Bildwahrnehmung in der Werbefotografie

Die Werbefotografie ist seit den 50er Jahren nicht aus der konsumorientierten Gesellschaft wegzudenken. Was ist also wichtig in der Werbefotografie? Es geht nicht nur um den Inhalt des Bildes, sondern um die zu vermittelnden Emotionen. Jedes für Werbezwecke eingesetzte Bild hat eine klare Aufgabe – Information weiterzugeben. Ganz ohne dass die Betrachterin oder der Betrachter etwas lesen muss. Somit läuft eines in der Werbefotografie immer gleich: zu vermittelnde Gefühle stehen im Vordergrund.

Immer ist das fotografische Bild mehr als die Summe der abgebildeten Gegenstände; Informationen und Bedeutungen werden über das gesamte Beziehungsgefüge der Objekte, die Räumlichkeit, die Atmosphäre des Bildraums sowie Gliederungen, die über Bildlinien, Flächen und Helligkeits- oder Farbkontraste hergestellt werden, transportiert.

Pilarczyk, Ulrike; Mietzner, Ulrike

Neben den technischen Faktoren zum guten Ablichten des gewünschten Objekts sind also stilistische Mittel wichtig.
Werbe- und Lifestile-Fotografie will nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern ansprechend und zugleich informierend sein. Wie Menschen Bilder grunsätzlich wahrnehmen, ist historisch und kulturell geprägt und von eigenen und allgemeinen Erfahrungen abhängig. Durch Erfahrung der Schwerkraft entsteht beispielsweise bei “schweren Objekten”, dunklen oder großen Elemente ein Zug nach unten. Menschen projezieren ihre Raumorientierung in ein Bild. Die Leserichtung von Links nach Rechts ist ein weiters Beispiel für einen Faktor, der Einfluss auf die Bildwahrnehmumg haben kann.

Bei einer Bildbetrachtung folgt sofort ein Deutungsversuch. Das blose Hinschauen verursacht das projezieren der eingenen innenen Symbolwelt auf das Gesehene. Das grafische Vokabular übersetzt gesehende Gegenstände in Symbole und diese Symbole in Bedeutungen. Als erstes werden Umrisse abgebildeter Objekte wahrgenommen. Das ist ein möglicher Grund dafür, warum Linienzeichnungen und besonders Linienicons einfacher verständlich und oft als schnelle Informationsvermittler in Gebrauch sind. Umrisse werden schnell wahrgenommen und gemerkt, weshalb das Gehirn von einem einzelnen Umriss auch wieder auf ein ganzes Objekt schließen kann.

Aus der teils gelernten und teils angeborenen Bildwahrnehmung resultieren Gestaltungsmethoden. In der Gestaltungstheorie gibt es verschiedene Regeln, die die Reihenfolge der Objektwahrnehming beschreiben. Einfache uns stabile Formen werden zuerst wahrgenommen. Ähnliche oder nahe beieinander liegende Objekte werden als Einheit aufgefasst. Geometrische Anordnungen wirken harmonisch, weil das Gehirn optische Reize ordnen, in Regelmäßigkeit bringen und aufs Wesentliche reduzieren möchte.

Reckteckige Bilder, seien sie hochformat oder querformat, haben eine tradidionsbedingte Beliebtheit. Ein Foto ist üblicherweise rechteckig, dennoch könnte ein runder Rahmen den Fokus noch mehr ins Zentrum rücken.

Ein zweidimensionales Bild lebt von der erdachten Dreidimensionalität. Durch Anordnung der Objekte in Vorder-, Mittel- und Hintergrund entsteht die Tiefendimension, die Bilder stärker wirken lässt. Automatisch kreiert das Gehirn einen räumlichen Standpunkt. Zu diesem naheliegende Objekte scheinen wichtig. Die Zentralperspektive hat sich kulturell bedingt beliebt gemacht. Hier laufen Linien, die nicht paralell zur “Filmebene” laufen, in einen Fluchtpunkt. An diese  orientiert sich der erste Blick am meisten.

Zwei weitere Punkte sind ebenso relevant. Der geometrische Mittelpunkt auf planimetrischer Ebene: dominante Linien und Flächen, die sich durch die Komposition ergeben. Und einen dritten Punkt stellt das zentrale Hauptobjekt dar. Dieses wird eher bewusst wahrgenommen, während die anderen im Unbewussten einen Eindruck hinterlassen. Eine bewusste Komposition aus diesen drei dominanten Punkten kann Spannungen oder Harmonien erzeugen und gewünschte Emotionen unterstützen.

Neben Punken leiten auch bewusst oder unbewusst wahrgenommene Linien und Flächen den Blick. Schon kleine Farbunterschiede können solche Formen bilden. Gewisse Formen haben zusätzlich noch eine wirkende Bedeutung, wie etwa ein Quadrat im vergleich zum Kreis mehr Stabilität vermittelt.

Schließlich beeinflussen Licht und Schatten in all ihren Formen, Farbe und ein bewusster Einsatz von Schärfe und Unschärfe die Wahrnehmung einer Fotografie. Farbwahrnehmung ist mehr als alles andere von Erfahrung und Kultur geprägt und befindet sich, wie Symbolik und Sprache generell, im ständigen Wandel. Diese Mittel sind jedoch die wichtigsten Werkzeuge, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Und eine bestimmte Atmosphäre erzählt etwas, informiert und regt Emotion in Betrachterin oder Betrachter an.


Pilarczyk, Ulrike; Mietzner, Ulrike: Das reflektierte Bild. Die seriell-ikonografische Fotoanalyse in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2005

Schuster, Martin: Fotos sehen, verstehen, gestalten. Eine psychologie der Fotografie. Berlin: Springer 2005

Kids and Interaction (IV): The importance of the ICT in learning environments.

We are all aware that Information and Communication Technologies (ICT) are making inroads and entering each and every sector of our society, including educational institutions, an area in which ICT has become a means of educational innovation.

Educators and students are currently facing a “galaxy of technologies” (Cabrero Almenara 2010), which allow educators to break down barriers that include space-time, among others. A galaxy that is governed by the Internet, a great current competitor to textbooks, which opens the doors to information, to sharing personal visions and also to transmitting knowledge.

Today’s classrooms are full of technology, although it is true that there is a great “digital divide” (Cabrero Almenara 2004), the reality is not the same in all schools, institutes or centres, nor in all countries. Even so, many of them replace traditional blackboards with projectors and other technological resources in their classrooms.

So, if there are so many technologies, what is the problem, and where does this fear of ICT come from? Mark Prensky presents a possible answer to this question in 2001, with the difference between “Digital Natives” and “Digital Immigrants”. The world is changing, and so should education: “Our students have changed radically. Today’s students are no longer the people our educational system was designed to teach. (Prensky 2001).

These individuals are the first generations to be born surrounded by computers, video games and technologies in general, making digital language their native language. This makes their way of thinking completely different from that of previous generations, which creates a significant gap when it comes to speaking the same language. Here is the problem, these Digital Immigrants do not believe that their students can study in front of ICT because they cannot (they were not born surrounded by ICT, they are not used to it) (Prensky 2001). This leads them to keep the same educational methods that were applied to them, missing great learning opportunities for these Digital Natives.

So, is it the Digital Natives who must give up their way of thinking, or is it the Digital Immigrants who must adapt? The first option will largely involve forgetting to educate these individuals until they are old enough to educate themselves. The second option will simply consider introducing these new media into the classroom.

This option is straightforward, as there are now a wide variety of video games or interactive experiences focused on education. When a student interacts with his or her environment, plays games and even has fun, he or she will internalise more of the content received (Sanford & Madill 2007; Schaaf 2012).

Therefore, we must lose the fear of ICT in education, and start to see it as a way to improve it. Educating with and for ICT.

REFERENCES

Cabero Almenara, Julio. «Los retos de la integración de las TICs en los procesos educativos. Límites y posibilidades». Perspectiva Educacional, Formación de Profesores, 2010. 

Prensky, Marc. «Digital Natives, Digital Immigrants». On the Horizon, October 2001. 

Prensky, Marc. «Digital Natives, Digital Immigrants Part 2». On the Horizon, December 2001. 

Sanford, Kathy, y Leanna Madill. «Understanding the Power of New Literacies through Video Game Play and Design». Canadian Journal of Education, 2007. 

Typografie – Geschichte 03

Von der NS-Zeit bis zum Desktop-Publishing 

Typografie der NS-Zeit 

1933 wurde unter dem Druck der Nationalsozialisten das Bauhaus aufgelöst. Vereine und Institutionen, die nicht mit den Rechtsradikalen kooperieren wollten, lösten sich selbst auf, zum Beispiel die Typografische Gesellschaft München. Systemkritische Dozenten der künstlerischen und grafischen Ausbildungsstätten wurden vertrieben. Paul Renner wurde als Direktor der Meisterschule für Deutsche Buchdrucker zwangspensioniert, Willi Baumeister als Lehrer für Werbegrafik und Typografie an der Frankfurter Kunstgewerbeschule entlassen und Jan Tschichold musste zuerst ins Gefängnis und ging dann ins Exil in die Schweiz. Kurt Schwitters, der den „ring neuer werbegestalter“ mitbegründet hatte, flüchtete nach Norwegen und dann nach England. Herbert Bayer, der nun Leiter der Druckerei- und Reklamewerkstatt am Bauhaus Dessau war, emigrierte in die USA. Viele weitere führende Typografen gingen ebenso ins Ausland, vor allem in die neutrale Schweiz und, wie Bayer, in die USA. Zürich und Basel sowie New York und Chicago positionierten sich ab 1933 als Zentren der „Neuen Typografie“. In London wurde die Schriftenbibliothek Monotype Corp. Lt. gegründet, die als Maßstab für westliche Werksatzschriften galt. Moholy-Nagy gründete in Chicago das „New Bauhaus“, das später zum Institute of Design wurde. Die Typografie gehörte überall zu den Grundlagen des Grafikdesigns. 

Unterdessen „säuberten“ die Nazis die deutsche Typografie nach ihren Vorstellungen. Auf die Bücherverbrennungen 1933 folgte die Gleichschaltung von Verlagen und Buchhandlungen. Mit ihrer Machtübernahme erklärten die Nazis die Fraktur zu ihrer bevorzugten Drucktype – die Antiqua verschwand trotzdem nicht von der Bildfläche. Sogar Grotesktypen, die eigentlich der Inbegriff des vom Regime verabscheuten liberalen Funktionalismus waren, waren weiterhin in Verwendung. Daneben aber entstanden auch viele Schriften, die die gleichgeschaltete „volkhafte Wesensart“ widerspiegeln sollten: Tannenberg, Gotenburg, Deutschland Deutschmeister, Großdeutsch, Kurmark oder National. Im Vergleich zu älteren gebrochenen Schriften waren diese neuen Typen schnörkellos und stark vereinfacht, was eigentlich der neuen Sachlichkeit entsprach. Man nennt diese Typen deshalb auch gebrochene Grotesk oder Fraktur-Grotesk. Zudem erlebten im Nationalsozialismus die Runen als altgermanisches Alphabet ein Revival. Besonders die s-förmige Sonnen-Rune symbolisierte die Kraft des Sieges. Paarweise kennt man diese Rune heute als Zeichen der SS, alleine wurde sie aber auch als Symbol des Deutschen Jungvolkes verwendet.

Obwohl die als liberal eingestufte Neue Typographie von den Nazis verboten und ihre Vertreter abgesetzt wurden, besaßen auch die in der NS-Zeit gezeichneten Neune Fraktur-Schriften eine größere Sachlichkeit als ihre Vorläufer. Viele dieser Typen werden deshalb heute als Fraktur-Grotesken eingestuft.

Die totale Kehrtwende erfolgte 1941 als Adolf Hitler ein Schrift-Verdikt erließ, in dem die „jüdische“ Fraktur verboten und die „nicht-jüdische“ Antiqua zur Normalschrift des deutschen Reiches erklärt wurde. Es hieß, die gotische Schrift bestand eigentlich aus Schwabacher Judenlettern. Tatsächlich war dies mehr ein Vorwand, denn die Nazi standen vor einem anderen Problem: Mit der Ausbreitung des Dritten Reichs benötigte Hitler eine Schrift, die von allen Untertanen gelesen werden konnte, was ihn zur Rückkehr zur lateinischen Druck- und Schreibweise bewegt. Dies bedeutete das Ende der Fraktur. Doch obwohl es de facto die Nationalsozialisten selbst waren, die die gebrochenen Schriften abschafften, konnten sie sich bis heute nicht von dem schlechten Ruf befreien, der ihnen seit damals anhaftet. 

Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg

Nach 1945 hatte man in Deutschland und Österreich zunächst wenig Gehör für den Ruf nach sachlicher Gestaltung wie sie vor dem Krieg durch die „Neue Typografie“ praktiziert worden war. Die Wirtschaft lag brach und damit auch das grafische Gewerbe. Fast alle deutschen Schriftgießereien und unzählige Verlage und Druckereien waren zerstört worden. Dennoch sehnten sich die Menschen nach Kultur und Literatur und man versuchte, dem Wunsch nach guter Lektüre so gut wie möglich nachzukommen, zum Beispiel mit den günstigen Rowohlt-Taschenbüchern, die anfangs noch auf Zeitungspapier gedruckt wurden. 

Auch das Bedürfnis nach Harmonie war nach dem Krieg groß, weshalb man sich in der Typografie selbst mehr am „gefühlsbetonten“ Humanismus als am radikalen Funktionalismus orientierte. In den USA führten ehemalige Bauhäusler wie Moholy-Nagy und Herbert Bayer die sachliche Typografie weiter, in Deutschland und Österreich orientierten sich die neohumanistischen Typografen und Schriftgestalter zunächst an der Antiqua. Charakteristisch für die „neutypografische“ Gestaltung waren elegante Renaissance-Antiqua-Typen und Flattersatz, der die Komposition sanft bewegen sollte. Neben der Verwendung von bestehenden Antiqua-Schriften wurden auch zahlreiche neue Schriften gezeichnet, was dem Bedarf an schönen und gut lesbaren Werksatzschriften entgegenkam. Neben der Serifen-Antiqua entstanden im Bemühen um einen „humanen“ Charakter auch kalligrafisch inspirierte Typen. Einer der wichtigsten Schriftgestalter dieser Zeit war Hermann Zapf, der seit 1938 bei der Frankfurter Stempel AG tätig war. Von ihm erschienen u.a. die klassische Palatino, die Michelangelo, die Sistina und die zwischen Antiqua und Grotesk angesiedelte Optima, die bis heute vor allem bei Kosmetikmarken wie der kultigen Aesop beliebt ist. Die Verspieltheit der Fifties, die man heute im Kopf hat, zeigte sich nach dem Krieg vor allem in den USA, dem Kriegssieger und Land des ungebremsten Wirtschaftswachstums. Im Laufe der 50er sah man aber auch in der deutschsprachigen Werbung mehr und mehr buntes Treiben. Für die vielen Illustrierten brauchte es dekorative Akzidenztypen, was einerseits zum Revival der Egyptienne führte, andererseits zur Entstehung schwungvoller Schreibschriften und Pinselschriften nach US-Vorbild. 

Einer der wichtigsten Schriftgestalter des Neo-Humanismus war Hermann Zapf, dessen Optima – eine Mischung aus Antiqua und Grotesk – noch heute beliebt ist. Beispiel unten: Logo der heutigen Beauty-Marke Aesop.

Aufgrund der aus Deutschland emigrierten Typografen, etablierte sich die vor dem zweiten Weltkrieg entstandene „Neue Typografie“ vor allem in der neutralen Schweiz und konnte dort auch während dem Krieg betrieben werden. Ab circa 1955 entwickelte sich auf Grundlage der bereits existierenden elementaren Gestaltungsrichtlinien die „Schweizer Typografie“. Charakteristisch für diese sind bis heute die Verwendung von Grotesk-Schriften und Gestaltungsrastern, eine asymmetrische sachliche Komposition, viel Weißraum und der Verzicht auf alle nicht notwendigen Schmuckelemente. Bekannte Typografen, die den „Swiss Style“ prägten, sind u.a. Max Bill, Adrian Frutiger, Max Miedinger und Josef Müller-Brockmann. Auch in der Entwicklung neuer Grotesk-Schriften waren die Schweizer Gestalter aktiv: Frutiger veröffentlichte Ende der 1950er die Grotesk-Familie „Univers“ und Miedinger schnitt 1957 nach der Vorlage der Akzidenz-Grotesk die „Helvetica“. 

Swiss Style pur: 1957 schnitt der Schweizer Max Miedinger nach dem Vorbild der 1898 herausgegebenen AG die Helvetica.

Mit der Zeit fiel die moderne Schweizer Typografie auch in Deutschland wieder auf fruchtbaren Boden – vor allem bei jüngeren Gestaltern wie Anton Stankowski, Herbert Kapitzki oder den Herausgebern der funktionalistisch gestalteten Zeitschrift „magnum“ von Karl Pawek und Alfred Neven DuMont. Auch Günter Gerhard Lange war einer der Typografen, die den Grotesken, allen voran der Akzidenz-Grotesk, wieder zum landesweiten Durchbruch verhalfen. Günter Lange war viele Jahre künstlerischer Leiter der Berthold AG, die bereits 1898 die AG herausgegeben hatte und gilt bis heute weltweit als einer der einflussreichsten Schriftgestalter und Unterstützer von Schriftqualität. 1961 schuf er die Berthold-Schriftenbibliothek, die mit ihrer Präzision für eine neue Qualität im Bereich Titel- und Werksatzschriften sorgte. 

Die Schweizer Typografie fand vor allem bei jüngeren deutschen Typografen Anklang – sowie auch bei den Herausgebern des magnum-Magazins, das im Gegensatz zu anderen neo-humanistisch orientierten Illustrierten funktionalistisch gestaltet war.

1953 hatten Max Bill, Otl Aicher und seine Frau Inge Aicher-Scholl in der Tradition des Bauhaus die „hochschule für gestaltung ulm“ gegründet, in der sich die anfängliche Typografie-Werkstatt im Bereich der visuellen Gestaltung weiter zur Disziplin der „Visuellen Kommunikation“ entwickelte. Wie das Bauhaus favorisierte auch die hfg ulm nahezu ausschließlich Grotesken. Ab den 1960er-Jahren setzte sich die sachliche Gestaltung schließlich auch wieder in Deutschland und Österreich nach und nach durch. Paradebeispiel der wieder auflebenden sachlich-schlichten Typografie ist das von Otl Aicher 1962 gestaltete Corporate Design der Lufthansa. Die sachlichen Gestalter der 50er und 60er wollte es mit ihren Experimenten mit Linie, Form und Farbe noch weiter treiben als ihre Vorbilder des Bauhaus. So kam es auch zu Überschneidungen mit der zeitgenössischen Op-Art – durch den künstlerischen Einsatz geometrischer Formen kam es auch in der Grafik zu völlig neuen optischen Wirkungen.  

Mit Linien, Formen und Farben trieben die sachlichen Gestalter der 50er- und 60er-Jahre ihre Experimente noch weiter als die Bauhäusler, was teilweise zu Überschneidungen mit der damaligen Optical Art führte – wie hier bei Kapitzkis Kleinplakaten für die Stuttgarter Nachrichten.

Sex, Politik und Design

Zeitgleich begann eine noch jüngere Generation an der sachlichen Gestaltung Kritik zu üben. Eine sexuell freizügige und politisch kritische Jugend setzte den Funktionalismus mit „Funktionieren“ gleich und sah in der Gestaltung keinerlei individuelle Selbstentfaltung. Ihre Antwort waren Pop-Art, Flower Power, psychedelisches Design und zugleich Nostalgie. Jüngere Gestalter lehnten jegliche Art von einengender Geometrie ab – von rechten Winkeln zum gesamten Rastersystem. Rock und Pop wurden zum Ausdruck ihres rebellischen Lebensgefühl und mit ihnen Schallplattenhüllen und Konzertplakate. Cover und Poster wurden mit bunten Farben, runden Formen und fetten Typen gestaltet. Daneben schwappte eine Nostalgiewelle über die Typografie, die die Gestaltung à la Alfons Mucha und Aubrey Beardsley und mit ihnen die romantischen Zierschriften des Jugendstils wieder aufleben ließ. Ende der 70er-Jahre brach die neue Ära des Punk-Grafikdesigns an und kurz darauf betrat Neville Brody mit dem Jugend- und Modemagazin „The Face“ die typografische Bühne. Plötzlich schien es kein typografisches Tabu mehr zu geben: „Anything goes“, sozusagen. 

Neben dem Punk-Design der 70er-Jahre veränderte auch Neville Brodys Magazin “The Face” die typografische Bühne: “Anything goes” war sein Motto.

Typografie in der DDR 

In der DDR-Diktatur entwickelte sich die Typografie bis in die späten 1980er Jahre nur schleppend weiter. Kultureller Austausch mit dem Westen war in den Akademien in Leipzig oder Berlin unerwünscht. Westliche Gebrauchs- und Werbetypografie galt als kapitalistisch und künstlerische Systemkritik wurde ohne Ausnahme sanktioniert. Die Typografie der DDR sollte im Kontext der Buchtypografie des späten 19. Jahrhunderts verstanden werden, d.h. sie hatte vor allem aus Perspektive des Lesens Bedeutung zu haben. So blieben die künstlerischen und technischen Bedingungen für die Typografie bis zum Ende der DDR weit hinter den westlichen zurück.  

Während sich im Westen die Typen schwungvoll und schrill über Reklame, Plakate & Co. legten, lehnte man in der DDR die kapitalistische Werbetypografie völlig ab – Schrift und Druck wurden vor allem im Sinne der Lesetypografie verstanden.

Vom ersten Computer zum Desktop-Publishing 

Ab 1945 entwickelte sich aus Mathematik, Elektrotechnik und Nachrichtentechnik die Informatik, die die Schrifttechnologie grundlegend verändern sollte. 1970 revolutionierte der Fotosatz erstmals den Schriftsatz. Mittels eines optischen Verfahrens mit sichtbarem Licht wurden Schriftzeichen belichtet und auf einen Trägerfilm übertragen. Typografen hatten dadurch mehr gestalterische Freiheit, da Buchstaben einer bestehenden Schrift im Druck verändert – zum Beispiel verzerrt – werden konnten.  1975 eroberte der erste Micro-Computer die USA, aus dem bald der erste PC (Personal Computer) entstehen sollte – von da an war es bis zum Desktop-Publishing nicht mehr weit. Mit der fortschreitenden Technologie ging ein Informationsboom einher, der die Typografie herausforderte, sich in allen Bereichen zu verbessern – vom Druck bis zur Schrift, die im Fernsehen gezeigt wurde. Anfang der 1980er-Jahre gründete John Warnock das Software-Unternehmen Adobe Systems. Zusammen mit Apple revolutionierten sie die Typografie mit dem Desktop-Publishing und der Software „Page Maker“ von Paul Brainard für den Apple Macintosh Computer. Der PC löste den Fotosatz ab und mit dem neuen DTP entstanden auch neue Medien, Berufe, Ausbildungsstätten und Betrachtungsweisen der Typografie. Die Schrift verließ erstmals den analogen Raum. Gestalter wie der bereits zuvor genannte Neville Brody und David Carson waren die ersten bekannten Vertreter dieses neuen digital-typografischen Ausdrucks. Ab den 1990er-Jahren wurden vorhandene Schriften vergangener Epochen digitalisiert, wodurch eine Fülle an Repliken, Remakes und Formvarianten entstanden. In dieser neuen Type-Community entstanden neue Schriftbibliotheken und Type Foundries, die ihre Schriften digital verteilten. Die Herausforderung für die Typografie im raschen Wandel der Digitalisierung lag nun darin, den Standard vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte aufrecht zu erhalten und zugleich das sich immer weiter zunehmende Potential des Digitalen auszuschöpfen.

Das Desktop-Publishing – allen voran mit Adobes Software Page Maker – revolutionierte Anfang der 1980er-Jahre die Typografie.

Mit der Entwicklung des Internets entstanden auch die ersten Web- und Screen-Typen, die nur für den Bildschirm gedacht waren. Nach Tausenden von Jahren verließ die Schrift erstmals das materielle Trägermedium und nahm nur noch virtuelle Formen an. Matthew Carter war mit seiner Verdana einer der ersten, der einen Font für das Lesen am Bildschirm entwarf. 

Nach der Erfindung des Buchdrucks wurde mit der Digitalisierung der Typografie die Schrift ein weiteres Stück demokratisiert. Doch eines ist uns bis heute erhalten geblieben: Die Antiqua-Schrift, wie sie bereits in der Renaissance geprägt wurde, ist auch heute noch die verbindliche Verkehrsschrift der westlichen Welt. 


Literatur

Beinert, Wolfgang. Typografie [online]. Typolexikon, 2021-08-25 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/typografie/

Beinert, Wolfgang. Schriftgeschichte [online]. Typolexikon, 2021-02-05 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/schriftgeschichte/

Blackwell, Lewis. Twentieth Century Type. München: Bangert, 1992. 

Gerdes, Claudia. „NS-Typografie“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 09.18.

Gerdes, Claudia. „Typo-Humanismus“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 11.18.

Gerdes, Claudia. „Von Op- zu Pop-Art“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 04.19.

Typografie – Geschichte 02

Von der Industrialisierung bis zur Neuen Typografie

Maschinen-Typo: Die Industrialisierung kehrt ein

Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert hat sich in der Typografie sehr viel bewegt. Dazu trug zunächst einerseits die industrielle Revolution bei, die die industrielle Fertigung auch in der Buchdruckerkunst einführte. Andererseits kam neben dem Werk- und Zeitungsdruck die Reklame in Schwung. In allen Bereichen musste rasch und auflagenstark gedruckt werden, was vor allem beim Zeitungsdruck zur Einführung der Rotationsdpresse führte. Die erste Variante einer solchen Druckmaschine wurde 1873 auf der Weltausstellung von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, der späteren MAN AG, vorgestellt. 1886 erfand der deutsch-amerikanische Ottmar Mergenthaler die Zeilensetzmaschine Linotype, die die Mechanisierung weiter in die Werkstätten der Setzer vordringen ließ. Davor waren die einzelnen Lettern und Ausschussstücke per Hand zu Zeilen zusammengesetzt worden. In den vorhergehenden Jahrhunderten hatten kleine Druckereien alle Arbeitsschritte der Drucksachenherstellung – vom Stempelschnitt bis zum fertigen Produkt – selbst übernommen. Um 1900 begann die industrielle Arbeitsteilung: Es entstanden große Schriftgießereien wie in Deutschland die Berliner Berthold AG, die andere kleine Firmen, u.a. die 1870 gegründete österreichische Poppelbaum-Gießerei, aufkaufte. Die großen Schriftgießereien konnten in hoher Geschwindigkeit gebrauchsfertige Drucktypen produzieren, was die Nachfrage der Großdruckereien auch verlangte. Diese hatten nämlich wiederum ein lesehungriges städtisches Publikum zu bedienen. 

Die Linotype-Maschine, erfunden von Ottmar Mergenthaler, setzte die Buchstaben bereits maschinell zu einer Zeile zusammen und löste den Satz von Hand ab.

Quantität statt Qualität?

Obwohl das Geschäft florierte, brachte die Technisierung auch Nachteile. Über Jahrhunderte hatte sich in der Typografie ein hoher künstlerischer Anspruch an die Schrift entwickelt. Die Kalligrafie war bis dato die Grundlage für wohlproportionierte und ästhetisch ansprechende Typen der Satzschrift gewesen. Nun riss diese Verbindung ab: Die modernen Stempelschneider befreiten die in Handarbeit entstandenen Vorlagen von ihren „Ungleichmäßigkeiten“. Egal ob gebrochene Schriften oder Antiqua, alle Dickten wurden vereinheitlicht und Ober- und Unterlängen sowie Kontraste zwischen Grund- und Haarlinie nivelliert. Das Ergebnis waren Satzschriften, die allesamt ähnlich aussehen und oft viel zu dünn verliefen, um eine gute Lesbarkeit zu garantieren. Gleichzeitig gab man sich Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts dem Historismus hin und frönte typografischen Ornamenten und üppigem Akzidenz- und Auszeichnungssatz. Der Grund? Obwohl Drucksachen maschinell produziert wurden, sollten sie trotzdem wie aufwendig gestaltete Handwerkskunst aussehen. In Massen gegossene Versatzstücke wie Zierlinien, Einfassungen oder Schmuckfiguren lagen in den Setzereien bereit, um wahllos kombiniert zu werden.

Um 1900 frönten die Druckereien dem Historismus und versuchten mit massenweise produzierten verschnörkelten Versatzstücken die vergangene Handwerkskunst maschinell zu imitieren.

Das Kunstgewerbe entsteht

Der Brite William Morris war einer der ersten, die Kritik an den maschinellen Surrogaten übte. Er begründete die englische Arts and Crafts-Bewegung und bereitete damit den Weg für ein Kunstgewerbe, in dem wieder von Hand gearbeitet wurde. 1890 gründete er die Kelmscott Press, in der kostbare Werke englischer Dichter in geringer Auflage auf Handpressen gedruckt wurden. Morris studierte die Renaissance mit künstlerischem Ernst und entwickelte die Antiqua Golden Type nach dem Vorbild der Schriften des französischen Typografen Nicolas Jenson aus dem 15. Jahrhundert. Daneben schuf Morris auch die Troy Type und Chaucer Type, die Elemente der Gotik, also einer gebrochenen Schrift, und Antiqua verbanden. Viele Typografen begannen, sich wieder auf die Kunst der Typografie zu besinnen und so entstand neben der Maschinerie ein Druckergewerbe, das der Tradition der Frühdruckzeit folgte. 

William Morris begründete die Arts and Crafts-Bewegung und brachte u.a. die hier abgebildete Antiqua Golden Type hervor. Entgegen dem Historismus versuchte er mit künstlerischem Ernst und tatsächlicher Handarbeit der feinen Typografie des 15. Jahrhunderts zu folgen.

Von der Jugend zum Jugendstil 

Neben den Traditionalisten gab es auch jene, die nach vorne blickten, um dem Historismus mit gestalterischer Authentizität den Kampf anzusagen. Der Österreicher Rudolf von Larisch gründete die Schriftbewegung und plädierte für ein ästhetisches Gesamtbild in der Typografie. Damit stand er bereits den Idealen des Jugendstils nahe. 1896 wurde in München das Magazin „Jugend“ gegründet, das dem Stil des Art Nouveau im deutschsprachigen Raum seinen Namen geben sollte. Die Jugend forderte eine Befreiung von allem historisierenden Pomp und engagierte berühmte Gestalter wie Otto Eckmann, Peter Behrens oder Bernhard Pankok für Illustrationen, Initialen bzw. Vignetten und Randleisten. Der frische Stil sorgte für Aufsehen, was moderne Verleger dazu brachte, Jugendstilkünstler auch für die Gestaltung von Büchern zu engagieren. Um für stilistischen Gleichklang zwischen Mengensatz und Schmuckbuchstaben zu sorgen, schufen Otto Eckmann und Peter Behrens um die Jahrhundertwende jeweils eigene Jugendstil-Typen für den Fließtext. Doch eigentlich besaß Peter Behrens Schrift eine Sachlichkeit, die bereits andeutete, dass auch der anfangs so radikal wirkende Jugendstil seinen Zenit bald überschritten haben würde. Wie zuvor die Ornamente des Historismus produziert worden waren, brachten die Schriftgießereien um die Jahrhundertwende massenweise stilisierte Blütenranken und Linien im Stil des Art Nouveau hervor. Bald wurde wieder der Ruf nach mehr Schlichtheit laut, dem man jedoch erst nach dem ersten Weltkrieg wirklich nachkommen konnte. 

Unterschiedliche Cover des Magazin “Jugend”, das dem Stil im deutschsprachigen Raum seinen Namen gab.
Die Jugendstilschrift von Peter Behrens besaß bereits eine Sachlichkeit, die die nahende Abstraktion der Typografie schon erahnen ließ.

Mit der Werbung zur Gebrauchsgrafik 

Neben der Entwicklung des Kunstgewerbes bis hin zum Jugendstil an der Wende zum 20. Jahrhundert, ist aus typografischer Sicht noch eine andere Entwicklung des 19. Jahrhunderts von Bedeutung: Jene der Werbung. Mit der Industrialisierung entdeckten Wirtschaftstreibende die Reklame für sich. 1885 schrieb die Berliner Börsenzeitung, dass „die Reklame die moderne Waffe im geistigen Kampf ums Dasein“ sei. Das größte Problem der Werbung war jedoch die gestalterische Unwissenheit der Setzer. Zeitungssetzer waren plötzlich gefordert, plakative Inserate zu gestalten und versuchten mit dem Einsatz möglichst vieler Schriften möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzielen. Es mangelte an Auszeichnungsschriften, die sich für Werbezwecke eigneten. Diesem Bedarf nachkommend, entwickelte der Brite Vincent Figgins 1815 die Egyptienne, auf deren Basis viele weitere Schriften ihrer Art entstanden: optisch gleichbleibende Strichstärke mit blockartig gestalteten Serifen ohne Übergang. Der geometrische und kraftvolle Rhythmus der Egyptienne-Typen passte sehr gut ins Maschinenzeitalter. Zeitgleich veröffentlichte William Caslon auch die erste Grotesk-Schrift als Auszeichnungs-Type.

Die zunächst unerfahrenen Werbesetzer versuchten mit möglichst vielen Schriften Aufmerksamkeit auf ihre Inserate zu ziehen.

Die zuvor beschriebene Entwicklung des Jugendstils brachte im Weiteren auch einen Gesinnungswandel in der Werbung mit sich. Ein Großteil der Seiten der Jugend war mit Reklame gefüllt. Da der Anspruch der Gestalter hoch war, wurden auch die Inserate stilistisch passend gestaltet. Das Konzept begeisterte die Leserinnen und Leser, woraufhin Wirtschaftstreibende begannen, Künstler mit der Illustration ihrer Werbungen zu beauftragen. AEG war eines der Unternehmen, das die Publikumswirkung künstlerischer Werbegestaltung früh erkannte. 1907 beauftragten sie den Architekten, Maler und Typografen Peter Behrens als künstlerischen Berater. Behrens baute für AEG in der Folge neue Fabrikanlagen, entwarf technische Produkte und gestaltete mit seiner Behrens-Antiqua alle Drucksorten – die erste Corporate Identity war geboren. Neben den Künstlern, die für die Werbung tätig wurden, entstand nun auch der Beruf des professionellen Gebrauchsgrafikers. 

Abstrakte Sachlichkeit: Futurismus, Dadaismus, Konstruktivismus, De Stijl

Erst nach dem ersten Weltkrieg konnte man dem Ruf nach einer moderneren und schlichteren Typografie nachkommen. Schriftgießereien begannen nun, eine breite Palette von Werktypen bereitzustellen. Neben klassizistischen Antiqua-Schnitten rückten die Groteskschriften immer weiter in den Vordergrund. Bereits in der Kriegszeit rebellierten Futuristen und Dadaisten gegen künstlerische Traditionen, eine Revolution der Kunst trat jedoch erst um 1920 ein. In ihren Manifesten und Einladungen zu Soireen ließen Vertreter wie Filippo Tommaso Marinetti, Tristan Tzara oder Richard Huelsenbeck die Buchstaben nur so umherfliegen. Während Futurismus und Dadaismus eine künstlerische Zerstörungslust an den Tag legten, fingen andere deutschsprachige Gestalter an, konstruktiver zu denken. Dabei spielte auch der in der Sowjetunion entwickelte Konstruktivismus eine große Rolle. Einer der Botschafter dieser Kunstrichtung, die die Gestaltung mit einfachen geometrischen Formen ins Zentrum rückte, war der russische Maler und Grafiker El Lissitzky. Lissitzky beeinflusste mit seiner abstrakten Formensprache viele Typografen. In Verbindung mit dem Konstruktivismus stand auch die niederländische De Stijl-Gruppe um Piet Mondrian und Theo van Doesburg, die ebenso eine sachlich-abstrakte, „elementare“ Gestaltung propagierte. In Deutschland wurde 1907 der Deutsche Werkbund gegründet, der als Keimzelle der modernen visuellen Gestaltung gilt. Unter den Mitgliedern waren der deutsche Architekt und Gestalter Walter Gropius sowie Peter Behrens. Den Gründern des Werkbunds ging es vor allem um eine sachliche Art der Formgebung, die sich aus Zweck, Material und Konstruktion ergeben sollte – kurz: form follows function

Das Bauhaus

1919 gründete Walter Gropius das Staatliche Bauhaus in Weimar und ebnete damit den weiteren Weg in Richtung typografischer Abstraktion. Das Bauhaus gilt bis heute als einflussreichste Bildungsstätte im Bereich Architektur, Kunst und Design im 20. Jahrhundert. Sein Ursprungsgedanke war die Emanzipation der Kunst von der Industrialisierung und damit die Wiederbelebung des Kunsthandwerks – jedoch in einem modernen Sinn. Das Bauhaus war damit der Gegenentwurf zur Ästhetik des Historismus und später auch des Jugendstils, in denen Ornamente durch die industrielle Massenproduktion seriell kopiert wurden. Mit der Rückbesinnung auf das Handwerk wollte man auf moderne und experimentelle Weise eine neue Formensprache entwickeln, die dem industriellen Herstellungsprozess gerecht würde. 1923 holte Gropius den konstruktivistischen ungarischen Maler Lázló Moholy-Nagy ans Bauhaus, der dort die Typografie zu einem Schwerpunkt machte. Das Bauhaus folgte dem typografischen Trend zum Elementaren: Groteskschriften, ein asymmetrischer, aber funktionaler Seitenaufbau, der natürliche Schwerpunkte zulässt (Stichwort: typografische Rastersysteme), viel Schwarz-Weiß und gelegentlich Rot als Akzent. Die auch heute noch oft verwendete durchgängige Kleinschreibung fand ebenso am Bauhaus seinen Anfang. Die Bauhaus-Erklärung auf ihrem Briefbogen dazu: „warum zwei alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum groß schreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“ Für die Bauhäusler wurde ihre Grotesk-Typografie einer jungen Industriegesellschaft gerecht, die zugleich Fortschritt, Internationalität, aber auch eine sozial orientierte Fraternisierung symbolisierte. 1925 wurde das Bauhaus nach Dessau verlegt, wo sich aus Moholy-Nagys Typografie-Werkstatt eine Druckerei- und Reklamewerkstatt entwickelte, die weiter zum Atelier für Grafikdesign ausgebaut wurde. An dieser Entwicklung waren besonders auch die Gestalter Joost Schmidt und Herbert Bayer beteiligt. 

Die „Neue Typografie“ 

Obwohl das Bauhaus bis heute synonym für eine neue Art der Typografie steht, gehörte ihr eigentlicher Theoretiker nicht zur Kunstschule: Jan Tschichold. Mit einem Aufsatz in einem Sonderheft der Leipziger „Typographischen Mitteilungen“ beschrieb er die Thesen seiner „Elementaren Typografie“. Einige der Thesen aus diesem Aufsatz sind nachfolgend gelistet:

  • Die neue Typografie ist zweckbetont. 
  • Zweck jeder Typografie ist Mitteilung, deren Mittel sie darstellt. Die Mitteilung muss in kürzester, einfachster, eindringlichster Form erscheinen. 
  • Elementare Schriftform ist die Groteskschrift aller Variationen: mager, halbfett, fett, schmal bis breit. 
  • Schriften, die bestimmten Stilarten angehören oder beschränkt nationalen Charakter tragen (Gotisch, Fraktur, Kirchenslavisch), sind nicht elementar gestaltet und beschränken zum Teil die internationale Verständigungsmöglichkeiten. 
  • Auch die unbedruckten Teile des Papiers sind ebenso wie die gedruckten Formen Mittel der Gestaltung.
  • Elementare Gestaltung schließt die Anwendung jeden Ornaments aus. Die Anwendung von Linien und an sich elementaren Formen (Quadraten, Kreisen, Dreiecken) muss zwingend in der Gesamtkonstruktion begründet sein. 

Neben Jan Tschichold war Willi Baumeister einer der einflussreichsten neuen Typografen. Auch er sprach sich gegen eine symmetrische Ordnung aus (siehe oben linke Seite) und plädierte für einen Schriftsatz, der dem natürlichen Sehen und Lesen (siehe oben rechte Seite) nachkam und den Weißraum als Gestaltungselement miteinbezog. Jeglicher opulent gestalteter Werbung setzte er entgegen: „Telegrammstil ins Optische übertragen. Rapid muß ein Plakat, eine Anzeige mit dem Auge gefaßt und abgelesen werden können.“ 

Obwohl es an Regeln nicht mangelte, fehlte es den neuen Typografen lange an einer Schrift, die ihrem Streben nach Unpersönlichkeit und Zeitlosigkeit nachkam. Grotesk-Schriften für Akzidenzen konnten selbst gezeichnet werden, aber eine geeignete Schrift für den Mengensatz war noch nicht vorhanden. Obwohl Jan Tschichold aufgrund der Lesbarkeit für den Fließtext zunächst auch eine unaufdringliche, sachliche Antiqua empfahl, verwendete er selbst für sein Handbuch der „Neuen Typographie“ eine serifenlosen Schrift: die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Akzidenz-Grotesk der Berthold AG. Trotzdem waren sich die modernen Gestalter einig, dass eine neue Schrift für ihre neue Typografie geschaffen werden musste. Großen Erfolg hatte in der Folge Paul Renner mit seiner Futura. Die Schrift basierte auf den geometrischen Formen Kreis, Dreieck und Quadrat und wurde damit zum Favoriten aller Modernisten.

Mit seiner Futura kam Paul Renner dem Wunsch der “Neuen Typografen” nach einer modernen geometrischen Grotesk nach.

Zug um Zug eroberte die Grotesk-Typografie ab 1920 Europa. Die Gestaltung wurde durch ein Aufeinanderprallen von modernen, avantgardistischen und traditionellen Ansätzen konstruktiv vorangetrieben – bis Faschismus und Nationalsozialismus an die Macht kamen. 


Literatur

Beinert, Wolfgang. Typografie [online]. Typolexikon, 2021-08-25 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/typografie/

Beinert, Wolfgang. Schriftgeschichte [online]. Typolexikon, 2021-02-05 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/schriftgeschichte/

Blackwell, Lewis. Twentieth Century Type. München: Bangert, 1992. 

Gerdes, Claudia. „Typo um 1900“, in Günder, Gariele (Hrsg.), Page 03.18. 

Gerdes, Claudia. „Reklamekunst“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 05.18.

Gerdes, Claudia. „So wurde Type modern!“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 07.18.

Gerdes, Claudia. Was ist elementare Typografie? Jan Tschichold hatte da ganz klare Antworten [online]. Page Online, 2018-05-13 [Letzter Zugriff am 2022-01-01]. Verfügbar über: https://page-online.de/typografie/was-ist-elementare-typographie-jan-tschichold-hatte-da-ganz-klare-antworten/

Tschichold, Jan. Die Neue Typographie : Ein Hand für zeitgemäß Schaffende. Berlin: Brinkmann und Bose, 1987.

Greenwashing 02

Für meinem letzten Blogbeitrag hab ich mich damit beschäftigt, den Begriff Greenwashing abzustecken. Dazu hab ich mich mit verschiedenen Definitionen auseinandergesetzt. Um die Täuschungen zu erkennen, gibt es verschiedene Signale, auf die man achten kann. Ergänzend zu den 7 Sünden des Greenwashings möchte ich hier auch noch einen Beitrag einfügen, der sich mit der schnellen Entlarvung von Greenwashing beschäftigt:

Natürlich ist es nicht immer so einfach, sich ein zuverlässiges Bild zu machen. Manchmal hilft es aber schon, ein bisschen genauer hinzusehen. Beim Versuch, Greenwashing zu definieren, stößt man auch immer wieder auf den Begriff Bluewashing. Generell können die beiden Begriffe auch als Synonyme verwendet werden. Greenwashing stand früher vor allem für Sünden der Nachhaltigkeit im ökologischen Sinn, deckt heute aber auch wirtschaftliche und soziale Faktoren ab. Bluewashing konzentriert sich insbesondere auf soziales Engagement, also z. B. faire Löhne und Arbeitsbedingungen. Besonders häufig ist Bluewashing auch in der Fast-Fashion-Industrie, in Bezug auf die Umstände in der Kleiderherstellung und die Bedingungen in den Fabriken, zu finden. Um Berichten über Missstände wie Kinderarbeit oder Sweatshops entgegenzuwirken, veröffentlichen Labels teilweise seitenweise Verhaltenskodizes, die sich beim genaueren hinsehen aber meist als leere Versprechen entpuppen.

Exkurs: Sweatshops

Sweatshops sind Betriebe, die ihren Mitarbeiter*innen einen Lohn unter dem Existenzminimum zahlen, während diese unter sehr schlechten Bedingungen arbeiten müssen – z. B. keinen Anspruch auf Urlaub und menschenunwürdige Verhältnisse in den Fabriken. Man findet sie vor allem in Entwicklungsländern, aber auch in Europa existieren sie, beispielsweise in Serbien, Ungarn oder der Ukraine.
Nach Berechnungen der Clean Clothes Campaign sind insgesamt drei Millionen Frauen in Osteuropa und der Türkei betroffen. Laut einer Studie sind es vorrangig europäische Marken der mittleren und hohen Preisklasse, die solche Sweatshops einrichten und die geltenden Arbeitsgesetze vor Ort ignorieren.

Für diesen Eintrag habe ich mir verschiedene Greenwashing-Beispiele angesehen und ein paar davon gesammelt. Im folgenden möchte ich einen kurzen Einblick in drei dieser Beispiele geben.

1. Shein

Shein ist weltweit Vorreiter in Fast Fashion. Seit Mitte 2021 ist Shein das verkaufsstärkste Label in den USA – vor H&M und Zara, und die meistbesuchte Fashion-Website der Welt. JEDEN TAG gehen auf der Website rund 7.000 bis 8.000 neue Produkte online. Die Designs großteils von kleinen Unternehmen geklaut. Im Vergleich: Zara schafft “nur” 200 pro Woche.
Auf der Website des Labels gibt es eine eigene Seite “soziale Verantwortung”, dort schreibt das Shein “Wir sind im gutes tun-Geschäft” und erzählt von fairen Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeitenden.

Zudem hat das Label lange behauptet, es wäre mit dem Standard SA 8000 zertifiziert, der sich auf Kinderarbeit, Zwangsarbeit und allgemeine Arbeitsbedingungen bezieht. Es stellte sich heraus, dass die Organisation, die diesen Standard vergibt, erst gar nicht mit Shein in Kontakt war.Die Lieferkette von Shein ist leider absolut undurchsichtig. Einem Team von der Clean Clothes Campaign ist es gelungen, einige der Nähereien, die für Shein produzieren, zu lokalisieren und dort mit Mitarbeiter*innen zu sprechen. Die Menschen arbeiten etwa 11-14 Stunden pro Tag, 7 Tage pro Woche, mit einem freien Tag pro MONAT. Diese Arbeitsbedingungen sind auch in China illegal, die Angestellten nehmen dieses Arbeitspensum “freiwillig” auf sich. Sie kommen aus ärmeren Regionen und könnten, da sie einen so schlechten Lohn bekommen, mit weniger Arbeit nicht überleben. In einem der größeren Betriebe gibt es keine Maßnahmen zum Brandschutz, keine Notausgänge.
Auch in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit und der Verwendung von recycelten Materialien hält sich Shein natürlich nicht ansatzweise an seine Versprechen.

1. ALDI SÜD Plastikbeutel

Ein relativ einfaches Beispiel. 2019 verkündete ALDI im Kampf gegen Plastikmüll künftig 1 Cent pro Plastikbeutel (die man häufig in der Obst- und Gemüseabteilung findet) zu verlangen. In diesem Fall braucht es keine Recherchearbeiten, um zu verstehen, dass es sich dabei vor allem um eine PR-Maßnahme handelt. Die wenigsten Menschen, werden aufgrund einer Gebühr von einem Cent aus die Knotenbeutel verzichten. 100 Beutel für 1 €? Ganz nebenbei kann das Unternehmen durch das Erheben der Gebühr seinen Umsatz steigern. Nur mal angenommen jeder der 46 Mio. Kunden würde eine Plastiktüte im Jahr kaufen, macht das knapp 500.000 Euro Reingewinn – Nur mit Plastiktüten. In Wahrheit werden wohl deutlich mehr Knotentütchen herausgegeben.

2. Nespresso

Der Anbieter des Portionkafee-Systems von Nestlé verspricht auf seiner Website nicht nur nachhaltig angebauten Kaffee, sondern auch eine Steigerung der Rücknahmekapazität für gebrauchte Aluminiumkapseln auf 100 %.Für den nachhaltigen Anbau des Kaffees, hat Nespresso ein eigenes Nachhaltigkeitsprogramm für die Anbauenden lanciert. Also quasi ein eigenes Siegel entwickelt. Dass das Unternehmen hier nicht auf bestehende Begriffe wie bio und fairtrade zurückgreift, bietet Grund zur Skepsis. Der Abbau von Aluminium an sich ist ökologisch sehr bedenklich, energieaufwändig und treibhausgasintensiv. Damit die Kapseln überhaupt recycelt werden können, müssen sie direkt an Nespresso zurückgeschickt werden. Nespresso verspricht auch explizit, die Recyclingkapazität auf 100 % zu erhöhen, das ist aber etwas völlig anderes, als die tatsächliche Recyclingquote. Dass 100 % der Kapseln zurückgeschickt und damit recycelt werden, ist also vollkommen unrealistisch. Der Großteil der Kapseln landet in Österreich im Restmüll.

Die meisten dieser Beispiele sind offensichtliche Täuschen, für deren Aufdeckung es keiner Recherche bedarf. In Wahrheit sind wir allerdings nahezu täglich mit Greenwashing in Kontakt und merken es oft gar nicht. Jede einzelne Werbebotschaft zu hinterfragen, würde wohl auch zu viel Zeit kosten. Daher erhärtet sich umso mehr die Frage, welcher Verantwortung die Unternehmen und damit auch die Gestalter der Werbebotschaften, gerecht werden müssen.


Quellen
  • Shein Exposed: Der schlimmste Fashion-Konzern der Welt https://www.youtube.com/watch?v=2Go4Npf1hYU&t=687s
  • VW: Von wegen grün und sauber https://www.greenpeace.de/klimaschutz/mobilitaet/klage-vw
  • Greenwashing – Alles Fassade https://konsument.at/greenwashing022019
  • Is Blue the new Green? PDF: http://www.responsibility-research.de/resources/WP_3_Is_blue_the_new_green.pdf
  • 10 Greenwashing Beispiele –> falsche Fairsprechen https://nachhaltige-deals.de/nachhaltiger-leben/greenwashing-beispiele/
  • Greenwashing: Trügerische Nachhaltigkeit https://www.greenality.de/blog/greenwashing/
  • Aldis-Cent-Idee für den Plastikbeutel ist lächerlich https://www.welt.de/wirtschaft/article195059651/Plastiktueten-Aldis-laecherliche-Umweltoffensive.html
  • Greenwashing: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht https://karriere.sn.at/karriere-ratgeber/neuigkeiten-trends/greenwashing-wer-einmal-luegt-dem-glaubt-man-nicht-79196743
  • Bluewashing: Definition und Unterschied zu Greenwashing https://utopia.de/ratgeber/bluewashing-definition-und-unterschied-zu-greenwashing/#:~:text=Bluewashing%20ist%20eine%20Marketingstrategie%2C%20mit,sind%20das%20nur%20leere%20Worte.

The world of smart home applications

Smart Home – the new way of living. A hype whose end is not foreseeable and is gaining more and more attention. But how is it all controlled, what do these applications have to contain and how difficult is it to create your own app for it? 

Why are the applications so popular.

Humans have become accustomed to interacting with and controlling smart products. The market for them is booming – and control is mostly via smartphone. But why are smart home applications flourishing so much all of a sudden? The reason is the technical development and globalization of the last years, which made it possible that hardware components are more available and microchips, sensors, boards, components and ready-to-use kits are becoming cheaper and cheaper, which makes it very easy to develop a smart home prototype. It also adds to the fact that cloud providers and services are expanding more and more. There are large providers for IoT platforms, such as Amazon, Google and Microsoft, which already offer all-in-one solutions for data analysis, security, network and device management. There are also smaller providers, such as Blynk or Upswift, which make it possible to create IoT projects at low cost or even for free. In terms of environmental protection, people are also looking more and more at building smart home applications and devices into homes to meet environmental standards and regulations and to guarantee a more sustainable future. The hype of owning a smart home seems unstoppable, according to statistic, the value of the smart home market will double in the next years, and many applications and developments from smart home security and network solutions to futuristic household robots are emerging. The pandemic has pushed many people into the home office, and smart home technologies have been used to make the home more comfortable, sustainable and also safer, among other things. 

What kind of home automation apps are on the market already?

For configuration, remote control, monitoring and automation, most of the products are coupled with a mobile application. Depending on the application area and function of the device and also on the category and manufacturer, it can be an app for a single task or for the entire device category. Different types and approaches to a smart app are presented below.  

An app for a device.

Here, one brand specialises in one smart home device and controls all functions of this product in the app. (eg. Brand iRobot, product Roomba, vacuum cleaner robot, feature-rich mobile application iRobot Home App).

One app for one category of devices.

In a multitasking app, companies that make multiple smart home products offer the entire category of devices, which has the advantage of reducing development costs by expanding one app instead of developing multiple new apps. (eg. Nest app for Nest products).

All-in-one application for hubs.

Hubs are standalone solutions. They unite cross-category and cross-brand devices in the home and act as a central control and automation point. Good examples include Amazon Echo devices with the Amazon Alexa app or Smart Things Hub with the SmartThings app, which lets you connect hundreds of devices in one place.

Sources.

https://www.mobindustry.net/blog/how-to-build-a-smart-home-app-a-guide-for-developing-a-home-automation-system/
https://www.digiteum.com/create-smart-home-application

Emotional Typography

Nachdem in den letzten Blogartikeln die Thematik rund um emotionales Grafikdesign hauptsächlich theoretisch betrachtet wurde, sollte nun die praktische Umsetzung in den Mittelpunkt der Recherche rücken. Da Designs aus verschiedensten Elementen bestehen, können all diese Elemente auf unterschiedliche Weise Emotionen auslösen. Thema dieses Artikels sind zunächst Emotionen im Design mit Typografie. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob Typografie überhaupt Emotionen auslösen kann. Wie in den letzten Artikeln klar wurde, können Emotionen im Design eine wichtige Auswirkung auf Betrachter*innen und Kund*innen haben. Typografie ist hier ein wichtiges Gestaltungsmittel im Design, mithilfe dessen die allgemeine Stimmung und ein Eindruck eines Designs übermittelt werden kann.

So können durch Farbe oder Schriftschnitte beziehungsweise Stil der Schriftart oder sogar bewegte Typografie, gewünschte Emotionen übermittelt werden. Durch bewegte Typografie zum Beispiel kann auch die Komplexität des Ausdrucks eines Designs erhöht werden, um bestimmte Stimmungen zu übermitteln (Amic, 2015).

Typografie und Emotionen – eine Studie

In einer Studie nach Koch (2012) wurde diese Thematik näher beleuchtet, indem Menschen nach den emotionalen Eindrücken bei der Betrachtung von verschiedenen Schriftschnitten der Schriftart Helvetica (serif, sans serif, light, bold, condensed, extended, square, round) befragt wurden. Diese klassische Schriftart kann vielfältig eingesetzt werden und weist daher auch nicht auf Kontexte hin, in denen diese verwendet werden könnte. So wurden Assoziationen mit bestimmten Emotionen vermieden. In dieser Studie konnten die Teilnehmer*innen pro Typografie Beispiel anhand von Bildern den Zusammenhang zwischen der Typografie und zwölf unterschiedlichen Emotionen bewerten (positiv und negativ)(Koch, 2012).

Einige interessante Ergebnisse der Studie nach Koch (2012):

  • Bei Schriftschnitten “light” und “bold” gab es einen signifikanten Unterschied in den Emotionen desire, satisfaction und fascination. Diese Emotionen wurden eher mit light Schriftschnitten assoziiert.
  • Beim Vergleich von runden und eckigen Schriftschnitten gab es keine signifikanten Unterschiede in den Emotionen
  • Hingegen bei condensed Schriftschnitten gab es signifikante Unterschiede in desire, satisfaction, joy und fascination
  • Umgekehrt waren die Emotionen dissatisfaction, fear, sadness und boredom signifikant unterschiedlich bei extended Schriftschnitten
  • serif wurde außerdem eher mit satisfaction assoziiert als serifenlos.

Werden diese Ergebnisse im Design mitbedacht so kann im Allegemeinen die visuelle Kommunikation verbessert werden, Typografie besser an den Kontext des Einsatzes angepasst werden und das Verständnis verbessert werden (Koch, 2012).

Experimentelle emotionale Typografie

Einem eher experimentellen und expressiven Zugang zu dieser Thematik hat sich Bujny (2016) gewidmet. Auch dieser beschäftigt sich mit emotionaler Typogafie und betrachtet unterschiedliche Möglichkeiten, diese in der Gestaltung von Postern einzubinden und so verschiedenste Emotionen und Eindrücke auszulösen und einen bleibenden Eindruck bei Menschen zu hinterlassen. Bujny betrachtet Poster zu gesellschaftskritischen Themen und analysiert diese anhand der Typografie (Bujny, 2016). Einige dieser Beispiele möchte ich in diesen Blogartikel aufnehmen, da diese emotionale Typografie gut in die Praxis umsetzen.

Bujny unterscheidet dabei zwischen verschiedenen Arten, Typografie in Plakaten einzusetzen (Bujny, 2016):

  • als einfache Caption
  • als Ergänzung zum Bild
  • als Element des Bildes
  • dominierende Typografie
  • manuelle/persönliche Typografie

Nimmt man die dominierende Typografie als Beispiel – oder auch ein Typografieposter – so wird die Typografie in den Vordergrund gestellt und sorgt so grundsätzlich für Aufmerksamkeit. Text arbeitet hier auch als Bild und übermittelt eine Message. Wird dieser Zugang schließlich mit Emotionen verknüpft kann ein Poster ähnlich zu dem nach Ania Iliszko entstehen. Hier wird das Thema der Depression auf emotionale Weise behandelt, indem die Buchstaben verformt werden und mit grafischen Mitteln ergänzt werden. Allein durch Buchstaben wird so eine Stimmung übermittelt, welche mit klassischer Typografie nur schwer übermittelt werden könnte.

Ania Iliszko – Depression

In einem anderen Beispiel von Joanna Patan wird das Thema der Freiheit in einem Poster behandelt. In diesem Fall kann man von Typografie als Ergänzung zum Bild sprechen. Auch hier wird durch den Einsatz von Wörtern eine wichtige Message und Stimmung vermittelt. Die Anordnung, die Größe der Schrift und die Kombination mit den grafischen Elementen untermalen das Thema der Freiheit und des Ausbrechens und durch die Platzierung des Textes in der Mitte wird die Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Auch der Weißraum spielt hier natürlich eine wichtige Rolle. Trotzdem würde das Plakat ohne das Wort “Freedom” nicht die selbe Wirkung und Emotionalität erreichen.

Joanna Patan – Freedom

In einem dritten Beispiel von Jarek Bujny verschwimmt der Einsatz von Text mit dem Bild. So wird aus den unterschiedlichen Elementen ein ganzheitliches Bild geschaffen. So bekommen die Wörter und Buchstaben auch zusätzliche Aufgaben, neben dem Übermitteln einer Message. Im Poster zum Thema “Human?” werden die Buchstaben mit dem Bild verknüpft. Der Fokus liegt hier auf dem in der Mitte des Bildes und stellt das “M” in den Vordergrund.

Jarek Bujny – Human?

Typografie und Emotionen der Designer*innen

Auch Takahashi (2008), ein japanischer Designer beschäftige sich mit dem Thema der emotionalen Typografie. In seinem Buch “Emotional Typografie” stellt er Projekte dar, welche durch seine eigenen Emotionen beeinflusst wurden. In einem seiner Projekte wird Text im Zusammenhang mit Regen dargestellt. Hier sollen die Emotionen widergespiegelt werden, welche beim Betrachten von Regenfall aufkommen. Trotzdem bleibt der Text hier lesbar, wird aber mit einem Kontext und mit Emotionen verknüpft (Takahashi, 2008). Das alles wird durch das Verzerren von Buchstaben möglich und schafft sofort einen anderen Eindruck beim Betrachten der Seiten.

Takahashi (2008): Emotional Typography

Literatur:

Amic, G. H. (2015, 11. November). Typography Today: Emotion Recognition in Typography. Verfügbar **am 28. Dezember 2021 unter https://thecsdblog.wordpress.com/category/graphic-design/

Bujny, J. (2016). The emotional typography. Typography and Education (Academic Research/Presentations)/Experiments and Explorations in Education of Typography.[Paper presentation. TYPODAY 2016. Bangalore, India. https://www.researchgate.net/publication/305317588_The_emotional_typography_Typography_and_Education_Academic_ResearchPresentations_Experiments_and_Explorations_in_Education_of_Typography

Koch, B. E. (2012). Emotions in Typographic Design: An Empirical Examination. Visible Language46(3), 206-227. https://flatisbad.com/resources/Koch-VisibleLang12.pdf

Takahashi, Y. (2008) Emotional Typography.Kokokumaru.http://www.kokokumaru.com/english/chosho/typo.html

Creating a guide to your next unisex/ gender-neutral CI

After having a closer look at other unisex-clothing companies and quite different outcomes and interpretations, I would like to see how theory defines a gender-neutral corporate identity. Again, to simplify how this blog article is structured, the different elements will be analysed based the elements of a corporate identity: colours, typography, images and graphics and as an extra: language. The element logo is not included as it is mainly created with the use of either typography and graphics, only graphics or only typography.

In general, it is quite hard to find literature or scholarly articles about this topic as it is a fairly new development within the branding and marketing industry, so the main sources utilised are online articles. Added to that, gender stereotypes are often forbidden rules that designers follow, resulting in only a handful of sources that actually speak the unspoken. It should also be said that these guides and stereotypes are a generalisation of examinations and should not be taken for the norm. Mixed with the practical analysis we have conducted, it can however show possible next steps in the realisation of a gender-neutral fashion corporate identity.

Which colours are stereotypically assigned to which gender and which are typically gender-neutral?

When speaking of stereotypical colours, many of us have heard the sentence “blue is for boys, pink is for girls”. This starts from a young age with for example gender reveals using these two colours as indicators for the sex. Even though a lot of people and brands want to distance themselves from this gender stamp, it is still utilised in branding for specific genders. This also translates to neighbouring colours in the colour wheel, with green for boys and purple for girls. In general, it is often said that males prefer brighter, bolder colours compared to females gravitating more towards light and pastel shades. Interesting to see is the statistic that blue actually is the favourite colour for both genders in adult life, and orange and brown often the least. From these facts, many guidelines suggest white, greys, browns, yellows, greens and black as safe colours for use. When comparing this to the comparative analysis from the last blog post, you can see a lot of overlaps in the companies, except for the brand Collusion. They specifically used lighter, pastel colours incl. pink and purple symbolising femininity, as well as gender neutral colours green, yellow, white and black, but also stereotypical masculine colours like bright red. For future implementation it could be interesting to decide to either perhaps break the norms of gendered colours like Collusion or stick to gender-neutrality like other competitors.

Examples:

Stereotypical gender-based typography options

Typography stereotypes also originate from a young age, explaining to girls that a thin, round, curved, flowy handwriting is desirable. This derives from the gender norms of feminine character traits symbolising girls to be kind, quiet, shy, dainty and pursue hobbies such as ballet and art. The opposite in typography is geometric lines, serifs, geometric spacing and bold lines. These traits are often assigned to males and can similarly be translated to desired characteristics such as strong, assertive, sporty, and bold. To find a common ground and combine some elements from both genders, Helvetica is often mentioned to be the perfect example of gender-neutral typography due to its simplicity. It comes to no surprise that other unisex types are also derived from the classic library of fonts often also used in the web like Garamond, Roboto and ITC Bauhaus. The examples for unisex clothing brands from the previous post, also reflect on these “guidelines” by using non serif, more simple typefaces, whereas Collusion again plays with the norms and uses a stronger thickness. Even Human Nation occasionally utilises bolder but rounder fonts, playing with these male vs female characteristics.

Some specific characteristics for stereotypically female/male typefaces can be mentioned to further explain differences often found. Boldness is one indicator for gendered fonts- typically male targeted typefaces use boldness, whereas female fonts are more light. Serifs can also show which gendered target group is chosen due to male dominated typefaces utilising more stronger serifs like slab serifs to highlight geometry. As mentioned before ornamentation is also sometimes used as an indicator for gender: ornamental types used for women and male types contain hard edges.

Some sources state that typography and colour correlate with one another and a balance between these is important. Language usually assigns genders to words already, either through definite or indefinite articles like in the French or German language or through meaning, like in the word “ballerina” which is often combined with feminine attributes. If a more stereotypically masculine typography is utilised for such a word, this can cause an imbalance. However, wouldn’t it be fun to actively break these norms?

Example:

Is there actually a difference in gendered imagery and graphics ?

One rule one can obey when creating or choosing imagery for a company’s CI, is using women in female targeted products and men in male. Women are often portrayed having fun with friends, getting ready and men are seen doing sports. Especially in the fashion industry imagery and the portraying of women has become a heated discussion. Photoshop and other image altering software are used to change body characteristics or whole images resulting in an incorrect sense of body perception in many females. A development is being seen amongst the industry today with more and more brands either forgoing editing images or using disclaimers to try and change the negative impact it has had on society. Images used in CI in general should be always used with the target group in mind and what kind of experience should be conveyed. If a gender-neutral brand wants to portray being inclusive, then this should also be included in the imagery, featuring both genders as well as genderfluid or non-binary individuals. Gender stereotypes to group individuals should be avoided e.g. avatars that indicate a specific gender and if so, the intention should always be apparent. The gender-neutral and unisex brands presented in the last article, all make use of imagery to present their products through studio shots of the products by themselves or worn by models. The lookbook styled imagery however, is often neutral and shows diverse people showcasing the fashion. More vibrant brands like Collusion focus more on fun and colourful imagery and edits, portraying the different end of the spectrum.

Example:

Stereotypes in graphical means are also very apparent within graphic design. Websites for men often contain dark colours, bold fonts, harsh layouts and geometrical shapes and forms. This also reflects itself within graphics like icons, with men stereotypically having preferences for straight, pointed shapes, whereas female targeted icons are more rounded and smooth cornered. To create gender-neutral graphics often minimalist and outlined icons are created including both rounded and sharp edges. Other than that, there is not a lot of info on what gender-stereotypes exist within graphical means, but analysing the previously presented unisex fashion brands from the last blog post shows that there are not very apparent distinctions.

What language can I use to be gender-inclusive?

As a bonus, language should be included into the stereotypical guidelines of a gendered and gender-neutral design, as very distinctively, gendering through language plays a big role in these. Use of correct gender-neutral or gender sensible language is a big and also somewhat complex topic, so it will only be touched upon in this paragraph. As mentioned before, many words already have a gendered meaning, also often indirectly without us knowing, and these should therefore be avoided. Examples are words like “guys”, “ladies” or words like “cameraman” or “landlord”, which specifically indicate a gender. Starting in the website layout of a unisex brand, a distinction between male, female or other should not be indicated through categories for men and women but should rather be united to be considered unisex. Pronouns are also becoming a more outspoken topic. Companies like Instagram now enable to include pronouns within the bio and this should also be considered within the corporate identity. If company values are focused on a more personal approach, this should be kept in mind when addressing the target group through e.g. means of advertising. In grammar, there are also certain rules that hint towards a specific gender. Examples are sentences that include his as a reference word: “A CEO should use design to portray his values of the company”. Here replacing “his” with “their” can already make the sentence more inclusive. Examples like this should always be considered when trying to utilise gender-inclusive language. Another often unnoticed stereotype is within occupations or other stereotypes. Instead of saying “John and Mary both have full-time jobs; he helps her with the housework.”, a more equality-focused phrase would be “John and Mary both have full-time jobs; they share the housework”. Occupations like “cleaning lady” should also just be changed into “cleaner”.  

The content itself is advised to be concise when targeting men including keywords that highlight “solutions to problems” to the product advertised. Women-targeted ads however, should be more detailed and descriptive and provide help and the feeling of being understood. For gender neutral advertising, a mixture of these characteristics could be the balance between the two.

In general, a CI focusing on gender-neutral/ unisex clothing or products should use inclusivity and equality within their values. The design strategy and advertising strategy should always consider this aspect and question every component on its gender-inclusiveness. All websites shown in the comparative analysis from the last blog post integrate the non-categorisation between men and women, but only use the subcategories of dividing into clothing types and pages. In general the language is determined by the identity the company has chosen for itself, so there is no clear distinction between the language of a gender-neutral CI.

So should I only design in black, white and grey and use Helvetica for my gender-neutral branding?

In general, these stereotypes are only indicators and should only be used as such. Every brand can decide for themselves if and how they want to implement gender stereotypes into their corporate identity. Sometimes going against these norms can be effective and actually target the desired target group successfully than following certain guidelines. Especially as gender-neutrality only provides a limited amount of options to choose from in different components like colour, typography, images/graphics and language, stepping out of these norms may be an approach for a gender inclusive strategy that promotes gender equality by breaking these stereotypes. All in all, a corporate identity should be appealing to the target group and depends on what kind of customer you want to attract. A target group analysis can gain more insight into preferences in a much more effective way than listening to gendered design stereotypes or guides on gender-neutral design. 


Literature

Cook, Lindsey. 2021. The Use of Extreme Photoshop in the Fashion Industry. Accessed December 26, 2021. https://lcwritingportfolio.wordpress.com/the-use-of-extreme-photoshop-in-the-fashion-industry/.

Darstaru, Ana. 2020. Design Stereotypes: What Defines Feminine Design or Masculine Design? May 20. Accessed December 26, 2021. https://www.creatopy.com/blog/masculine-design-feminine-design/.

Harlem World Magazine. 2020. Looking Beyond Blue And Pink: Choosing Gender-Neutral Colors For Your Toddlers. November 11. Accessed December 26, 2021. https://www.harlemworldmagazine.com/looking-beyond-blue-and-pink-choosing-gender-neutral-colors-for-your-toddlers/.

Johnson, Joshua. 2012. Leveraging Stereotypes in Design: Masculine vs. Feminine Typography. July 19. Accessed December 26, 2021. https://designshack.net/articles/typography/leveraging-stereotypes-in-design-masculine-vs-feminine-typography/.

Johnson, Richard. 2021. Gender Differences in Advertising Between Men and Women. September 3. Accessed December 26, 2021. https://www.optimonk.com/gender-targeting-the-differences-between-men-and-women/.

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Filmanalyse der Einstiegsszene des Films “ES/IT” von Stephen King (2017)

Die Neuverfilmung des Stephen King Phänomens „ES/IT“ von 2017 wurde im Bildformat 16:9 veröffentlicht. Im Vergleich zum Original kommt Pennywise erst ca. 3 Minuten später zum Vorschein: 00:06:37. Zum Tod des Protagonisten kommt es, im Vergleich, mehr als 6 Minuten später: 00:09:07.

Der Einstieg in den Film bzw. in die erste Szene, bereitet den Zuschauer auf eine darauffolgende Schlüsselszene vor, die mit einer Schwarzblende beginnt. Während sie sich in eine Kamerafahrt auflöst (aufblenden), werden Bäume und Familienhäuser in einer Totale gezeigt. Währenddessen hört man Regen und Klaviermusik. Insgesamt ist die Einstellung regnerisch und düster. (00:00:33-00:00:55)

Daraufhin wird in einer Großaufnahme gezeigt, wie Kinderhände vorsichtig ein Stück Papier aus einem Block reissen und dieses falten. Bisher kann nicht erkannt werden, um was es sich handelt. Die Klaviermusik spielt weiterhin im Hintergrund. (00:00:56-00:01:12)

Als nächstes malt ein Kinderfinger einen Smiley auf eine von innen beschlagene Fensterscheibe; draußen prassen Regentropfen gegen das Fenster. Das Berühren der Scheibe, den Regen sowie die Musik wird nun von einer Kinderstimme durchbrochen, die zur nächsten Einstellung führt (J-Cut), in dem man einen kleinen Jungen sieht, der am Fenster sitzt und zu einem etwas älteren Jungen sagt: „Kriege ich auch keinen Ärger, Bill?“. Im Vordergrund des Bildes sieht man verschwommen die Beine des älteren Jungen (Bill), der auf einem Bett sitzt und weiterhin das Papier faltet. Der Kleinere wird scharf im Hintergrund in einer Normalperspektive abgebildet. (00:01:13-00:01:19)

Der nächste Teil der Szene zeigt die beiden Kinder in einer Totale, die das dunkle Zimmer, in denen sie sich befinden, offenbart. Bill antwortet dem kleinen Jungen stotternd: „Sei keine M-Memme“. (00:01:20)

Die folgende Halbtotale zeigt nun Bill von seitlich vorne. Man sieht ihn das erste Mal vollständig. Er redet weiter: „Ich würd’ mitkommen, wenn ich nicht… (Pause während er künstlich hustet) …dran sterben würde“ und schaut den Kleinen an. (00:01:22-00:01:26)

Dieser antwortet betroffen „Du stirbst doch nicht“. Der Bildaufbau ist, wie zuvor bei Minute 00:01:13 gezeigt wurde, gleich. Diesmal folgt jedoch die Kamera der Aufstehbewegung. (00:01:27-00:01:28)

„H-Hast du mir heute morgen nicht die K-Kotze aus der Nase laufen sehen?“. Das letzte Wort wird dabei in der nächsten Einstellung gehört (J-Cut). (00:01:29-00:01:33) 

Der kleine Junge antwortet daraufhin „Das ist eklig“, während er auf Bill und die Kamera zuläuft. In der gleichen Einstellung wird, durch eine Kamerafahrt nach oben, beide Jungen gleichzeitig im Bild gezeigt. Bill meint daraufhin „Ok. Geh und hol das Wachs“, was den kleinen Jungen verwirrt, denn er fragt „Aus dem Keller?“. Dabei sieht er bedrückt aus und schaut Bill an. Die Kameraeinstellung der Halbnahen hat sich bisher nicht verändert. Rechts neben dem kleinen Jungen ist einiges an Raum zu sehen und ist ebenfalls die Richtung, in die er kurz blickt. (00:01:34-00:01:41).

„Du willst doch, dass es schwimmt, oder?“ fragt Bill und wird nah Over-Shoulder gezeigt. Dies gibt dem Zuschauer den zweiten Tipp in der gleichen Szene, was es mit dem gefalteten Papier auf sich hat. (00:01:42-00:01:44)

Anschließend gibt das jüngere Kind nach und meint „Na gut.“ Die Perspektive ist die Gleiche, wie bei Minute 00:01:34. (00:01:44-00:01:45) 

Währenddessen läuft es aus dem Bild bzw. wird in einer Totale gezeigt. Die Kamera schwenkt nach rechts und folgt ihm, bis er aus der Tür gelaufen ist. Man hört Mäuse quieken, als er an einem Käfig vorbei geht. Die farbliche Gegebenheit ist nach wie vor dunkel, düster, bläulich und grünlich. (00:01:45-00:01:53)

Kurz wird Bill noch einmal gezeigt, wie er auf dem Bett sitzt und das Papierstück bemalt. (00:01:54)

Als der kleine Junge den Raum verlassen hat, wird in einer Großaufnahme ein Teil des gefalteten Papiers gezeigt, auf den Bill „SS George“ mit einem Filzstift schreibt, was für den kleinen Jungen steht. Somit weiß der Zuschauer, wie er heißt: George. Daraufhin wird in einer Nahaufnahme gefilmt, wie der an dem Fenster gemalte Smiley verschwindet. (00:01:55-00:02:00)

George läuft in einer Halbtotale die Treppe in das untere Stockwerk des Hauses. Links unten erscheint „Oktober 1988“ in einer Druckschrift im Bild. Die Klaviermusik nimmt an Lautstärke leicht zu und wirkt schwer. Während die Kamerafahrt George durch das, anscheinend Wohnzimmer, folgt, sieht man das erste mal woher die Musik kommt: Eine Frau, wahrscheinlich die Mutter der beiden Jungen, sitzt am Klavier und spielt konzentriert im Dunkeln. Die Kamera fährt auf die Frau zu, während George rechts aus dem Bild läuft. (00:02:01-00:02:11)

Im nächsten Shot sieht man beide Personen getrennt durch eine Wand, die in den gleichen Raum führt. Im Vordergrund ist ein Tisch unscharf abgebildet; die Personen scharf. Während George auf den Tisch und die Kamera zuläuft, schwenkt diese leicht zu ihm, sodass er vollkommen im Fokus ist. An diesem Punkt der Szene verschmelzt eine dramatisch unheilvolle Musik mit der Klaviermusik, die an Intensität zunimmt. (00:02:12-00:02:17)

Die Szene wird dramatisch aus der Perspektive von George gezeigt, wie er auf die Kellertür schaut (POV). Der Kamerazoom unterstützt die Spannung erheblich. (00:02:18-00:02:21)

Daraufhin wird George in einer Nahaufnahme und Normalperspektive gezeigt; die Kamera fährt bedächtig in eine Aufsicht. Es scheint als nimmt er jeglichen Mut zusammen, um nun seine Aufgabe zu erfüllen und in den Keller zu gehen. Licht spiegelt sich in seinen Augen, während alles außer seine rechte Seite des Gesichts völlig im Dunkeln liegt. Die Klaviermusik hat abgenommen. Der Junge geht rechts an der Kamera vorbei. (00:02:22-00:02:31)

Als nächstes wird dem Zuschauer eine Totale aus dem Keller instruiert, indem aus der Untersicht die Treppe herauf gefilmt wird. George öffnet die knarrende Tür und schaut nach unten in Richtung Kamera. Er wird anschließend in einer Halbnahen gezeigt. Begleitet wird diese Sequenz nun mit Stille. Außer einem Rauschen und der unsicheren bzw. verängstigten Lauten vom Jungen, ist nichts weiter zu hören.In der folgenden amerikanischen Einstellung geht er links im Bild zur Treppe; rechts von ihm ist erneut viel Raum, der Aufmerksamkeit auf sich zieht, da es den Eindruck macht, als wäre dort etwas Wichtiges. (00:02:32-00:02:39)

Erneut wird die Treppe in POV (= Point of View; aus der Perspektive des Darstellers) gezeigt: Die Treppe führt ins absolute „Nichts“ bzw. Dunkelheit. Mit diesem Bild kommt erneut eine dramatische Musik sowie einem langsamen Zoom-in, die die düstere Stimmung unterstützten. (00:02:40- 00:02:42)

Daraufhin wird noch einmal George mithilfe einer Kamerafahrt gezeigt, bis plötzlich die Dramatik mit einem, im Vergleich, lauten „George“ durchbrochen wird, was aus einem Walking-Talky kommt. Der Junge erschreckt und schaut nach unten zum Gerät, was sich in seiner Hand befindet. (00:02:43-00:02:47)

Der Verfasser der Botschaft, Bill, der nun in seinem Zimmer steht, anstatt zu sitzen, wird gezeigt. Der Bildausschnitt (Amerikanisch) gibt abermals viel Raum zu sehen; Bill sagt anschließend: „Beeil, dich“. (00:02:48-00:02:50) 

In der nächsten Einstellung, einer Totale, legt Bill das Walkie-Talkie auf einen Tisch und läuft nach links durch den Raum. (00:02:50-00:02:52)

Wieder sieht man George in einer Nahaufnahme unsicher am oberen Rand der Kellertreppe stehen und die Tür schließen. Flüsternd sagt er zu sich selbst „Ich bin mutig“, während er beginnt die Treppe nach unten zu steigen. (00:02:53-00:02:58) 

Die Einstellung wechselt zu einer Halbtotale und einer langsamen Kamerafahrt nach unten, die erneut dem Darsteller folgt. Er wird überwiegend im mittleren und rechten Bildausschnitt gezeigt, wodurch der Zuschauer den Anfang des Kellers begutachten kann, der jedoch zum größten Teil nur aus Dunkelheit besteht. (00:02:59-00:03:09)

Als nächstes folgt eine Totale und ein leichter Kameraschwenk nach rechts. Es wird der dunkle Keller gezeigt, wodurch lediglich Umrisse zu erkennen sind. (00:03:10-00:03:12)

Daraufhin sieht der Zuschauer in einer weiteren Halbnahe, wie George seinen Mut erneut zusammen nimmt, durchatmet und die letzte Stufe herunter steigt. (00:03:13-00:03:14)

Auch diesmal wird mithilfe einer Totale der Keller offenbart- diesmal wie George durch den Raum geht. (00:03:15-00:03:20)

Währenddessen flüstert er zu sich selbst „Wo ist das Wachs?“ und stoppt bei einer Kommode. Die Kameraeinstellung wechselt zu einer Nahaufnahme, bei der der Junge von hinten gezeigt wird. Weiter flüstert er zu sich selbst „Da ist das Wachs…ja“ und greift nach dem Wachs. (00:03:20-00:03:25)

Während er mit sich selbst spricht, ändert sich das Bild. Diesmal sieht man ihn von vorne; ebenfalls in einer Nahaufnahme. Spannungsgeladene Musik ertönt und nimmt an Intensität zu. George erstarrt, während er leicht rechts aus dem Bild schaut. (00:03:26-00:03:28)

Im nächsten Shot wird eine Holzfigur einer alten Frau in Großaufnahme gezeigt. Die Figur ist dezent grünlich angeleuchtet. Die Musik nimmt weiterhin an Spannung zu. (00:03:29-00:03:30)

Erneut wechselt das Bild zum Jungen, der noch immer verängstigt in die Richtung der Holzfigur blickt und das Wachs aus dem Regal nimmt. Kurz darauf wandert sein Blick in die, aus der Perspektive des Zuschauers, linken Seite des Bildes. Durch die Nahaufnahme wird noch nicht verraten, was er diesmal sieht. (00:03:30-00:03:31)

Eine, (Halb-)Totale zeigt daraufhin zwei leuchtende Punkte in der Dunkelheit, die als Augen interpretiert werden können. In dem Moment, als er dort hinblickt, nehmen sie an Leuchtkraft plötzlich ab, als wären sie erwischt worden. Dies gibt der Einstellung bereits einen gruseligen Charme. (00:03:31-00:03:33)

Der Junge befindet sich nun links im Bild und starrt weiterhin in die Richtung der leuchtenden Punkte. Eine Kamerafahrt kommt auf ihn zu, während er bedächtig rückwärts geht und dabei den Blick nicht abwendet. (00:03:33-00:03:36)

Zum zweiten Mal werden die beiden leuchtenden Punkte, diesmal in einer Halbnahaufnahme, gezeigt. (00:03:36-00:03:39)

Der Junge greift ängstlich, vom Zuschauer rechts, nach einer Lampe und zielt mit dem Lichtstrahl auf die vermeintlichen Augen. Er wird leicht von unten gefilmt (Untersicht) und die Musik nimmt in dem Moment schlagartig ab. (00:03:39-00:03:42)

Doch außer einem unordentlichen Regal, welches inmitten von anderem Krempel steht, ist nichts weiter zu sehen. Hierbei handelt es sich um eine Halbnahe Einstellung. Die Sequenz innerhalb der Szene gibt bereits einen Eindruck, dass etwas nicht stimmen kann oder dass sich der Junge lediglich etwas ausdenkt, was nicht da ist. Das Ungewisse verstärkt die Spannung. (00:03:42-00:03:44)

In der darauf folgenden Einstellung donnert das Gewitter in der Nähe, das Kind erschreckt und er schwenkt noch einmal die Taschenlampe. Die Halbnahe und die Dunkelheit erlauben erneut dem Zuschauer kaum eine Sicht auf die Umgebung. (00:03:44-00:03:44)

George rennt hektisch durch den Keller die Treppe hoch. Die Kamera schwenkt mit ihm mit und bleibt stehen, als er fast im ersten Stockwerk angekommen ist. Dabei sagt er „Was war das, was ist das? Oh je…“. Diese Einstellung wird mit der spannungssteigernden dramatischen Musik aus der Einstellung mit den leuchtenden Punkten gefüllt und mit einem menschlich-klingenden Hauchen, das an Lautstärke zunimmt und schlagartig verstummt, beendet. (00:03:44-00:03:58)

Der folgende Jumpcut zeigt Bill und den Jungen eng nebeneinander auf Stühlen sitzen. Der Jüngere umarmt den Älteren. Im Bildausschnitt befinden sie sich in der linken Hälfte, sodass vieles der Umgebung zu erkennen ist. (00:03:58-00:04:01)

Mit zwei hintereinander folgenden Großaufnahmen wird gezeigt, wie das zuvor erwähnte gefaltete Papier mit einem rauen Pinsel (mit vermutlich erhitzten Wachs) bestrichen wird. Es stellt sich heraus, dass es sich um ein Papierboot handelt. Helle Klavierklänge und weibliche Gesänge beginnen die Emotionalität der Einstellung zu unterstützen. (00:04:01-00:04:04)

In einer Nahaufnahme sitzen die beiden Kinder am linken Rand des Bildausschnitts und schauen konzentriert nach rechts unten auf das Boot, während Bill es bestreicht. (00:04:04-00:04:05)

Wiederholend wird die Bildeinstellung gewechselt, indem diesmal das Boot aus einer Over-Shoulder Perspektive von Bill aus dargestellt wird. (00:04:05-00:04:07)

Unmittelbar folgend sieht man die beiden in einer Halbnahen Einstellung frontal zur Kamera. Während Bill lächelt und den Pinsel in einen Behälter stellt, sagt er „Das wär’s“. Er scheint mit seinem Werk zufrieden zu sein. (00:04:07-00:04:11)

Stolz überreicht er dem kleinen Jungen das Boot und meint zu ihm „So, bitteschön. S-Sie ist klar…“. Die beiden befinden sich in einer Nahaufnahme. Bill ist im Fokus, während der Jüngere leicht unscharf abgebildet wird. (00:04:11-00:04:14)

Die Audioaufnahmen des Gesprächs der aktuellen Einstellung wird in der nächsten weitergeführt: „…zum Ablegen, Captain“. Dabei sieht man diesmal den kleinen Jungen im Fokus und Bill, der leicht an dem linken Arm vorbei gefilmt wird, unscharf. Der Junge fragt „Sie?“ und scheint sichtlich verwirrt. Bill antwortet daraufhin in der folgenden Einstellung, die ihn wieder in den Fokus setzt: „Boote sind i-immer weiblich.“ Dabei schaut er das Boot und daraufhin dem Jungen ins Gesicht, was seinem Stottern zu verschulden ist. Die Sequenz geht mit den gleichen Einstellungen so weiter. Der kleine Junge, George, lächelt seinen Bruder an und bestätigt dessen Aussage „Sie“. Bedankend umarmt er Bill, während er das Papierboot in der rechten Hand festhält. (00:04:14-00:04:28)

Beendet wird die Sequenz mit einer Totale, die erneut dem Zuschauer die Möglichkeit gibt den gesamten Raum und die beiden Kinder beim Rumalbern zu betrachten. George rennt fröhlich mit seinem Papierboot und dem Walkie-Talkie durch den Raum in Richtung Tür und ruft dabei „Bis nachher, Tschüss“. Die Kamera schwenkt mit ihm nach rechts mit. (00:04:29-00:04:34)

In der darauffolgenden Halbtotale sieht man Bill, wie er George hinterher schaut und sich dann wieder auf etwas auf dem Schreibtisch konzentriert. Dabei wird er von hinten sitzend gefilmt. Im nächsten Teil dieser Sequenz betrachtet der Zuschauer Bill nun von vorne in einer Nahaufnahme, wie er gedankenverloren die Wachsverpackung schließt und langsam zum Fenster hinüber läuft. Die Kamera neigt bzw. schwenkt mit seinen Bewegungen, erst vertikal nach oben, dann horizontal nach linkes, mit. Bill wird am Fenster seitlich gezeigt, hinter ihm ist viel Raum zu sehen. (00:04:34-00:04:47)

Der nächste Shot beginnt mit einer relativ nahen Aufnahme des oberen Stockwerks, indem sich Bill befindet, und schwenkt gemächlich zum unteren Teil des Hauses, wo sich die Eingangstür befindet. Mit der gleichen schwenkenden Bewegung wird George gezeigt, wie er aus dem Haus kommt und durch den Vorgarten rennt. Die anfängliche Aufsicht wechselt zur Normalperspektive und daraufhin zu einer Untersicht. Die Normalperspektive zeigt George ein paar Meter rennend frontal. In die Untersicht wird gewechselt, als er stoppt, sich umdreht und winkend nach oben zu Bill schaut. Insgesamt wirkt die Einstellung sehr düster: Der Himmel ist stark bewölkt und es regnet. Blautöne unterstützen den Eindruck von Kälte. Die Klaviermusik geht in dem Rauschen des Regens unter. (00:04:47-00:04:59)

Aus einer leicht erhöhten Perspektive wird George aus der Sicht von Bill in einer Totale gezeigt. Er steht mittig links im Bildausschnitt. (00:04:59)

Die nächste Einstellung ähnelt der von 00:04:47: Bill steht am Fenster und wird von der Seite gefilmt. Währenddessen spricht er in sein Walkie-Talkie, worauf „Bill“ steht: „Sei vorsichtig“. Dabei fährt die Kamera auf ihn zu und neigt sich leicht nach oben zu seinem Gesicht. (00:05:00-00:05:02)

Die vorher genannte Totale mit George, wiederholt sich ebenfalls. Diesmal geht er langsam zum Straßenrand. (00:05:02-00:05:03)

Er platziert in einer Nahaufnahme das Papierboot in dem kleinen Flüsschen, was sich zwischen Fußweg und Straße seinen Weg bahnt. Von George sind lediglich seine Schuhe und linke Hand sichtbar. Das Boot schwimmt mit der Strömung an der Kamera vorbei. Dabei liegt der Fokus auf dem Papierboot, sodass der Hintergrund unscharf wird. Orchesterähnliche Musik beginnt zu spielen und wird lauter. (00:05:03-00:05:05)

In der darauf folgenden Totale rennt George lachend dem Papierboot hinterher, welches bereits an Geschwindigkeit zugenommen hat. Verdeutlicht wird dies durch eine Kamerafahrt, die dem Jungen folgt. (00:05:05-00:05:11)

Die Perspektive ändert sich und der Junge wird nun in einer Totalen von vorne gezeigt. Die Kamera filmt aus einer Aufsicht in eine Normalperspektive. Gleichzeitig fährt sie rückwärts auf Bodenhöhe zu. (00:05:11-00:05:20)

Ein spannender neuer Einblick wird dem Zuschauer durch eine starke Aufsicht gegeben, die das Geschehen im 180-Grad Winkel nach unten offenbart und sich dabei gegen den Uhrzeigersinn dreht. George rennt von rechts nach links bis zur Mitte durch das Bild. Daraufhin wird in einer Halbnahe Einstellung gewechselt, die wiederholend George von vorne rennend zeigt. Diese wechselt und zeigt ihn nun von hinten; kurz darauf von der Seite. Durch die vielen schnellen Kameraeinstellungen wird noch einmal verdeutlicht wie rasant der Junge unterwegs ist. (00:05:20-00:05:29)

Durch eine POV-Aufnahme, die auf das schwimmende Boot fokussiert ist, wird erst im letzten Moment eine Barrikade offenbart. In der nächsten Einstellung läuft George mit dem Kopf voran dagegen und fällt hin. (00:05:29-00:05:30)

Unter der Barrikade im Flüsschen liegend kneift er die Augen vor Schmerz zusammen. Gezeigt wird er dabei in einer Totale. Er blickt auf das Boot, welches weiter dem Straßenverlauf folgt. (00:05:30-00:05:33)

Die Perspektive ändert sich und zeigt auf Bodenhöhe das Boot im Fokus und George verschwommen im Hintergrund. Die Einstellungsgröße bleibt unverändert. (00:05:33-00:05:37)

Hektisch steht George auf und rennt seinem Boot hinterher. Die Kamera begleitet ihn mithilfe einer Fahrt von seitlich hinten. (00:05:37-00:05:41)

Damit der Zuschauer eine Ahnung bekommt, wo sich der Junge momentan befindet, werden in der nächsten Einstellung mithilfe einer Kamerafahrt von oben nach unten zwei Straßenschilder in einer Nahaufnahme gezeigt. Während der Fahrt nach unten sieht man George noch immer rennen. Die Einstellungsgröße wechselt fließend in einer Totale. Bevor die Fahrt die Mitte des Bildes erreicht, wechselt die Einstellung erneut in einer Halbnahe und zeigt Georgie von vorne. (00:05:41-00:05:44)

Daraufhin wieder in einer POV, die das Papierboot in einer Halbtotale zeigt. (00:05:45-00:05:47)

Kurz bevor dieses einen Gully runter schwimmt bzw. fällt wird die Szenerie von links nach rechts schwenkend in einer Totalen gezeigt. Der Junge rennt panisch dem Boot hinterher. (00:05:47-00:05:49)

Die Dramatik der Sequenz wird durch eine Nahaufnahme des Bootes verdeutlich, welches fast im Gully verschwindet. In dem Moment wird zurück zu George geschnitten, der panisch „Nein!“ schreit. Dabei befindet er sich mittig rechts im Bild und wird in einer Halbnahen gezeigt. (00:05:49-00:05:51)

Das Boot bekommt die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers, indem sein Abgang in einer Großaufnahme und Untersicht aus dem Gully heraus gefilmt wird. George taucht, noch immer schreiend, im Hintergrund auf. Im zweiten Teil der Gully-Sequenz wird der Bildausschnitt ein bisschen größer aber bleibt inhaltlich gleich: Das Regenwasser fließt an der Kante des Abflusses herunter und George schaut nach seinem Boot suchend hinein. (00:05:52-00:05:55)

Die Gesamte Szenerie wird anschließend in einer nach rechts bewegten bzw. schwenkenden Totale gezeigt, in der sich der Junge im rechten Bildbereich befindet. Die Umgebung ist erkennbar und wird im Hintergrund unscharf: Der Fokus liegt hauptsächlich auf dem Protagonisten. Dieser sagt zu sich selbst: „Oh je, Bill bringt mich um.“ (00:05:55-00:05:57)

Als nächstes wird durch einen niedrigen Over-Shoulder Shot frontal auf die Gullyöffnung gefilmt und dabei heran gezoomt. Durch die Länge des Shots steigert sich die Spannung. (00:05:55-00:06:02)

George schaut neugierig in die Öffnung. Dabei befindet er sich mittig im Bild und schaut nach rechts unten. Der Zuschauer betrachtet ihn dabei erneut aus dem Gully heraus in einer Nahaufnahme. (00:06:02-00:06:03)

Mit einer laut ertönten dramatischen Musik und einer Art menschlichen Hauch-Geräusches wird aus der Sicht des Jungen (POV) in der Dunkelheit des Gullys zwei gelblich leuchtende Augen erkennbar, die sich auf ihn fixieren. (00:06:02-00:06:05)

George schreckt schreiend zurück. Der Bildaufbau zeigt ihn schräg in der linken Hälfte, wie er nach rechts unten schaut. Die Einstellung kann als Halbtotale/Nahaufnahme interpretiert werden. (00:06:05)

Die darauf folgende Over-Shoulder Aufnahme zeigt, wie das Wesen mit den leuchtenden Augen näher an die Gullyöffnung tritt, sein „Gesicht“ dem Jungen lächelnd offenbart und „Hallo George“ dabei sagt. Der Fokus liegt vollkommen auf dem Wesen. (00:06:05-00:06:10)

In einer Nahaufnahme wird sich auf das verängstigte Gesicht des Kindes konzentriert. Es befindet sich in der Mitte des Bildes und schaut weiterhin nach rechts. (00:06:10-00:06:11)

Das Wesen befindet sich im mittig rechten unteren Teil des Bildes, schaut nach links oben und redet weiter zu dem Kind: „Was für ein schönes Boot…willst du es wieder haben?“ Die Einstellungen von Minute 00:06:10 wiederholen sich. (00:06:11-00:06:15)

George antwortet daraufhin dem Wesen verängstigt „Ä-ä-ä-hm, ja bitte“. Die Einstellung von Minute 00:06:03 wiederholt sich. (00:06:16-00:06:18)

Die folgende Over-Shoulder-Einstellung zeigt das Wesen, wie es aus der Gullyöffnung das Kind direkt anschaut. Dabei befindet es sich relativ mittig und das Kind links im Bild. Das Wesen führt die Unterhaltung fort und meint: „Du siehst aus wie ein braver Junge. Du hast bestimmt viele Freunde…“.  (00:06:18-00:06:22)

Die Shoteinstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George antwortet noch mehr verängstigt dem Wesen: „Drei, aber mein Bruder ist mein aller bester.“ (00:06:22-00:06:25)

Nun wird das Wesen in einer Großaufnahme gezeigt. Es befindet sich mittig im Bild platziert und schaut nach links oben. Spucke rinnt ihm aus dem Mund, als würde er sich auf sein Lieblingsessen freuen. Es fragt nach Georges Bruder: „Wo ist er?“. (00:06:25-00:06:27)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich erneut. George antwortet dem Wesen: „Im Bett…krank.“. (00:06:27-00:06:29)

Einstellung von Minute 00:06:25 wiederholt sich: Das Wesen sagt: „Ich wette, ich kann ihn aufmuntern. Ich gebe ihm einen Ballon.“ (00:06:29-00:06:32)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George nickt unsicher. (00:06:33-00:06:35)

Einstellung von Minute 00:06:25 wiederholt sich: Das Wesen meint daraufhin zu dem Jungen: „Willst du auch einen Ballon, George?“ (00:06:35-00:06:37)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George antwortet selbstbewusst: „Ich darf eigentlich nichts von Leuten annehmen, die ich nicht kenne.“ (00:06:37-00:06:41)

Einstellung von Minute 00:06:25 wiederholen sich: Das Wesen meint zu dem Jungen „Oh…nun, ich bin Pennywise, der tanzende Clown“. Dabei lacht es und schüttelt sich kurz; Glöckchen klingeln. (00:06:42-00:06:46)

Einstellungen von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George starrt den Clown unsicher an. Im Hintergrund hört der Zuschauer den Clown noch einmal seinen Namen wiederholen: „Pennywise…“. Den anfangenden Satz führt er in der nächsten Einstellung weiter (J-Cut). (00:06:46-00:06:49)

Einstellung von Minute 00:06:25 wiederholt sich: Pennywise führt die Unterhaltung weiterhin fort, indem er sagt: „…ja….das ist George, George…das ist Pennywise.“ Währenddessen zeigt er auf den Jungen und sich selbst. (00:06:49-00:06:54)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George beginnt zu lachen. (00:06:54-00:06:56)

Einstellung von Minute 00:06:25 wiederholt sich: Pennywise versucht noch einmal George davon zu überzeuge, dass er kein Fremder ist und meint: „So, jetzt kennen wir uns doch, nicht wahr?“ (00:06:57-00:06:59)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George blickt ernst in den Gully hinab. (00:06:59-00:07:01)

Die Sequenz wird durch ein neues Ereignis unterbrochen, indem eine Anwohnerin gezeigt wird, die auf ihre Terrasse geht und einen Vorhang hochzieht, damit dieser nicht vom Wind kaputt gemacht wird. Dabei sieht sie George an, wie er sich kniend am Straßenrand befindet. Die Kamera fährt von einer leichten Untersicht in eine Normalsicht und schwenkt dabei leicht nach unten. Es handelt sich um eine Halbtotale. Die Frau wird erst leicht seitlich und anschließend von hinten präsentiert. (00:07:01-00:07:14)

Eine Katze blickt mittig im Bild zwischen dem Zaun der Terrasse hindurch. Diese wird frontal in einer Normalperspektive und Halbtotale gezeigt. (00:07:14-00:07:15)

In der folgenden frontalen Halbtotale wird die Frau mittig abgebildet, wie sie sich umdreht und in die Richtung geht, aus der sie herkommt. (00:07:16-00:07:19)

Diesmal werden George und Pennywise in einem Frame gezeigt. Die Halbtotale wird seitlich links vom Clown nach oben zum Jungen konstruiert. Von Pennywise ist lediglich eine Wange sichtbar. George fragt ihn neugierig: „Wie bist du denn da runter gekommen?“. (00:07:19-00:07:21)

Die Einstellung von Minute 00:07:16 wiederholt sich: Der Clown antwortet spielerisch „Der Sturm hat mich weggeblasen.“ Daraufhin legt er eine kurze Pause ein und spricht weiter „Den gesamten Zirkus hat er weggeblasen.“ Pennywise beginnt unheimlich bzw. gestört zu lachen. (00:07:21-00:07:29)

Einstellung von Minute 00:06:32 wiederholt sich: Pennywise erstarrt aus seinem Gelächter und schaut George mit einem leeren Blick an. Weiter führt er den Dialog fort „Kannst du den Zirkus riechen, George?“ Auffällig viel Speichel tropft ihm dabei aus dem Mund. (00:07:29-00:07:34)

Einstellung von Minute 00:06:18 wiederholt sich: George schaut noch immer fragend und unentschlossen den Clown an. Währenddessen hört man Pennywise sagen: „Da gibt’s Erd…“. (00:07:32-00:07:34) 

Im darauffolgenden Shot, der die Kameraeinstellung von Minute 00:06:32 wiederholt, führt er fort …nüsse…Zuckerwarte“ (J-Cut). Dabei starrt er den kleinen Jungen spielerisch und düster an. (00:07:34-00:07:37)

Die Einstellung von 00:06:18 wiederholt sich; der Clown redet ununterbrochen weiter: „…Hotdogs…“. (00:07:37-00:07:39)

Die Einstellung von Minute 00:06:32 wiederholt sich; Pennywise redet noch immer: „…und…“. Dabei betont er das „d“ überspitzt. (00:07:39-00:07:42)

Die Sequenz wechselt wieder zu George mit der gleichen Einstellung wie zuvor in Minute 00:06:18. Er führt Pennywise’ Satz zu ende: „…Popcorn?“. (00:07:42-00:07:43)

„Popcorn! Das magst du am liebsten?“ ruft der Clown aufgeregt und lacht hysterisch. Er wird noch immer in der gleichen Nah-Einstellung gefilmt wie zuvor. (00:07:44-00:07:46) (Einstellung von Minute 00:06:32)

Nickend sieht George den Clown an und meint „Aha“. Die Einstellungen sind noch immer gleich. (00:07:46-00:07:47) (Einstellung wie bei 00:06:18)

„Ich auch!“ Antwortet ihm der Clown und beginnt noch hysterischer zu lachen. Er unterbricht sich, indem er fortführt: „Weil es popt! Pop, pop,…“. (00:07:47-00:07:53) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

Im nächsten Shot wird sein Satz fortgeführt (J-Cut), während George in der gleichen Einstellung wie zuvor gezeigt wird: „…pop.“ Der junge beginnt zu lachen. Es wechselt noch zwei Mal zum Clown und wieder zurück zum Jungen, wie beide ein paar Mal „Popp“ sagen. (00:07:53-00:07:59) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Plötzlich erstarrt Pennywise und schaut George still an. (00:07:59-00:08:01) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

George wird ebenfalls ruhig und schaut den Clown verängstigt an. (00:08:01-00:08:03) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Pennywise starrt ihn noch immer lautlos an. (00:08:03-00:08:06) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

George bekommt es immer mehr mit der Angst zu tun und meint: „Äh…Ich geh dann mal lieber wieder nach Hause.“ (00:08:06-00:08:09) (Einstellung wie bei 00:06:18)

„Oh, ohne dein Boot?“ Fragt der Clown und hebt das Papierboot auf die Höhe seines Gesichts. (00:08:09-00:08:12) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

„…Das willst du doch nicht verlieren, George.“ Der Satz wird erneut über zwei Einstellungen gelegt (J-Cut). George schaut den Clown nachdenklich und unsicher an. (00:08:12-00:08:15) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Pennywise macht weiter mit seinen Verunsicherungsversuchen und meint zu George: „Bill würde dich umbringen.“ Dabei zieht er leicht die Mundwinkel hoch, was künstlich wirkt. (00:08:15-00:08:19) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

George starrt ihn noch immer unsicher an. (00:08:19-00:08:21) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Wissend, dass er George dort hat wo er ihn wollte, grinst Pennywise bösartig und hält das Boot noch ein bisschen höher, damit George danach greift. Dabei meint er „Hier…du kriegst es zurück.“ Unheimliche Geigenmusik beginnt zu spielen. (00:08:21-00:08:26) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

George starrt ihn noch immer unsicher an. (00:08:26-00:08:28) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Der Clown redet weiter und tut so, als würde er ihm das Boot geben wollen: „Na los, nimm es, George.“ (00:08:28-00:08:31) (Einstellung wie bei Minute 00:06:32)

George starrt das Boot unsicher an und bewegt sich langsam nach vorne. Die Musik nimmt an Intensität zu. (00:08:31-00:08:33) (Einstellung wie bei 00:06:18)

Zum ersten mal Seit dieser Frequenz ändert sich die Kameraeinstellung im Bezug auf Pennywise, indem er in einer Over-Shoulder Shot in einer Nahaufnahme gezeigt wird. Man sieht lediglich die untere Hälfte seines Gesichts und die leuchtenden Augen. Zwar ähnelt sich das sehr den letzen Shots und bringt doch Abwechslung. (00:08:34-00:08:35)

In einer seitlichen Halbtotale sieht der Zuschauer, wie George sich nach vorne beugt und zum Gully krabbelt. (00:08:35-00:08:37)

In einer Nahaufnahme, die ebenfalls den anderen ähnelt aber mehr auf in fokussiert ist, greift er zaghaft in Richtung des Boots. Doch Pennywise zieht das Boot zurück. (00:08:37-00:08:40)

Die Einstellung von Minute 00:08:34 wiederholen sich: George setzt seine rechte Hand wieder auf den Boden. Pennywise’ Augenfarbe wechselt von Blau zu Gelb. Die Musik ist nun unüberhörbar, intensiv und steigert sich. (00:08:40-00:08:42)

George greift erneut zaghaft nach dem Boot. (00:08:42-00:08:47)

Die Kameraeinstellung wechselt schnell und abprupt, indem eine seitliche Nahaufnahme aus dem Gully heraus hauptsächlich den Clown und die Hand des Kindes zeigen. Pennywise beginnt gänsehauterregend zu schreien. (00:08:47-00:08:48)

In der darauf folgenden Großaufnahme sieht der Zuschauer, wie Pennywise seinen, mit gefährlich spitzen Zähnen, bespickten Mund überdimensional öffnet und seine Augen weit aufreisst. (00:08:48-00:08:49)

In einer Over-Shoulder Aufnahme beißt er in Georges Arm. Dabei dramatisiert ein rasanter Zoom die Einstellung. Das Gesichts des Clowns hat sich unerkennbar verändert bzw. auseinander gezogen, damit er den gesamten Arm mit seinem Mund umschließen kann. (00:08:49)

Die zuvor genannte Katze schaut durch den Zaun der Terrasse seines Frauchens und befindet sich im linken unteren Teil des Bildes. Sie wird in einer Normalperspektive gefilmt. (00:08:50-00:08:51)

In einer Totale in Übersicht sieht man, wie George schreien nach hinten kippt und sein rechter Arm in Richtung Gully schwimmt oder gezogen wird. (00:08:52)

Die nächste Einstellung ist eine Halbtotale, die in einer Normalperspektive mittig im Bild auf George fokussiert. (00:08:53)

Daraufhin wird dem Zuschauer in einer Nahaufnahme frontal mittig Georges schmerzverzerrtes Gesicht präsentiert, während er verzweifelt vom Gully versucht wegzurobben. (00:08:53-00:08:56)

In einer 180 Grad Aufsicht befindet sich der Junge mittig in der Totalen und mitten auf der Straße. Der Regen tropft auf ihn herab. Langsam greift Pennywise’ Hand aus dem Gully. (00:08:56-00:08:59)

Die Einstellungen von Minute 00:08:54 wiederholen sich: George wird nach hinten zum Gully gezogen. (00:09:00-00:09:01)

Die Einstellungen von Minute 00:08:56 wiederholen sich: George wird nach hinten zum Gully gezogen. Eine breite Blutspur verbindet sich mit dem abfließenden Regenwasser auf der Straße. (00:09:02-00:09:03)

Mithilfe eines Zooms und einer Halbtotale wird George ein letztes Mal vor seinem Verschwinden front mittig gezeigt. Sein Schrei reißt schallend ab und Stille ertönt. Nur noch der Regen ist hörbar. (00:09:03-00:09:07)

Die ältere Frau schaut erneut auf dem Balkon in die Richtung wo sich der Junge befunden hatte. Sie befindet sich links im Bildausschnitt und geht auf den Zaun zu. Dabei wird sie in einer leichten Aufsicht gezeigt. Die Kamera neigt sich nach oben. Ihre Katze miaut. (00:08:07-00:08:14)

Die Katze schaut durch den Zaun. (00:09:15-00:09:17)

In einer Over-Shoulder Aufnahme sieht man die Frau im rechten Teil des Bildes und mittig links die Stelle, wo sich George bis gerade eben noch befunden hatte. Außer einer Blutspur ist nichts mehr von ihm zu sehen. Die Frau läuft rechts aus dem Bild. (00:09:17-00:09:21)

Das Bild wird abrupt schwarz. (00:09:21)

Greenwashing: Eine Definition

Für 76 % aller Österreicher*innen ist das nachhaltige Handeln von Unternehmen sehr bis äußerst wichtig. Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen nachhaltige Aspekte in ihre Kommunikations- und Markenstrategien integrieren. Nachhaltigkeit bezeichnet dabei schon lange nicht mehr nur ökologische Belange, sondern ebenso ökonomische und soziale. Das Problem dabei: nicht immer stimmen die nachhaltigen Versprechen der Unternehmen – viele betreiben Greenwashing.

Der Begriff Greenwashing stammt bereits aus dem Umweltaktivismus der 70er und 80er Jahre. Das Oxford Dictionary legt den Begriff wie folgt fest:

“Greenwash: disinformation disseminated by an organization so as to present an environmentally responsible public image”

Die Problematik des Greenwashing

Die Täuschung erfolgt dabei nicht nur offensichtlich durch Werbetexte, sondern häufig auch durch nonverbale Kommunikation wie Bilder. Produktfotos in der Natur, besonders viel grün auf der Website, … die Liste der oft bewussten Manipulation lässt sich lange fortführen. Den Konsument*innen wird vermittelt, dass ihre Kaufentscheidung eine gute Sache ist und damit keinen Schaden verursacht. Auf diese Weise wird der Marktmechanismus zerstört. Viele Konsument*innen möchten gerne nachhaltigere Kaufentscheidungen treffen. Eine Studie hat gezeigt, dass über 95 % aller “nachhaltigen” Produkte zumindest in einem Punkt nicht ihr Nachhaltigkeits-Versprechen erfüllen. Durch Greenwashing verlieren die grünen Werbebotschaften jedoch ihre Glaubwürdigkeit und den Konsument*innen fehlt die Grundlage zum Fällen ihrer Kaufentscheidungen. Wenn das Vertrauen in “nachhaltige Marken” verloren geht, kann das im schlimmsten Fall sogar zu einer Abneigung führen und Konsument*innen beginnen Unternehmen mit nachhaltigen Botschaften zu meiden.

Wieso gibt es Greenwashing?

Nachhaltigkeit wird zum Trend und das Bewusstsein für ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung steigt. Menschen sind zunehmend auch bereit, für nachhaltigere Produkte mehr Geld zu bezahlen. Nachhaltige Produktion und faire soziale Bedingungen rechtfertigen auch einen höheren Preis. Generell wird Konsum häufig als sehr negativ betitelt und in Zusammenhang mit der Überflussgesellschaft dargestellt. Ein grünes Produkt hat schon an sich ein besseres Image und verkauft das gute Gewissen quasi mit.

Die 7 Sünden des Greenwashing

Die Firma TerraChoice Environmental Marketing Inc. forscht seit 2006 zum Thema Greenwashing. In einer Studie aus 2010 hat sie sieben Greenwashing Sünden definiert.

  • Schlechte Kompromisse
    Von dieser Sünde wird gesprochen, wenn Unternehmen auf der Grundlage einer sehr kleinen Anzahl von Eigenschaften suggerieren, dass ihr Produkt umweltfreundlich ist, während sie die Aufmerksamkeit nicht auf größere Umwelt- oder Gesundheitsauswirkungen lenken.
  • nicht überprüfbare Aussagen
    Wenn eine Behauptung getroffen wird, die nicht durch entsprechende seriöse Zertifikate untermauert oder von dritten Parteien überprüft werden kann.
  • unklare Aussagen
    Eine Behauptung, die so schlecht definiert oder weit gefasst ist, dass sie keine Bedeutung hat, und die in der Erwartung gemacht wird, dass die Verbraucher sie missverstehen werden. Die Aussage, ein Produkt sei “ganz natürlich”, bedeutet zum Beispiel gar nichts. Dinge wie Schimmel, Chemikalien und Bakterien könnten als “natürlich” angesehen werden.
  • irrelevante Aussagen
    Die Sünde der Irrelevanz liegt vor, wenn Unternehmen für ihr Produkt werben, indem sie etwas behaupten, das zwar der Wahrheit entspricht, aber eine irrelevante Information oder absichtlich irreführend ist. Ein Beispiel: Ein Unternehmen lässt den Verbraucher mehr für ein Produkt zahlen, das “FCKW-frei” ist, verschweigt aber, dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe bereits gesetzlich verboten sind, und zwar schon seit geraumer Zeit, so dass sie ohnehin nicht mehr als Zutat zugelassen wären.
  • das kleinere Übel
    Diese Täuschung liegt vor, wenn Unternehmen Behauptungen aufstellen, die zwar technisch gesehen wahr sind, aber dazu dienen, den Verbraucher absichtlich von größeren Gesundheitsrisiken, Umweltgefahren oder sozialen Missständen abzulenken.
  • falsche Aussagen
    Die offensichtlichste Sünde des Greenwashing sind Angaben, die schlichtweg falsch sind.
  • nicht anerkannte oder falsche Labels
    Häufig erfinden Unternehmen eigene Zertifizierungen und Labels oder bezahlen für Auszeichnungen, die keine entsprechenden Standards voraussetzen.


Quellen