einem vorigen Post bereits beschrieben keine grünen Pastellfarben enthalten, es sollte selbsterklärend sein und nur aus Komponenten bestehen, die auch tatsächlich notwendig sind und gebraucht werden. Es sollte klar erkenntbar sein woraus es besteht, wie es verwendet und auch wieder entsorgt wird.

Quelle: https://www.yankodesign.com/2014/11/03/spooning-advantage/
Designers: Yang Guo, Qiaoge Yang & Wenju Wu
Shohaib Iqbal: Bird Seed
Quelle: https://packagingoftheworld.com/2016/07/peckish-bird-seed-student-project.html

Beide Beispiele haben gemeinsam, dass es sich um Verpackungen handelt, die aus einem Material bestehen – Papier/Karton. Natürlich kann nicht jedes Lebensmittel so verpackt werden. Besonders spannend fand ich allerdings die Geschichte zum zweiten Projekt, dem Produkt für Vogelfutter. Da es sich um ein Studierenden Projekt handelt, welches online gestellt wurde, gab es besonders viele Informationen. Das Produkt entstand aus einem Kurs heraus, bei dem die Aufgabenstellung folgende war: ” Take an item from a supermarket shelf that is worth £1 (approx.) and then re-design and repackage the item and in someway give the product “added value”, so it can be replaced on the supermarket shelf and sold for double the price.”
Die Preisfrage, ob das Produkt nur aufgrund von Design einen höheren Preis erhalten sollte, ist etwas schwieriger zu beantworten. Da wir in einer Konsumgesellschaft leben, die dringend mehr Bewusstsein für ihre Gewohnheiten braucht, sollte grundsätzlich jedes noch so günstige Produkt Wert für uns haben und auch so aussehen. Der Preis eines Lebensmittel definiert sich außerdem auch oft noch durch die Bedingungen unter denen es produziert wurde und diese sind ebenfalls zu überdenken.

Projekt: From Peel to Peel, Emma Sicher, Free University of Bolzano
Quelle: https://www.dezeen.com/2018/11/13/sustainable-food-packaging-emma-sicher-peel/
Projekt: From Peel to Peel, Emma Sicher, Free University of Bolzano
Quelle: https://www.dezeen.com/2018/11/13/sustainable-food-packaging-emma-sicher-peel/

Ansatz der italienischen Designerin Emma Sicher, für ihr Projekt auf der Freien Universität Bozen, war es biologisch abbaubare Verpackungen aus fermentierten Bakterien und Hefe herzustellen, um ein Umdenken bei Verpackungen zu schaffen. Unternehmen sollten Verpackungen als natürliche “Schale” der Lebensmittel andenken. Daher kam das Projekt zustande aus Obst und Gemüseresten plastik-artiges Papier herzustellen.2 Ebenfalls aus Fruchtabfällen ist die “Temporary Hanbag” des Design Studios “Sonnet155”.

Temporary Handbag von Sonnet155
Quelle: https://www.dezeen.com/2021/04/27/sonnet155-lobke-beckfeld-johanna-hehemeyer-curten/?li_source=LI&li_medium=bottom_block_1


Doch wie sieht das Packaging der Zukunft aus? Recyclebar? Biologisch abbaubar?
Mittlerweile gibt es ein eigenes Masterprogramm in Spanien mit dem Titel “Beyond Packaging”, dass sich genau mit dieser Frage auseinandersetzt. Marc Panero, Graifker und Direktor des Masters erklärt in einem Interview über den Studiengang, dass reine Recyclebarkeit als Ansatz für die Zukunft nichtmehr ausreicht. Verpackungen müssen uns über unser Konsumverhalten aufklären. Er beschreibt in diesem Interview, dass Packaging Design bisher vor allem Markt getrieben war und die Bedürfnisse der Herstellenden befriedigen sollten. Design wird wiederum verwendet um eine emotionale Verbindung zwischen Menschen und Produkten herzustellen und damit das Kaufverhalten zu beeinflussen. Diese emotionale Verbindung muss neu konnotiert werden. Außerdem sei Packaging mittlerweile eine soziologische und politische Angelegenheit. Es gibt bestimmte, einzuhaltende Gesetze. Er argumentiert daher, dass auch andere Einflüsse aus Philosophie und Technologie in die Entwicklung von Packaging Ansätzen miteinzubeziehen wären. Unser Konsumverhalten, beschreibt er außerdem als sehr einflussreich, um Marken und Herstellende unter Druck zu setzen.3

1: Joutsela, Markus (2020): Purposeful packaging. online auf: https://helsinkidesignweek.com/2020/09/10/purposeful-packaging/?lang=en. Zugriff (20.06.22)
2: Hitti, Natashah (2018): Emma Sicher makes eco-friendly food packaging from fermented bacteria and yeast. online aus: https://www.dezeen.com/2018/11/13/sustainable-food-packaging-emma-sicher-peel/. Zugriff (20.06.22)
3: ELISAVA Disseny i Enginyeria BCN (2022). Master Beyond Packaging - Elisava. Montag, 7. März 2022 um 10:51 EST. https://vimeo.com/685507011. Zugriff (20.06.22)

Experiment: Wohin kommt eigentlich der Pizzakarton?

Um meinem letzten Artikel ein wenig auf den Grund zu gehen, habe ich eine kleine Umfrage auf Instagram durchgeführt, um herauszufinden, ob uns klar ist, was überhaupt wo weggeschmissen wird und mich absichtlich für zwei schwierige Beispiele entschieden. Wichtig für die Interpretation und “Auswertung” des Experiments: Es handelt sich um kein tatsächlich wissenschaftliches Ergebnis und muss somit als reines “Experiment” gewertet werden. Weiters sind alle Beteiligten, wie auf dem Screenshot steht, persönliche Bekannte und lebhaft in Wien. Daher beziehe ich mich bei den “richtigen” Antworten auch auf das sogenannte “Mist-ABC” der MA48.

Frage 1: Wohin werft ihr Pizzakartons…

den Restmüll oder die Altpapiertonne?

Quelle: Selbsterstellter Screenshot

Das Umfrage Ergebnis mit 15 gegen 12 Stimmen für den Restmüll ist eigentlich eine gute Repräsentation für die tatsächliche Regelung. Laut MA48 sind Kartons mit leichten Fettflecken problemlos im Altpapier zu entsorgen, befinden sich allerdings Essensreste in oder am Karton, ist dieser im Restmüll zu entsorgen.1 Die Frage ist somit auch bewusst “schwierig” oder “gemein” gestellt, allderdings hat nur eine einzige Person die richtige Antwort als anschließenden Kommentar geschrieben.

Frage 2: Eierschalen gehören in den …

Restmüll oder Biomüll?

Quelle: eigens erstellter Screenshot

Hier ist schon eine deutliche Tendenz spürbar mit 16 zu 9 Stimmen für den Biomüll – was ich wiederum auch sehr spannend finde, da ich mir nun natürlich die Frage stelle, ob die Personen dann auch immer die selbe Tonne nehmen, oder unter Umständen auch differenzieren, wie bei den Pizzakartons?
Das Mist-ABC stellt aber klar: Eierschalen sollen, entgegen der hier gezeigten Antworten in den Restmüll. Ich habe mich nun gefragt warum, da Wien tatsächlich das einzige Bundesland in Österreich ist, dass auf eine Entsorgung im Restmüll verweist.2 Leider konnte ich keine verlässlichen Quellen zu den Gründen finden, da die Entsorgung von Eierschalen in allen anderen Bundesländern und auch privat über die Biotonne oder den Kompost passiert. Es gibt Seiten, die behaupten, dass von den Eierschalen eine Salmonellengefahr ausginge, was allerdings nicht wirklich belegbar ist, da eine Gefahr nur dann bestehen würde, wenn die Konzentration massivst erhöhrt wäre – was bei einer normalen Entsorgungsmenge von privaten Haushalten kaum der Fall sein kann. Weiters sprechen viele über den Kalkgehalt der Schalen, der kann in hohen Mengen die Qualität des Kompost beeinträchtigen, wirkliche Gefahr geht hier aber auch nicht aus. Eierschalen können im Biomüll entsorgt werden (es ist keineswegs verboten), empfohlen wird von offizieller Seite aber die Entsorgung über den Restmüll.

Fazit

Mir ist natürlich bewusst mit diesen Fragen keine “echte” Umfrage ersetzen zu können bzw. Ergebnisse zu erhalten, die tatsächlich repräsentativ sind. Trotzdem finde ich die Zahlen sehr spannend und könnte mir vorstellen noch weitere (vielleicht auch größere) Umfragen zu machen, die zwar auch nicht repräsentativ für die Bevölkerung, aber vielleicht für einen bestimmten lokalen Bereich sind. Bsp. Ein Wohnhaus, Eine Wohnanlage im bewussten Vergleich mit einer anderen auf dem Land, ein Platz, ein Kindergarten etc. Außerdem fände ich es spannend weitere kontroverse Abfälle zu thematisieren, da ich mich für diese zwei Beispiele bewusst schnell, auch eher unüberlegt, entschieden habe, da ich hier selbst die Antwort nicht kannte. In meiner Recherche bei der Auswertung bin ich dann auf viele Dinge gestoßen, die mich überrascht haben und auch interessieren würde, “wer das sicher weiß”. Beispielsweise muss für die richtige Entsorgung eines Joghurt Bechers der Deckel vom Becher getrennt werden, ein mit Plastik versehener Briefumschlag (Sichtfenster) kann aber problemlos in der Altpapiertonne bleiben und recycelt werden.

1: Stadt Wien: Das Mist-ABC – Müll richtig entsorgen. online auf: https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/beratung/muelltrennung/mistabc.html. Zugriff (09.06.2022). Wien

2: w.o.

Recycling

In diesem Eintrag möchte ich mich mit dem Thema Recycling beschäftigen, wobei es vermutlich eine größere Studie bräuchte, um sich mit allen Mythen und auch Missständen dazu zu beschäftigen. Recycling ist eines der größten Themen in Bezug auf den Nachhaltigkeits-Trend. Im Supermarkt kaufen wir Produkte mit Recycling-Plaketten, die uns ein positives Gefühl geben und somit auch in unserem Einkaufswagen – und schließlich auch im Müll landen. In einem vorhergehenden Artikel, bin ich bereits auf das Thema Greenwashing und Labels eingegangen. Auch beim Recycling gibt es Verwirrung oder bewusste Unklarheit in Bezug auf Plaketten und Informationen.

Beispiel: Der Grüne Punkt

Eine spannende Kampagne aus dem Jahr 2021 von Two Degrees Creative und The Brand Identity macht derzeit die Kreativbranche auf das Symbol des Grünen Punktes aufmerksam. Der Grüne Punkt ist laut Angaben der Projektinititiatoren auf über 400 Milliarden Verpackungen weltweit und wird von über 130,000 Marken verwendet. Das Problem: Viele Konsument:innen denken, dass ein Produkt mit dem Grünen Punkt recyclebar ist, was auch an der Gestaltung: zwei nach innen gekehrte Pfeile, liegen kann. Die Ähnlichkeit mit dem Symbol für recyclebare Produkte ist relativ ähnlich. Allerdings steht der Grüne Punkt nur dafür, dass ein Unternehmen lediglicht Teil des Lizenzsystems geworden ist, das wiederum in Recycling investieren soll. Die Kampagne sorgte aber nicht nur für Aufklärung, sondern auch für Neugestaltung. Es gab zahlreiche Beiträge unterschiedlicher Designbüros/Kreativschaffenden, mit einem Redesign des Grünen Punktes.1

Quelle links: Wikipedia; Quelle rechts: Recycling.com


Beispiel: unklare Versprechungen beim Recycling

Ein weiteres Beispiel ist auch im Vortrag von Harald Gründl im Zuge des Designmonat Graz’ gefallen: (Daten aus einem anderen, gleichwertigen Vortrag inkl. Quelle) PET Flaschen gelten als 100% recyclebar, wirklich wahr ist das allerdings nicht. Leider ist es so, dass aus 1,4 T gesammelter PET Flaschen nur 1 Tonne neue PET Flaschen gewonnen werden können (und das bei ungefähr nur 70% in den Kreislauf eingeschleusten Flaschen). Die Bilanz wird leider auch schlechter: Denn obwohl beim ersten Recycling Durchgang noch die Hälfte bleibt, ist es nach dem zweiten Durchgang nur mehr ein Bruchteil.2

Recycling beginnt beim Einkauf oder doch bei den Herstellenden?

Das Beispiel vom Grünen Punkt zeigt: Recycling beginnt beim Einkauf und nicht erst an der Mülltonne. Doch: es wird uns nicht einfach gemacht. Ein großes Problem bleibt weiterhin die Transparenz, wenn es darum geht Produkte beim Kauf als recyclebar zu definieren. Neben der fehlenden Klarheit, sind es aber auch Verpackungen selbst, die das Recycling gar nicht so einfach machen. Beispielsweise gehören Joghurt Becher in den Restmüll, der Aludeckel in die gelbe Tonne. Oftmals ist es aber gar nicht so einfach, diesen abzulösen und das gilt für mehrere Verpackungen, die aus verschiedenen Materialien bestehen und getrennt recyclet werden müssen. Denn auch Plastik wird nur dann recyclet, wenn es Sortenrein ist: sprich, besteht eine Verpackung aus zwei Sorten Plastik, die aneinander haften, wird es nicht wiederverwertet.3

1: Gorny, Liz (2021): A new campaign wants to redesign the Green Dot, a symbol mistaken to mean recyclable. online auf: https://www.itsnicethat.com/news/two-degrees-creative-the-green-dot-graphic-design-171221 (07.06.2022)

2: Gründl, Harald (2021): Design für die Kreislaufwirtschaft. Vortrag. online auf: https://www.facebook.com/zumtobel.light/videos/design-f%C3%BCr-die-kreislaufwirtschaft/416683659611476/

3: Leiterer, Uwe (2018): Welches Plastik lässt sich recyceln? online auf: https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Welches-Plastik-laesst-sich-recyceln,plastik260.html

Aktionen für nachhaltiges Verhalten

Während sich nachhaltiges Design (vor allem im Produktdesign) im ursprünglichen Sinne damit beschäftigt wie Produkte zum Beispiel ihren Energieverbrauch möglichst gering halten, um damit einen postitiven Effekt auf die Umwelt haben, ist das Interesse an einer tatsächlichen Verhaltensänderungen von Nutzer*innen immer größer. Dass der Gebrauch einen ebenso großen Effekt auf soziale und ökologische Probleme hat führte zum sogenannten “Design für nachhaltiges Verhalten”.1

Tickets für öffentliche Mobilität
Bei der Frage nach Gestaltung, die konsumfrei ist und einen positiven Nebeneffekt auf ein nachhaltiges Zusammenleben hat, wollte ich mich zunächst mit dem Thema der Mobilität auseinander setzen. Eine der einfachsten Möglichkeiten etwas postitives für die Umwelt zu tun, vor allem in der Stadt, ist es auf das Auto zu verzichten und stattdessen öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad zu nutzen.
Zunächst wollte ich mich mit öffentlichen Verkehrsmitteln beschäftigen und darüber nachdenken, welche Anreize es möglicherweise geben könnte, diese nutzen bzw welche Rolle grafische Gestaltung dabei einnehmen könnte. Als grafisches Druckprodukt kamen mir sofort die Fahrkarten in den Sinn. Vorab möchte ich aber noch erwähnen, ein wirklicher Anreiz für den Kauf von Tickets vor Fahrtantritt ist vor allem der Preis, die Auswahlmöglichkeiten, Reduktionen oder Aktionen, eine möglichst barrierefreie Bedienung am Automaten (auch für Senior*innen) und auch: wenig Müllerzeugung, wogegen die Fahrkarten aus Papier natürlich sprechen. Wenn es allerdings ein funktionierendes einfaches Ticket-Kauf-System gibt, mit der Option dieses gleich aufs Smartphone zu bekommen (zB mit QR Code), könnte über “Sondertickets” bzw Promo-Aktionen oder Ideen für Tourist*innen gedacht werden, die ebenfalls den öffentlichen Verkehr nehmen, sofern dieser einfache Nutzungsmöglichkeiten bietet.

Quelle: https://www.berlin.de/tourismus/infos/verkehr/nachrichten/7172185-4357821-bvg-hanfticket-fuer-gelassenheit-waehren.html

An die Idee ein Ticket zum Beispiel aus essbarem Papier für eine Promo-Aktion herzustellen, dachte auch schon der Nahverkehr von Berlin und startete das Hanfticket, mit dem die Stadt für 1 Tag lang erkundet werden konnte. Das Essbare Papier enthielt Hanföl und warb deshalb mit Sprüchen für mehr Gelassenheit.2

Was wäre also, wenn eine Stadt wie Graz oder Wien, ihr 24h oder halb-Tages Ticket im Rahmen einer Aktion auch tauschen würde, beispielsweise gegen Tickets aus Samenpapier. Dadurch könnten zB Tourist*innen am Hauptbahnhof ihr Ticket erwerben, Richtung Innenstadt fahren und diese dann begrünen. Das Ticket könnte aber auch aus ganz anderen Materialien hergestellt werden, könnte auf auf spannende Orte und Routen verweisen, in Kooperation mit anderen Unternehmen einzusetzen sein (zB CityBike, Museen, usw).

Quellen:

1 Nynke Tromp, Paul Hekkert und Peter-Paul Verbeek. Design for Socially Responsible Behavior. A Classification of Influence Based on Intended User Experience. Sommer 2011. Design Issues 27,3: 3–19.

2 BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG. BVG (2021): «Hanfticket» für Gelassenheit während der Feiertage. online auf: https://www.berlin.de/tourismus/infos/verkehr/nachrichten/7172185-4357821-bvg-hanfticket-fuer-gelassenheit-waehren.html

Gestaltung für nachhaltige Mobilität

Ein Thema, welches einen wesentlichen Teil zu einer nachhaltigen Lebensweise beiträgt, ist wie wir uns fortbewegen. In Zukunft müssen Modelle wie der öffentliche Verkehr, Radfahren bzw. zu Fuß gehen in Städten, aber auch Sharing-Modelle an Attraktivität gewinnen, um mehr Menschen davon zu überzeugen/zu lösen kein eigenes Auto zu besitzen und wenn, dann dieses unter Umständen auch zu teilen.

Im letzten Semester habe ich mich unter anderem viel damit beschäftigt welche Methoden es gibt Menschen in ihrem Verhalten zu beeinflussen, beziehungsweise in einen Anstoß in die richtige Richtung zu geben. Eine Möglichkeit war jene des Default-Modus als Teil der Nudging Theorie. Diese besagt, dass wenn die bereits vorgegebene Möglichkeit eine nachhaltige ist, wird die Schwelle jenes Angebot dann auch tatsächlich zu nutzen kleiner. Außerdem sei Transparenz bei dieser Vorgabe erwünscht. Denn auch mit dem Wissen über den Default Modus, wird die Akzeptanz nicht weniger. Was bedeutet das zum Beispiel für alternative Mobilitätsmodelle? Und, welche Rolle kann hier Gestaltung übernehmen? Natürlich ist klar, dass Design hier eine Maßnahme ist, die schon auf ein funktionierendes System aufbauen muss. Gestaltung ersetzt in keinem Fall die Aufgabe den öffentlichen Verkehr zur einfachsten und auch schnellsten Mobilitätsform zu machen. Auch, ersetzt es keine aktive Stadt, die ihre öffentlichen Räume mit Radwegen oder angemessenen Gehwegen ausstattet. Allerdings kann Design Aufmerksamkeit schaffen sowie Trends setzen.

Unsere Städte haben ein Platzproblem

Quelle: https://www.greenfinity.foundation/en/world-bicycle-day

Bei der Frage nach umweltfreundlicheren Mobilitätslösungen bzw. nachhaltigeren Städten kommen häufig Bilder wie dieses zum Einsatz, die den Platzverbrauch des motorisierten Individualverkehrs deutlich machen. Autos sind allerdings nicht nur im aktiven Straßenverkehr ein Platzproblem. Auch der ruhende Verkehr, also parkende Autos, nehmen große Teile des öffentlichen Raumes ein. Warum das so ist, hat mehrere Gründe. Einerseits ist es extrem günstig: Am Beispiel Graz zeigt sich, wer in der grünen Zone einen Stellplatz für sein Auto braucht, zahlt in etwa 200 Euro für zwei Jahre, das sind weniger als 1 Euro pro Monat für einen Quadratmeter Fläche. Neben den Kosten sind Autos nach wie vor Prestige Objekte. “Fahrradfahren hat ein Imageproblem” so BikeCityGuide-Gründer Kofler im Interview (Sammer: 2014).1 Das Autos ein Umweltproblem darstellen, muss an dieser Stelle nicht diskutiert werden, dass unsere Städte aber auch ohne bzw. mit nur wenigen Autos attraktiver und lebenswerter sein können, kann offensichtlich nicht genug besprochen werden.

Quelle: https://www.researchgate.net/figure/Bike-stands-displaying-the-silhouette-of-a-car-Malmoe-Sweden-Source-Photo-by-author_fig2_344924544

Was sind aber nun Beispiele für gestalterische Eingriffe? Fahrradständer aus der Innenstadt von Malmö zeigen wie subtil transparente Gestaltung sein kann, wenn Designer*Innen jenes Thema bedienen. Sie zeigen die Silhouette eines Autos und machen den Platzverbrauch im Alltag sichtbar.

Quellen: Sammer, Christoph (2014): „Radfahren hat ein Imageproblem!“ online auf: https://www.meinbezirk.at/graz/c-wirtschaft/radfahren-hat-ein-imageproblem_a1053313 (20.03.2022)

Wie sieht Nachhaltigkeit aus?

In den letzten Beiträgen ging es vor allem darum, dass obwohl es bereits genug Awareness gibt, Nachhaltigkeit mehr Trend ist, als tatsächlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Zum Beispiel sind Produkte in nachhaltigeren Verpackungen oder auch vegane Lebensmittel nach wie vor viel teurer als ihre umweltschädlichen Alternativen. Auch die Gestaltung ethischer Produkte (sowie jene der Green Washing Produkte) hat ein Branding, dass nicht jede*n anspricht. Doch genau dieses repräsentiert den Aktivismus gegen die Klimakrise.

a soft tone of voice, pastel colours and cute claims. No way! Sustainable brands can have a bold, fearless, unapologetic message and express it accordingly through graphic design too.2

Mario Mimoso (2021)

Natürlich haben nicht alle nachhaltigen Produkte ein pastellgrünes Blatt in ihrem Logo, trotzdem ist es wichtig zu betrachten, dass die grafische Gestaltung noch sehr oft diese Sprache spricht. Gerade plastik oder unethische Produkte generell waren in der Vergangenheit erfolgreich, weil sie einfach zu benutzen, günstig in der Herstellung und bisher in jedem Preissegment einsetzbar waren. Ein Produkt in Karton lässt für viele Verbraucher*Innen oftmals schon einen höheren Preis anmuten.1

Nachhaltige Initiativen durch unnachhaltige Unternehmen?

In der Recherche zu Initiativen für nachhaltigere Produktion, Forschung und Entwicklung von Produkten fällt auf, dass dahinter oft Unternehmen stehen, die ihr Image verbessern wollen. Beispielsweise ist die “No Waste Challenge” für Gestalter*Innen weltweit ausgerufen von IKEA. Auch das IKEA interne Research Studio Space10, hat schon einige zukunftsweisende Projekte geschaffen.3 Im vorigen Beitrag ging es auch darum, dass nachhaltige Designarbeit dann entsteht, wenn zum Beispiel ausschließlich mit den entsprechenden Kund*Innen gearbeitet wird. Wie also zu solchen Projekten stehen? Eine Interessante Meinung dazu kommt von Bruce Mau, der die Diskussion um eine nachhaltigere Designbrache vor allem mit dem Buch “Massive Change” geprägt hat. Dieser hat bereits in seiner frühen Karriere mit Coca Cola zusammengarbeitet und wurde dafür auch von vielen Seiten verurteilt. Seine Idee dazu war, das Unternehmen in seiner Vorbild Funktion zu nutzen: Wenn hier nachhaltiger produziert wird, dann folgen auch andere. Ein anderer Designer, Mario Mimoso hat ebenfalls einen Ansatz zu der Arbeit mit Kund*Innen beigetragen. In einem Interview mit “It’s Nice That”, beschreibt er, dass er zunächst versuchen würde, Kund*Innen eine ethische und nachhaltigere Route vorzuschlagen. Beim direkten Ablehnen von Aufträgen würden nur andere Gestalter*Innen nachrücken, die den Job dann nach Kund*Innenwunsch ausführen. Dann wäre auch die Chance nicht mehr da, das Unternehmen vielleicht auf den richtigen Weg zu bekommen.4

Brewer, Jenny (2021): What Design Can Do asks creatives to solve our waste problem. online auf: https://www.itsnicethat.com/news/what-design-can-do-no-waste-challenge-creative-industry-150321 (30.01.2021)



Es ist sicherlich nicht einfach die richtigen Entscheidungen bei der eigenen Arbeit zu treffen. Allerdings ist es notwendig über die unterschiedlichen Möglichkeiten nachhaltiger Designpraxis bescheid zu wissen und zu versuchen eine entsprechende Position zu vertreten. Das kann über Material, Haltung, Weiterbildung oder sozialem Nutzen passieren. Nachhaltige Gestaltung sollte keine Klischees erfüllen, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. Um von der Nachhaltigkeit auch schließlich in eine zirkuläre Zukunft zu gehen, helfen zB im Produktdesign die “Circular Design Rules”5. Vielleicht können ein paar davon auch für Grafik Designer*Innen hilfreich sein oder in diesem Feld eine Neudefinition finden.



Quellen:
1 Boddington, Ruby (2021): Fight from the inside-out or boycott brands? How graphic designers shape a more sustainable and ethical food system. online auf: https://www.itsnicethat.com/features/how-graphic-designers-shape-a-more-sustainable-and-ethical-food-system-graphic-design-251121
2 Mimoso Mario (2021) zit. nach Boddington, Ruby (2021): Fight from the inside-out or boycott brands? How graphic designers shape a more sustainable and ethical food system. online auf: https://www.itsnicethat.com/features/how-graphic-designers-shape-a-more-sustainable-and-ethical-food-system-graphic-design-251121
3 Brewer, Jenny (2021): What Design Can Do asks creatives to solve our waste problem. online auf: https://www.itsnicethat.com/news/what-design-can-do-no-waste-challenge-creative-industry-150321 (30.01.2021)
4 Boddington, Ruby (2021): Fight from the inside-out or boycott brands? How graphic designers shape a more sustainable and ethical food system. online auf: https://www.itsnicethat.com/features/how-graphic-designers-shape-a-more-sustainable-and-ethical-food-system-graphic-design-251121
5 Diez, Stefan: Circular Design Guidelines. online auf: https://www.diezoffice.com/circular-design-guidelines/ (31.01.2022)

Nachhaltige Projekte: Best Practice

Die Branche verändert sich, die Forderung nach einem Wandel, wird nicht nur unter Konsument*Innen sondern auch von Seiten der Gestaltenden immer mehr spürbar.

Diese Transformation findet schon heute statt und sie ist steuerbar. Das Design kann seinen Teil dazu
beitragen, indem es Wege für einen umfassenden Wandel zu einer nachhaltigen Gesellschaft aufzeigt.1

Liedtke, C.; Kühlert, M.; Huber, K.; Baedeker, C. (2019)

Designer*Innen haben erkannt, dass sie einen wesentlichen Beitrag zum Diskurs und auch zur tatsächlichen Verbesserung von Lebenswelten leisten können. Erkenntlich macht es sich auch in den Designdisziplinen selbst, in denen interdisziplinärer gehandelt und auch gelehrt wird. Neue Felder, wie das Social Design oder Spezialisierungen auf Ökologische Gestaltung zeigen, dass die nächste Generation an Design Schaffenden veränderte Werte haben und auch weitertragen wollen.2

Umdenken schaffen durch Anstoßen?

In der Verhaltensökonomie wurde 2017 die Theorie des “Nudging” mit einem Nobelpreis prämiert. Dem Nudging liegt die Idee zugrunde, dass Menschen nicht, wie meist in der Ökonomie angenommen, nach dem wirtschaftlich rationalen Nutzen handeln, sondern sich von bestimmten Anreizen beeinflussen lassen. Die Theorie des Nudging findet sich auch in nachhaltiger Arbeit, wenn es darum geht, Anstöße zu kreieren, die Barrieren abbauen und es einer Gesellschaft einfacher machen, bessere Entscheidung für sich und ihre Mitmenschen zu treffen. In der Politik und der Gestaltung von Systemen, sieht es dann so aus, dass Strategien vor allem dann angenommen werden, wenn sie besonders einfach & barrierefrei, mit Erinnerung und im Einklang mit Sozialen Normen funktionieren. Der einfachste und wirkungsvollste Nudge ist der sogenannte Default Modus, also alles, was automatisch vorgegeben ist, wie beispielsweise Beidseitigkeit bei Druckern usw. In ihrer ursprünglich gedachten Form sind Nudges übrigens nichts, das vor Benutzer*Innen verheimlicht wird, sondern in den öffentlichen Diskurs miteinfließen sollen. Auch Studien haben gezeigt, dass es keinen Einfluss auf die Wirksamkeit hat, wenn im vorhinein transparent kommuniziert wird, warum es manche Voreinstellungen gibt.
Viele Systeme erfordern ein Neudenken und dieses beginnt schon bei der Gestaltung und Kommunikation.3

Mit dem Nudging in der Grafik arbeiten?

Zuerst klingen die Ansätze nicht nach dem täglich Brot von Gestaltenden, allerdings ist gerade die Designbranche verantwortlich Trends zu schaffen. Mit dem Gedanken an Trends, wird schnell klar: Nachhaltigkeit ist schon ein Trend. Mit dem Beitrag zu Greenwashing wurden schon einige Methoden der Werbeindustrie besprochen, um vermeintlich “grüne” Produkte als solche dastehen zu lassen. Zunächst klingt das nach einer Sackgasse, Nachhaltigkeit besonders glaubwürdig nach Außen zu tragen, doch so schlecht kann das derzeitige Bewusstsein doch nicht sein? Vielleicht geht es mittlerweile weniger darum Awareness zu schaffen, sondern um Transparenz.

Drucken mit Nachhaltigkeit – Ausflug ins Grüne von Melissa Fiebig

In ihrer Masterarbeit “Ausflug ins Grüne” beschreibt die Designerin und ehemalige Studentin der Bauhaus Universität in Weimar, Melissa Fiebig Möglichkeiten der nachhaltigen Produktion von Druckerzeugnissen. Neben dem Papier gibt es laut Fiebig auch noch andere Optionen, die Print Produkte grüner machen und diese beginnen bei der Wahl der Typografie, Farbauftrag, Format und Drucktechnik. Zum Beispiel sparen einfärbig gedruckte Produkte Ressourcen, da die Offsetplatten nur einmal, anstelle von viermal belichtet werden müssen.
Auch Recyclebarkeit ist ein entscheidendes Kriterium, das sich auch in der Wahl der Bindung finden lässt. Broschüren mit zB Klammerheftung statt Klebung, können einfacher recyclet werden, da im Deinking-Prozess die Klammern einfach ausgesondern werden können. Die Wahl des Fomates ist entscheidend, wenn es zB über Verschnitt geht und Material eingespart werden kann. Ressourcen sparen mit Typografie ist möglich, wenn zb Platzsparende Schriften für einen geringeren Umfang an Seiten sorgen. Natürlich spielen dann auch die Wahl der Farben und des Papieres eine große Rolle.3

Digitale Nachhaltigkeit – Ressourcenschonende Websites

Eine Möglichkeit auch im Web-Bereich Ressourcen zu schonen zeigt zb die Website des Low Tech Magazines. Generell ist die Seite betrieben durch Solar Energie und geht auch manchmal offline. Zur Gestaltung der Seite wurden Standardschriften, Bilder mit verringerter Farbtiefe (dithered Images) und offline Leseoptionen verwendet. Aufgrund des geringen Ressourcenbedarfs und Design ist der Blog auch für Besucher*Innen mit älteren Computern und/oder weniger zuverlässigen Internetverbindungen zugänglich.4

Design-Forschung mit Nachhaltigkeit – Soziale Ungleichheit und digitale Souveränität

Das Design Research Lab der UdK (Universität der Kunste Berlin) unter Leitung von Prof. Dr. Gesche Joost beschäftigt sich unter anderem mit sozialer Ungleichheit und digitaler Souveränität. Ein interdisziplinäres Research-Team hat sogenannte Reallabore ins Leben gerufen, in denen der Umgang von Individuen und Kollektiven mit den immer komplexer werdenden Technologien untersucht wird. Ziel des Projekts ist ein Diskurs der “Technik und Digitalität als gestaltbare Prozesse begreifen lassen.”5

Kund*Innen mit Nachhaltigkeit – Studio Vald

Das Studio im Waldviertel gegründet von zwei Designschaffenden (ehemalig bei Jung von Matt, Werbeagentur) arbeitet ausschließlich mit Kund*Innen aus Kunst und Kultur, oder die ein nachhaltiges Produkt haben bzw achtsam arbeiten.6

Quellen:
1 Liedtke, C.; Kühlert, M.; Huber, K.; Baedeker, C. (2019): Transition Design Guide – Design für Nachhaltigkeit. Gestalten für das Heute und Morgen. Ein Guide für Gestaltung und Entwicklung in Unternehmen, Städten und Quartieren, Forschung und Lehre. Wuppertal Spezial Nr. 55, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Wuppertal. Online verfügbar: https://wupperinst.org/design-guide ISBN 978-3-946356-13-4 (16.01.2022)
2 Umweltbundesamt, Hrsg. (2016) Nudge-Ansätze beim nachhaltigen Konsum: Ermittlung und Entwicklung von
Maßnahmen zum „Anstoßen“ nachhaltiger Konsummuster. online auf: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017-08-22_texte_69-2017_nudgeansaetze_nach-konsum_0.pdf. Berlin (16.01.2022)
3 Nieberding,Taalke (2017) Interview: Ökologische Nachhaltigkeit mit Design. online auf: https://www.viaprinto.de/blog/2017/03/nachhaltiges-grafikdesign/ (16.01.2022)
4 Kris De Decker: About this website. online auf: https://solar.lowtechmagazine.com/about.html#who (16.01.2022) Barcelona
5  Herlo, Bianca.Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft. Inequality and Digital Sovereignity. online auf: https://www.drlab.org/project/inequality-and-digital-sovereignty/ (16.01.2022) 
6 Der Standard (2017) Vald: Eine neue Agentur für die gute Sache. online auf https://www.derstandard.at/story/2000119402966/eine-neue-agentur-fuer-die-gute-sache (16.01.2022)