Vorstellung Themenbereich MA-Arbeit
Zum Abschluss des dritten Semesters möchte ich diesen Blogeintrag der Vorstellung meiner weiteren Recherchearbeit widmen und damit gleichzeitig davon erzählen, womit ich mich auch für meine Masterarbeit auseinandersetzen möchte. Im Zuge einer Lehrveranstaltung wurde ich mit der Frage konfrontiert: Wie einfach kann es sein und wie komplex muss sein, damit die Gestaltung funktioniert? Dies führte mich in meinen Überlegungen über das tatsächliche Projekt hinaus und ich begann mich zu fragen, welche Rolle die Reduktion auf das Wesentliche für mich als Texterin und Gestalterin spielt. Ich stellte fest, dass die Frage nach der Essenz – also dem, was wirklich kommuniziert werden soll – immer den Anfang bildet. Wird dieser Kern nicht klar herausgearbeitet und der Inhalt damit ungenau definiert, wird Gestaltung nicht zum kommunikativen Instrument, sondern zur inhalts- und ausdrucksschwachen Behübschung. In weiterer Folge fiel mir auf, dass eben die Besinnung und die darauffolgende Reduktion auf den Kern einer Sache viele Bereiche des Lebens bereichert. Wie der Literat Antoine de Saint Exupéry sagte: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ Ganz ähnlich auch die Worte von Albert Einstein, also einer Stimme der Wissenschaft: „Man soll die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher.“ Einfachheit, Reduktion, Simplizität, Minimalismus – all diese Begriffe spielen für mich persönlich eine wichtige Rolle und ich begann, sie in einem weiteren Kontext zu betrachten.
Einfach zu viel
Wir befinden uns an einem Punkt, in dem sich die Gesinnung eines „Immer-Mehr“ nicht als zukunftsfähig erwiesen hat. Überfluss trägt weder im materiellen (Besitz) noch im immateriellen (Information, Macht) Sinn zu einer Lebensweise bei, die auf Ressourcen achtet und Lebensqualität fördert. Durch die Anhäufung von Besitz, Information oder Macht beuten wir uns selbst und unsere Erde aus. Mithilfe von Technologie hat der Mensch Vernetzung und Informationsaustausch vorangetrieben. Dies hat viele positive, jedoch auch negative Auswirkungen. Die Menge an zu verarbeitenden Informationen, die durch die Digitalisierung gestiegen ist, führt u.a. zur emotionalen Erschöpfung1. Die Freiheit, auf Webseiten und Social Media Informationen als Fakten auszugeben, die mangelnd recherchiert sind und nicht der Wahrheit entsprechen („Fake News“) lassen das Vertrauen von Menschen in die Kommunikation über alle Medien hinweg schwinden. Zunehmend macht sich eine Müdigkeit gegenüber dem Medienkonsum breit2. Als Kommunikationsdesigner:innen dürfen diese Entwicklungen nicht spurlos an uns vorübergehen.
Kommunikationsdesign: Verantwortung und Chance
Die Augen liefern dem Menschen rund 80 Prozent seiner Sinneswahrnehmung3. Das, was wir sehen ist also maßgeblich daran beteiligt, wie vielen Informationen wir ausgesetzt sind und wie wir unsere Umwelt begreifen. Als Gestalter:innen tragen wir Botschaften hinaus in die Welt und damit einen Großteil dazu bei, was und wie Menschen etwas sehen. Daraus resultiert die Verantwortung, uns genau überlegen zu müssen, was und wie kommuniziert wird. In beratender und ausführender Tätigkeit können wir diese Verantwortung nützen und uns auf das konzentrieren, was den zuvor beschriebenen Konsequenzen des Überschusses entgegenwirkt: Kommunikation, die zu sinnvollem Informationsaustausch beiträgt und Lebensqualität nicht schmälert, sondern fördert. Damit wir eine solche glaubwürdige und bereichernde Kommunikation wieder in den Fokus der gestalterischen Arbeit rücken, müssen wir uns auf das Wesen des Inhalts konzentrieren und uns damit auseinandersetzen, wie wir diesem Wesen in authentischer textlicher und visueller Form Ausdruck geben. Es geht um die Frage, was wirklich wichtig ist, was wirklich gesagt oder gezeigt werden soll. Diese Besinnung auf das Wesentliche ist in vielen Bereichen unseres Lebens gängige Praxis: In Form des postmodernen Minimalismus ist Reduktion zum Designtrend geworden. Psychologie, Medizin, Sport oder Glauben wenden diese jedoch bereits seit Langem methodisch an. Nicht zuletzt spielt in all diesen Bereichen auch die Frage nach unserer eigenen Identität und der Essenz des Lebens eine bedeutende Rolle.
Ausblick der Arbeit und weitere Schritte
Diese Arbeit soll sich auf die Suche nach dem Essentiellen machen. Zunächst möchte ich der eigentlichen Bedeutung von Kommunikation auf den Grund gehen. Durch die Verbindung unterschiedlicher Disziplinen möchte ich versuchen, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir uns sowohl als Menschen als auch Gestalter:innen auf das besinnen, was wirklich wichtig ist. Der derzeitige Einstieg in das Thema ist bewusst breit und offen angelegt. Anhand von Literaturrecherche, Gesprächen sowohl mit Vertreter:innen der Kreativbranche als auch anderer Disziplinen und eigener Erfahrung während meines bevorstehenden Praktikums in Berlin soll zunächst die tatsächliche Forschungsfrage definiert werden. Damit wird das Thema der Suche nach dem inhaltlichen Kern auch zum Gebot der bevorstehenden Zeit.
1Barmer (o.D.): Studie zur Digitalisierung der Arbeitswelt. In: barmer.de, https://www.barmer.de/ueberuns/barmer/versorgungsforschung/studie-digitalisierung-1056722
2Kreye, Andrian (28.07.2022): Erschöpft vom digitalen Dasein. In: Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de/kultur/digital-burnout-soziale-medien-news-fatigue-1.5629561?reduced=true
3Wengel, Andrea (o.D.): Sehen. In: Planet Wissen, https://www.planet-wissen.de/natur/sinne/sehen/index.html (zuletzt aufgerufen am 14.01.2023)