How to invent an International Style

Oder: Schweizer Ausbildung als Basis für den Swiss-Style.

Ende der 1940er Jahre ist ein Wandel in der Designwelt der Schweiz in der Luft, das Berufsbild des Grafikers ist am Scheideweg. Nach der überladenen Welt von Art Deco und Jugendstil hatte sich vor allem in der für die noch junge Disziplin des Grafik-Design repräsentativen Plakatgestaltung eine Art »magischer Realismus« durchgesetzt. Die beworbenen Objekte wurden nun überhöht und idealisiert, frei von jedem Beiwerk in Szene gesetzt und dies mit einer zeichnerisch/malerischen Fertigkeit die die Perfektion anstrebte und oft auch erreichte. Allen voran Niklaus Stoeklin und Peter Birkhäuser schufen so Meisterwerke in diesem Ikonischen Stil.

Die mit raffinierten Darstellungstechniken bewirkte Übersteigerung der Dingtreue, die extrem realistische Stofflichkeit, die geschickt eingesetzte Lichtführung, verbunden mit einer »unnatürlichen« Isolation des Gegenstandes, all dies verleiht dem Dargestellten eine magische Strahlkraft. 

Willy Rotzler

Dieser Ansatz erfordert natürlich eine äußerst gute Ausbildung in zeichnerischen Dingen und die Schweiz steht in der pädagogischen Tradition von Pestallozzi, Grasset und Ritter auf guten Füßen. Parallel dazu entwickelt sich – im Ursprung begründet in den pädagogischen Ansätzen der Reduktion der Kompositionsmittel auf Grundformen und durch nationale und internationale künstlerische Strömungen beflügelt (und nicht zuletzt wohl auch durch die Schweizer Mentalität gefördert) – eine analytische, ornamentlose Stilrichtung. Beeinflussend war auf diesem Wege unter anderem der Fotograf Hans Finsler, der mit seiner sachlichen Herangehensweise in der Produktfotografie viele namhafte Grafiker prägte. Unter strenger inhaltlicher Dominanz konzentriert er sich auf die unverfälschte Darstellung des Materials mithilfe von Aspekten der Bildkomposition und des Bildausschnitt. Dreieck, Kreis und Diagonale spielen wichtige Rollen. An der Kunstgewerbeschule in Zürich lehrt er – selbst beeinflusst von Grasset – dies in seiner Fotoklasse und verbindet Fotografie auch mit Grafikdesign und Typografie. Von Finslers Partner Alfred Willimann werden unter anderem Armin Hofmann und Emil Ruder entscheidend geprägt. 

Ebenso starken Einfluss hat die vor allem in Zürich starke Strömung der konkreten Kunst, bei der den Werken geometrische Elemente, Maßsysteme, Wiederholungen und Zahlenreihen zugrunde gelegt werden. Anders als in der Abstrakten Kunst liegt jedoch keine Abstraktion zugrunde, es ist eine vom Gegenstand unabhängige Kunst, welche schnell Architektur, Grafik und Typografie beeinflusst. Max Bill als wichtiger Vertreter dieser Kunst sieht den grafischen Informationsauftrag für einen der konkreten Kunst anhängenden Gestalter in einer klaren, einfachen und verständlichen Informationsvermittlung. Er zieht eine klare Grenze zwischen Kunst und Grafik, Kunst ist für ihn ausschließlich Träger von ästhetischen Informationen, Grafik immer ein Kommunikationsmittel und somit Träger einer visuellen Information. Vor allem Zürich ist stark von diesem konkreten Kunst-Ansatz geprägt.

In dieser zwiegespaltenen Grafikdesign-Schweiz werden an der kunstgewerblichen Abteilung der Gewerbeschule Basel zu dieser Zeit Vorkurse, Tagesfachklassen (u.A. die Grafik-Fachklasse) sowie die Lehrlingsklassen unterrichtet. Nach wie vor ist das Gewerbemuseum direkt an die Schule angehängt. In den 40er Jahren – in einer Zeit, wo Basel als das Zentrum des illustrativen, hyperrealsitischen Plakatstils gilt – werden hier richtungsbestimmende personelle Entscheidungen getroffen: in der allgemeinen Gewerbeschule werden mit Hermann Eidenbenz, Emil Ruder, Berchthold von Grünigen und Armin Hofmann vier Vertreter dieser modernen Ansicht von Grafikdesign eingestellt. Sie setzen durch ihre Arbeit und Lehre in der Grafik-Fachklasse, Buchdruck- und Typografie-Abteilung sowie der allgemeinen Lehrplangestaltung wichtige Akzente. Parallel dazu bleibt aber mit einem starken Fokus auf die zeichnerische Ausbildung und somit einem Bekenntnis zum Basler Illu-Plakatstil eine diplomatische Doppellösung zwischen Avantgarde und Bildlichem die Premisse.

Emil Ruder – der seine Lehransätze später in sein Standardwerk zur Typografie kondensiert – steht in dieser Zeit einerseits für ein gestärktes Berufsbild des Typografen; der keine reine handwerklich untergeordnete Rolle einnimmt, sondern eine eigenständige künstlerische Gestaltungsarbeit leistet; andererseits für eben jene avantgardistisch-modernen, reduzierten Strömungen. Ruder begründet und leitet den einjährigen Weiterbildungskurs für gelernte Schriftsetzer und Buchdrucker, er wirkt aber auch in der Grafik-Fachklasse.

Im Vorkurs werden die allgemeinen, in der Fachklasse die speziellen Grundlagen gelehrt, auf Basis derer sich später die individuellen Interessen der einzelnen SchülerInnen entwickeln sollen. In den Fachklassen sind künstlerische, technische und theoretische Fächer zeitlich exakt aufeinander abgestimmt um sich in idealer Reihenfolge gegenseitig zu ergänzen. Zu den Fächern gehört neben der strengen Gebrauchsgrafik (eben jener reduzierte, konstruktivistische Stil) und der realistischen Gebrauchsgrafik (Illustrative Basler Schule) unter anderem historische Schrift, Schriftkomposition, Gedächtniszeichnen, Licht und Schatten, Strukturzeichnen, Skulpturenzeichnen, Museums- und Akt bzw. figürliches Zeichnen.

Die Fachklasse für Grafik unter Hofmann ist ein vierjähriger Studiengang, dem für die meisten Studierenden ein Vorkurs vorausgeht. Nach dem ersten Jahr werden nur noch eine geringe Zahl von Studenten zur Ausbildung zugelassen: 1950 7 Studenten (von 30 Bewerbern), 12 im Jahr 1961. Unter den Schülern, die diese Ausbildung absolvieren, sind insbesondere Karl Gerstner (1945–1948), Gerard Ifert (1945–1949), Nelly Rudin (1947–1950) und Dorothea Schmid.

Hofmanns Gegenpart ist Donald Brun als Lehrender des realistischen Stils der Gebrauchsgrafik, genannt Grafik B. Er steht für die Bedürfnisse des Marktes, von Beginn an werden die Schüler durch konkrete Aufgabenstellungen aus der Praxis des Plakat-Designs gefordert, die mit Bleistift und Tusche und anschließend mit Pinsel und Farbe auf Papier als druckfertige Vorlage abzugeben sind. Er stellt die eigene künstlerische Selbstverwirklichung hinter der kommerziellen Funktionalität an und lehrt folgerichtig keinen speziellen Stil oder Technik sondern ein großes Repertoire an Fertigkeiten, die je nach Zweck einzusetzen sind. Die Grundlagen setzt er aus dem Vorkurs voraus.

Hofmanns »strenge« Grafik, genannt Grafik A, sieht die grundlegende Schrift- und Bildgestaltung als Ziel. Formstudien von geraden, runden und diagonalen Schriftelementen, ihre Zusammensetzung zum Buchstaben und weiter zu Wort und Zeile sollen die Grundlagen der Gestaltung und Komposition aus dem Vorkurs weiterführen. Er bewegt sich an der Grenze zwischen Schrift und Bild. Der Prozess des Abstrahierens und Umsetzens in spiegelverkehrter Form für die Lithografie wird von einfachen Grundelementen ausgehend in immer komplexer werdenden Übungen gesteigert.

Neben der Grafik-Fachklasse unterrichtet Hofmann auch in der Lehrlingsausbildung. Das duale Bildungs-System ist in der Schweiz fest verankert, Lehrlinge der verschiedensten Lehrberufe werden einmal wöchentlich unterrichtet. Hierdurch bleibt auch für Hofmann der direkte Kontakt zu den Anforderungen der Praxis erhalten, die Lehrlinge werden die restliche Zeit in den Betrieben praktisch ausgebildet. Emil Ruder als Leiter der Lehrlingsklassen ergänzt sich perfekt mit Hofmann und beide sorgen für eine immer wirksamere Präsenz der »strengen« Grafik.

Ab 1949, also nur zwei Jahre nach dem Beginn von Hofmanns Lehrtätigkeit an der Gewerbeschule Basel, beginnt die strenge Grafik in die Wirtschaft einzusickern und erste Erfolge zu feiern. Eindeutig von den Ansätzen der Lehre Hofmanns beeinflusste Arbeiten finden positiven Widerhall und lösen eine breite Bewegung aus. Wesentlich daran beteiligt ist das Chemieunternehmen Geigy. Im wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit wird bei Geigy ein firmeninternes Atelier gegründet – inhouse Grafik würde man heute (oft auch abfällig) sagen. Ein direkter Dialog zwischen Gewerbeschule und Geigy-Atelier entsteht und die Gestaltungsansätze von Ruder und Hofmann erweisen sich als äußerst brauchbar für die Darstellung von teilweise sehr abstrakten Vorgängen dieser Branche. Aufgrund von älteren Netzwerken arbeiten im Geigy Atelier bald Max Schmidt als Leiter (Vorkurs Basel Absolvent und Lehring im Atelier Bühler, in dem Hofmann und Karl Gerstner; ein Schüler Ruders; zu der Zeit arbeiten) und anfangs eben Hofmann und Gerstner an der grafischen Umsetzung von Geigy-Projekten. In weiterer Folge stellt Schmid gezielt ausgewählte Absolventen von Ruder und Hofmann ein und sichert somit die andauernde Qualität des Teams – im Laufe der Zeit arbeiten nicht weniger als 20 von diesen Absolventen im Geigy-Atelier. 

Die Grundlagen von Grafik und Typografie die in der Ausbildung in Basel gelehrt werden, bilden den Rahmen für den Wiedererkennungswert des Geigy-Stils, der keineswegs durch dogmatische Prinzipien und gleichgeschalteter Grafik erzwungen wird. Durch die Internationale Ausrichtung des Konzerns findet der Stil bald positives Echo und bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Swiss-Style und bestätigt somit das Lehrkonzept der Basler Schule.

Is gender-neutral/ unisex the right term considering society and its toxic masculinity?

One subject that really stood out to me while researching unisex clothing companies as well as gender-neutral branding and design is the fact that basically speaking:

gender-neutral & unisex = masculine

In both product design, where I analysed based on the design of smartwatches, and branding, to also target the male species a more masculine approach was chosen with only (if ever) a hint of feminine attributes. In the smartwatch analysis, it was hinted upon that the reason for this lies in the society’s view on masculinity and the fragility of men’s perceived masculinity, with the fear of being categorised as homosexual. Although this blog post is not specifically focused on design, I want to analyse further into this topic and why most men have this opinion, as I feel like it is key to differentiate while designing a brand identity for a unisex clothing brand. The results of this research can further help within the steps of the brand identity design and will provide a foundation on which a targeted and therefore sustainable brand can be established. 

NOTE: As the topic of stereotypically male and female characteristics in design does not provide a lot of literature, I chose the fashion industry to showcase the concept of male vs female characteristics as it provided a much larger database of resources. Also, to simplify writing this blog post, I will be referring to stereotypically assigned male clothing as men’s or male clothing and stereotypically assigned female clothing as women’s or female clothing.

History of fashion and gendered clothing

If you go back in time, clothing that are nowadays seen as feminine also played a huge role in men’s fashion in history. Gowns were often used as a sign of power and status and indicated the role within society, with examples like tunics in Ancient Rome and metal armour skirts in Medieval Rome. The concept of trousers we know today started around about 800 AD with bifurcated (=two legged) clothing, “as a way of linking physicality and aggression with new European concepts of […] manliness […]”.  Here the concept of trousers as a sign of power was introduced and slowly started finding foot in the fashion industry. This gradual development held up until the 20th century, where babies of both genders wore dresses until boys turned seven and were then clothed with shorts. 

Examples of fashion within Ancient Rome: tunics worn by men

The symbol of male clothing

From this century onwards the fashion for men has not changed significantly compared to women’s fashion, that experienced a revolution especially in the 60s where women fought to be able to wear trousers in professional settings. It is said women wanted this as a sign of empowerment and physical freedom, as men were seen as more powerful than their female counterpart. The boxy shapes of men’s wear give the illusion of a more male physique and along with back then typically male assigned characteristics like strength, authority and credibility. This shift has not yet sparked the opposite men wearing clothes characteristically designed for women, but for what reason? Here I stumbled upon an interesting quote:

A woman wearing men’s clothes has elevated her status to a man’s, but a man wearing women’s clothes has downgraded his status to a woman’s.

Lim, Julie. n.d. Gendered clothing. Accessed January 12, 2022. https://www.juliehyunheelim.com/gendered-clothing/.

When I heard this, I have to admit I was shocked but also somehow not surprised as it summarises the problem of inequality still remaining between men and women. Unfortunately, despite remaining efforts on both male and female sides, the woman is still seen as the weaker counterpart and therefore men that have already established their status and masculinity, do not feel the need or even vehemently avoid any characteristic that could be identified as female as it would downgrade his status as a human. On a side note: interestingly with babies however, male assigned characteristics like strength and authority do not play a significant role yet, so therefore baby clothing is often provided gender-neutral. 

If a man wears a dress, he doesn’t seem strong, he seems “feminine,” which is often tied to a weaker, submissive character. A man cannot dress in a gown without their sexuality being questioned. You must be gay, trans, or anything else but a straight man. Because a man who likes wearing a skirt undermines the display of male power. But if you’re gay, it’s different because gay men aren’t “real” men since “real” men aren’t feminine.

Lim, Julie. n.d. Gendered clothing. Accessed January 12, 2022. https://www.juliehyunheelim.com/gendered-clothing/.

I found this paragraph in the article on gendered clothing by Julie Lim also particularly insightful as it combines what we have found out in previous blog posts with the fear of being viewed as a different sexuality with the power shift and inequality we discovered in this week’s blog post. Also, it combines the observations I have made in my personal life with comments like “no I can’t wear this pink hoodie, people would think I’m gay” or “this shirt has too many flowers on it, I don’t want to send the wrong message to other men”. However, some heterosexual men are trying to change this opinion men have been conditioned to think by dressing in stereotypically female assigned clothing. A famous example is Mark Bryans, a straight, married American man living in Germany who prefers to wear skirts and heels to work. He is known to combine his top half in male clothing and bottom half in female, e.g. button down shirts with a tie paired with pencil skirts and heels. Examples like this are important and on the rise in the current fashion industry and have ignited a new development and shift of gender-neutrality within society especially with the younger generations, like Gen Z that are known to counterfeit norms.

Mark Byrans showcasing his daily outfits with fluid gender boundaries in fashion

Gender-neutrality just a marketing tactic?

Many companies however have introduced unisex or gender-neutral clothing into their repertoires but have failed to recognise the fact that gender-neutral should include both typically male and female assigned clothing. Critics have therefore sparked the claims that this development within fashion is only a marketing tactic to sell men’s clothing to women. There still needs to be a significant change in the thinking of society and the gender structures we have built for society and up until then unisex and gender-neutral clothing will probably all follow this principle. Individuals like Mark Byrans and inspiring other men may be a beginning in the right direction, but it is said that for if to be “normal” for men to wear dresses and skirts, men’s dresses need to be established as their own category rather than male dresses “masquerading” as women’s dresses.

So, should you differentiate between unisex clothing for toxic masculine target groups vs. non-toxic?

As this article clearly showed society nowadays is not ready for male clothing to fully involve female fashion yet as the mindset altogether has to change. This post showed a heavy focus on the fashion industry but provided a great insight into the psychological reasons why unisex is often more male dominated both in terms of fashion and graphic design. It can also be translated within other sectors of design, with observations showing that males do not want to purchase female hygiene products due to the design of the packaging with the colours, typo and graphical elements. When designing a CI for a unisex fashion brand, you need to clearly indicate if the brand is meant for the mass public or rather a niche target group. For the masses, gender-neutral characteristics that involve more masculine attributes may be preferred, however if you are looking to target a more niche sector of men that do not accept the boundaries of male and female fashion, also more typically assigned female graphic elements as well as colours, typography and imagery can be used. The companies analysed in one of the previous blog posts also show this within their corporate identity. The more classic brands that provide clothing for the masses and a more classic and therefore often older target group, stick within the gender-neutral colour palette, but brands like Collusion that target the Generation Z, that are more open to fluid gender roles utilise both typically male and female graphical elements. 


Literature

Edwards, Lydia. 2021. Friday essay: will the perfect men’s dress ever exist – and would men wear it? November 4. Accessed January 12, 2022. https://theconversation.com/friday-essay-will-the-perfect-mens-dress-ever-exist-and-would-men-wear-it-170112.

Lim, Julie. n.d. Gendered clothing. Accessed January 12, 2022. https://www.juliehyunheelim.com/gendered-clothing/.

Riedl, Ann-Kathrin. 2021. Alle sprechen über geschlechtslose Mode, Mark Bryan lebt sie jeden Tag (auch im Büro). March 23. Accessed January 13, 2022. https://www.vogue.de/mode/artikel/mark-bryan-vogue-shooting.

Scrivener, Charlotte. 2021. Is gender-neutral clothing too masculine? December 24. Accessed January 12, 2022. https://glasgowguardian.co.uk/2021/12/24/is-gender-neutral-clothing-too-masculine/.

Comparing Millennials View on Minimalism And Maximalism in Web Design

In my last research session I came across a very interesting study. The aim of this study was to see if millennials who grew up with minimalism prefer a minimalist or maximalist website design.

Authors:

Ulrik Söderström

Lovisa Carlsson

Thomas Mejtoft

Minimalist web-design is characterized by portraying necessary information, content, and features in the most straight-forward and clean-cut way. On the other hand, maximalist web-design aims for bold color combinations, different textures, images, graphics, and animations. The year of 2018 was truly the year of maximalist web-design, though, some designers claims that the “less is more” movement is on its way (Söderström, Carlsson, & Mejtoft, 2019) p. 92

Naturally, both minimalist and maximalist webpages should be designed in a way which does not harm user experience and the information intake. In the article “Feature Richness and User Engagement” Jakob Nielsen summarizes that the more engaged users are, the more features an application can sustain. But most users have low commitment. Therefore, especially websites must focus on simplicity, rather than features (Nielsen, 2007).

(Söderström, Carlsson, & Mejtoft, 2019) p. 92

Minimalism in web-design means reducing all (unnecessary) elements which are unimportant for user tasks. A minimalist web interface has a clear hierarchy in elements, highlights the most important ones and gets rid of anything which might disturb the user’s perception. This helps to make important messages clearer ergo: it helps the consumer to navigate more easily on the website (Söderström, Carlsson, & Mejtoft, 2019) p.93

Web design, just like language is defined by the way people use it. As the term “minimalism is used widely, it is often hard to pinpoint the exact features of it. To get a clearer picture of minimalist web design features, this thesis refers to a study of the Nielsen Norman Group. In this study 112 minimalist websites were analyzed to find defining features of minimalist websites. The author(s) included a characteristic to be defining if it was present in at least 75% of the websites (Moran, 2015)

  1. Flat Patterns and textures
    Flat interfaces do not contain any elements like shadows, highlights or gradients or other textures which make the UI elements look three-dimensional. In the survey 96% of the minimalist websites were flat. Removing unnecessary elements totally falls into the philosophy of minimalist design. But: flat design often refers to textures, icons, or graphics of an interface whereas minimalism rather refers to larger content, features, and layout. So, an interface might be flat without being minimalistic. The problem with flat design is that the user often does not see if an element is clickable or not (as all the elements are flat). Clickable elements should be recognizable for the user easily, therefore it might be better to not work with flat icons there.
  2. Limited or Monochromatic Color Palette
    This trend was recognized in 95% of the sampled interfaces. In most minimalist websites color was specifically used to create visual attention without adding additional design elements of graphics. With less visual information, color palettes will stick out even more for the consumer. Many minimalist designs are often monochromatic or are using one bold color. Almost half of the investigated website (49%, 55 websites) used a monochromatic color palette and almost as many (46%, 52 websites) used one or two accent colors additional to the otherwise monochromatic color palette. Of those 55 monochromatic websites, 51 sites were exclusively using white, black, and grey shades.
  3. Restricted features and elements
    These characteristics were used in 87% of the investigated interfaces. In a minimalist environment, designers need to eliminate any element which is not required to support core functionalities or the message. Those elements could be: 
  • Menu items
  • Links
  • Images
  • Graphics
  • Lines
  • Captions
  • Textures
  • Colors
  • Fonts
  • Icons

As it is often hard to tell which elements are unnecessary a popular mantra of designers is “subtract until it breaks” which means that unless the absence of an element would cause serious problems, they get rid of it. It can be hard to find the right balance between having clean and reduced website and making sure to not make the primary tasks for the user overly complicated or difficult (Moran, 2015).

4. Maximize negative space
Through the elimination of certain elements, negative space, also called white space, is automatically created on a website. A maximization of white space was used in 84% of the examined websites. White space can help the user to absorb the presented information more easily as well as directing the user’s attention. The right use of white space helps to draw the users attention to the important content. 

5. Dramatic use of typography
When there is a reduced number of elements on the webpage, typography can be a great tool for communicating meaning. In this case the typography can compensate the “missing” elements like graphics or photos and makes the minimalist design more engaging. To establish a clear hierarchy on the website, different variations of font size, weight and style are crucial. Of the examined 112 minimalist webpages, 75% used typography to convey meaning of visual interest.

Additional widely used techniques on minimalist webpages which were found in less cases than 75% by the Nielsen Group were:

  • Large background images or videos
  • Grid layout
  • Circular graphic elements
  • Hidden global navigation

(Moran, 2015)

After examining the elements of minimalist web-design, the next paragraphs will look into the key features of maximalist design on websites.

The aim of a maximalist web-design would be an organized chaos of different hierarchies, layers, textures, graphics, typography, and colors. Several attributes of maximalist web-designed could be defined by a number of designers.

  • Grandiose colors: A maximalist web-design should use a large and bold color scheme. Can also contain clashing colors as well as combinations of new and exciting compositions. 
  • Bold Textures: Distinct textures can help to draw attention to certain areas. Those distinct textures could be created by mixing colors with layers of a palette. 
  • Brave combinations: Maximalist websites play with the combination of several elements like images, graphics, animations which contribute to an extreme look.

In the research of Söderström, Carlsson and Mejtoft, the aim was to find out if millennials would prefer a minimalist or maximalist web-design approach. Therefore, two websites were created, both representing one approach. Both websites contained the same content and information and conveyed the same message. The survey involved 16 participants who were classified as millennials. The survey conducted by Söderström, Carlsson and Mejtoft showed that more than half of the participants (62,5%) liked the maximalist webpage the most. 31.3% liked the minimalist webpage the most and 6.2% had no preference between the both pages. 100% of the participants answered that they thought, that the maximalist webpage was the most innovative. Also, 71% of the participants classified the maximalist webpage as “modern”. Participants who liked the maximalist page more described it as more unique, outstanding and that it does create more interest. Many participants perceived that the maximalist design of the webpage suited the content it was made for (an art portfolio). Participants who were in favor for the minimalist page said that the content was presented in a more straightforward way and that it made the content clearer. Further, this party perceived the maximalist page as a bit messy. 

It must be said that it is very hard to measure such a subjective matter like the likeability of a website. Furthermore, there are many ways a minimalist or maximalist webpage can be presented, and this study included just one sample. Nevertheless, the authors suggest that it might be case that millennials perceive a maximalist webpage as more innovative as they are used to minimalist design. It must the highlighted that a webpage, maximalist, or minimalist, must always fit the person as well as the purpose (Söderström, Carlsson, & Mejtoft, 2019) In this case, an art portfolio was perceived as a well fit for a maximalist website design, to convey a creative an exciting message. 

Muji Versus Maharaja: When (And Why) Minimalist Versus Maximalist Design Differentially Influence Consumer Self- Brand Connection

In my last research session I came a cross an article from:

Ngoc (Rita) To, University of Houston, USA
Vanessa M. Patrick, University of Houston, USA

NA – Advances in Consumer Research Volume 45 | 2017

Here are my most important findings from this article:

In some important aspects of marketing, aesthetics plays a very crucial role, for example in product creation, package design or website layouts. Therefore, the consumers perception of “beauty” can be an important trigger for behavior like product choice, the willingness to pay or the perception of quality. (To & Patrick, 2017) p. 258

Recent studies in consumer behavior ask themselves the question which set of aesthetic features impact consumer’s consumption experience. A current study investigates how a specific design style, more precisely how a minimalist or maximalist design style, can influence consumer self-brand connection (SBC). Minimalist design can be characterized through simplicity through basic geometric shapes, limited decoration, and abundant white space. On the contrary, maximalist design is defined by richness, an abundance of geometric patterns with minimal white space. Although those visual elements are very diverse, brands have been using both styles to convey a luxury appeal. For, example, Apple’s minimalist design stands for luxury and high fashion but so does Versace’s, who’s brand image is full of decorative ornaments.

The authors suggest that certain types of aesthetics like minimalism and maximalism arouse distinct functional attitudes. The theory of functional attitudes proposes that people hold certain attitudes because they are useful, and those attitudes serve important social functions. Those social functions can be for instance, allowing people to express their own values (value-expressive attitudes) and facilitate self-presentation (social adjustive attitudes). Further, the authors propose that minimalist design causes more value-expressive attitudes. When people view minimalist art, the experience is often transformed into a more relatable happening, where the viewer can engage with the work of the creator. This effect also happens when a minimalist design is used in brand communication. Consumers get the freedom to develop their own meaning off the brand instead of just receiving the message. For example, the Japanese retail brand “MUJI” has a brand communication concept of “emptiness” which emphasizes simplicity and white space. In this way, consumers get the chance to develop and their own believes and perception of the brand. Due to the freedom of self-expression, which is inherent in its visual aesthetics, the authors suggest that minimalist design enhances SBC through the facilitation of value-expressive attitudes.

In contrast, To and Patrick hypothesize that maximalist design causes more social-adjustive attitudes, as maximalist aesthetics are often used for gaining social approval. The authors draw here from people’s direct experience with maximalist design which often happens in a specific social context where the goal of self-presentation is often in focus. For example, people often come across complex pattern moldings when they visit a cathedral or a five-star luxury hotel. Therefore, consumers seem to have developed a tendency for maximalist design if they seek to present a desirable self-image. Furthermore, people tend to associate maximalist design with impression-management motives to, for example, signal social prestige. Throughout history, well known figures and personalities often used intriguing creations to represent their stature, for example, the ornate interior in the Palace of Versailles. According to the suggestion that maximalist aesthetics are frequently used for gaining social approval, the authors predict that maximalist design enhances SBC by causing social-adjustive attitudes. Because of the different attitudes minimalist and maximalist design triggers in people, To and Patrick propose power as a moderator for the effects. Power in this context is defined as “asymmetric control over valued resources in social relations” (Rucker, et al. 2012) and can either foster agentic or communal orientations. Feeling powerful can lead people to be more agency-oriented (i.e. focused on oneself). This is because being higher in social hierarchy gives people the freedom to follow their own value. On the other hand, feeling powerless makes people more communal oriented, in other words, more focused on others. This is because being in a lower social hierarchy makes you more dependent on others for valued resources.

Therefore, To and Patrick suggest that minimalist design will enhance SBC for high-power consumer, whereas maximalist design will enhance SBC for low power consumers. These hypotheses were tested across five studies. In those studies, packaging design was manipulated in a way that the decorative elements of the package varied while the other features stayed the same. For relevancy reasons, studies one and two will now be elaborated more thoroughly. In the first study, the participants evaluated a minimalist vs maximalist design of a fictional tea brand. Then, their value-expressive and social adjustive attitudes were assessed. To and Patrick found out that minimalist design causes more value-expressive attitudes while maximalist design causes more social-adjustive attitudes. Very interesting is that both packaging designs were experienced as equally attractive and luxurious. In their second study, the authors focused on the hypothesis about power. The study showed that high-power participants felt a stronger SBC to minimalist design while low-power participants felt stronger SBC to maximalist design. 

Das Problem mit der Zweigeschlechtlichkeit in der Forschung

Ich habe in meinem ersten Blogbeitrag bereits aufgezeigt, dass es in der Sozialwissenschaft schon lange als Tatsache gilt, dass es keinen Grund zur Annahme gäbe, es bestünde eine naturhaft vorgeschriebene Zweigeschlechtlichkeit. Alle Unterscheidungen zwischen den Geschlechtern, die zum Beispiel auf Charaktereigenschaften oder Vorlieben basieren, sind gesellschaftliche und sozial erlernte Konstrukte. Diese werden nicht nur durch Kommunikation weiter verbreitet, sondern spiegeln sich unter anderen ebenfalls in der Gestaltung sowie der Nutzung von Objekten und Artefakten wieder. 

Obwohl die interdisziplinäre Gender-Forschung diesen Umstand schon vor langer Zeit aufgedeckt hat, wird ein Problem von einigen Forschenden kritisch diskutiert: Die Reproduktion von Zweigeschlechtlichkeit durch die Forschung selbst. Prof. Dr. Uta Brandes ist eine der ersten Wisschenschaftler*innen, die international auf dem Gebiet Gender Design forschte. Von 1995 bis 2015 war sie Professorin für Gender und Design sowie für Designforschung an der Köln International School of Design. Sie ist außerdem Mitgründerin des international Gender Design Network und Vorsitzende des Netzwerkes in Deutschland. Ihre Publikationen und empirischen Arbeiten sind einige der wenigen im entsprechenden Forschungsbereich und deswegen auch für meine Recherche von großer Bedeutung. 

Uta Brandes beschäftigt sich in ihrem Buch „Gender Design. Streifzüge zwischen Theorie und Empirie“ ebenfalls mit sogenannten „wicket problems“ in der Wissenschaft. Diese Probleme sind laut ihr diese, die sich nicht einfach mit dem Kategoriesystem richtig oder falsch lösen lassen, machen allerdings auf eine wichtige Erkenntnis als Nährboden für wissenschaftliches Arbeiten aufmerksam: Wissenschaft sollte nicht mit der Überzeugung betrieben werden, objektiv sein zu können. Diese Grundeinstellung aus dem Konstruktivismus resultiert aus der Überzeugung, Forschende selbst könnten nicht frei von äußeren Umständen und gesellschaftlicher bzw. persönlicher Beeinflussung sein – auch wenn diese nur unterbewusst stattfindet. Folglich ist davon auszugehen, dass Ergebnisse immer in einem gewissen Maß verfärbt sind. Laut Brandes seien theoretische und empirische Analysen deshalb im besten Fall Annäherungen oder begründete Annahmen, die versuchen Phänomene oder vermeintliche Wirklichkeiten zu erklären. Forschende können demnach selbst gesellschaftlich konstruierte Gender-Stereotype verinnerlicht haben und diese, wenn auch unterbewusst, Einfluss auf ihre Forschung nehmen lassen.

Dazu kommt ein weiteres Dilemma: Auch dann, wenn Forschende die in der Gesellschaft immer noch vorherrschende Zweigeschlechtlichkeit mit ihrer Forschung kritisch hinterfragen und aufzeigen möchten, müssen sie sich in den meisten Fällen selbst einem bi-polaren Kategoriesystem der Geschlechter bedienen. Wenn sie zum Beispiel der Gebrauch, bzw. das Gebrauchsverhalten von Objekten unter Genderaspekten untersucht werden soll, sind Wissenschaftler*innen gezwungen, zumindest in Geschlechtskonstruktionen der Partizipierenden zu unterscheiden. Die Forschung tut dies deswegen gezwungenermaßen, um Gender-Fragestellungen überhaupt erforschen zu können. Diskutiert und kritisiert wird allerdings von vielen Wissenschaftler*innen, Forschungen wie diese könnten Genderkonstruktionen und Stereotype weiter verfestigen. Laut Uta Brandes gäbe es für dieses Dilemma keine wirklich zufriedenstellende Lösung, sie hebt aber hervor, dass der große Unterschied zwischen einfachen ideologischen Behauptungen, es gäbe nur ein bi-polares Geschlechtersystem, darin bestünde, nicht zu untersuchen, was die Geschlechter sind, sondern, was sie tun. Hinzu kommt, dass Forschungen in diesem Bereich (fast) immer mit dem Bewusstsein betrieben werden, welches eingangs bereits erwähnt wurde. Nämlich, dass es sich bei Geschlechtern bzw. Gender um gesellschaftliche Konstrukte handelt, die alles andere als natürlich gegeben sind. 


Literaur

Brandes, U. (2017). Gender Design. Streifzüge zwischen Theorie und Empirie. Berlin, Boston: Birkhäuser Verlag. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1515/9783035611090

beDesign [Homepage]. Uta Brandes. Verfügbar unter: https://www.be-design.info/uta-brandes

Riegel, C., Baßer, B. (2014). Meine Forschung ist durch und durch politisch. Christine Riegel und Bianca Baßler im Gespräch mit Carol Hagemann-White. Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien 20/1.

Tradition und zeitgenössisches Design

Vergangenheit, Design, Zukunft.

Produkte werden seit je her vom Menschen erzeugt, um bestimmte Zwecke zu erfüllen. Der Zeitpunkt ab dem Produkte in einen zwischenmenschlichen Austausch kommen, führt dazu, dass diesen Gegenständen Bedeutungen, Eigenschaften und Werte zugesprochen werden. Design hat eine tiefe, kulturelle Komponente, die den Menschen nicht nur seit seiner Existenz beschäftigt, sondern auch heute eine wichtige Rolle in der Identifizierung etwaiger Kulturkreise Zuspruch findet.

Design ist die planvoll-kreative Visualisierung von Handlungsprozessen und Botschaften von verschiedenen gesellschaftlichen Akteur*Innen und die planvoll-kreative Gestaltung der verschiedenen Funktionen von Gebrauchsgegenständen und ihre Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Benutzer*Innen oder auf die Wirkung bei den Rezipient*Innen.

Beate Schneider

Der Einfluss von sozialen Formationen und Handlungsformen hat das Design historisch schon immer in spezifischen Ausprägungen beeinflusst. Dabei ist klar zu erkennen, dass Design stets im Zusammenhang mit Ökonomie steht und dass ökonomische Bedingungen das zeitgenössische Design prägen.

Um dem Design seine Authentizität zu gewähren, ist es von Bedeutung, dass die ökonomische Wahrheit, an die jeweilige Kulturgeschichte des Designs ansetzt. Den größten Einfluss auf die Destruktion dieser Authentizität, stellt die industrielle Revolution in Europa dar. So hat sich die Definition von Tradition, Kultur und Handwerk im Laufe der Zeit verändert. Heute schadet die Konsumkultur, die eine Folge des Industrialismus und des Kapitalismus ist, das ökologische Leben der Ursprünglichkeit. Die Tradition ist vom Aussterben bedroht, da für sie kein Nutzen mehr gefunden wird.

Der Anspruch an zeitgemäßes Design, steht jedoch immer mehr im Fokus. Das postindustrielle Zeitalter verlangt nach neuen, alternativen Lösungen. So wird das Bewusstsein der Konsumenten immer nachhaltiger und der kulturelle Austausch, der besonders der Globalisierung zu verdanken ist, immer wichtiger. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch soziale, politische, ökologische und ethische Funktionen des Designs berücksichtigt.

Um diesem Problem entgegen zu wirken, gäbe es die Möglichkeit der Tradition einen neuen, zeitgenössischen Nutzen zu verleihen. Die kreative Umsetzung traditioneller Kultur in modernes Design, kann dazu beitragen, dass eine solide Grundlage für die Entwicklung der nationalen Kultur gegeben ist. Gegenstände mit kultureller Authentizität, können den historischen Ursprung bewahren, indem die visuelle und praktische Darstellung dem Objekt eine neue Funktion verleiht.

Quellen:

Schneider, Beate: Design — Eine Einführung: Entwurf im Sozialen, Kulturellen und Wirtschaftlichen Kontext. Walter de Gruyter, 2005.

Ovacık, Mine: Responsible Design Acts in a Graduate Program: Slowing Down for More Qualified Social Life. 2015

Visuelle Sprache im Bezug auf Grafik Design

Kill your darlings. Nachdem die Recherche über Zucker und Konsumverhalten nicht den gewünschten kreativen Workflow erbracht hatte, ist es nun Zeit das Thema zu wechseln und sich auf ein neues zu konzentrieren. 

Nun wird die Fotografie als Visuelle Sprache im Grafik Design untersucht. Ziel ist es, die verschiedenen Teilgebiete der Fotografie zu betrachten. Bevor ein Blick auf die Amateur- und Analogfotografie geworfen wird, wird die Visuelle Sprache als solches untersucht. Vielleicht ergeben sich während der Recherche wichtige Rückschlüsse auf das Thema Zucker – denn geplant ist, dass Food Photography und Produktfotografie ebenfalls untersucht werden. Deshalb ist eine Kombination aus diesem Thema und dem bisher recherchierten durchaus möglich. 

Als Visuelle Sprache wird eine Form der Kommunikation bezeichnet, die im Gegensatz zur formalen Schriftsprache visuelle Elemente verwendet. Diese Elemente werden gezielt eingesetzt, um eine Idee oder eine Bedeutung visuell zu vermitteln. Beispielsweise können das Linien, Formen, Farben, Texturen und Muster sein, die in bestimmten Skalierungen, Winkel und Proportionen ausgerichtet werden. Die Elemente der visuellen Kommunikation repräsentieren dabei Konzepte im räumlichen Kontext. Sprechen und Lesen basieren auf einem zeitlich linearen Ablauf, wobei die visuelle Kommunikation auch parallel funktioniert. Oftmals werden Infografiken gezielt eingesetzt, da sie mittels Diagrammen, Karten und Symbolen einen bestimmten Inhalt vermitteln und aussagekräftige Beziehungen visualisieren. So können komplexe Daten auf eine prägnante Weise dargestellt werden.

Die Infografik stellt komplexe Daten auf einfache Art dar.  
Quelle: https://www.visualcapitalist.com/wp-content/uploads/2018/05/world-of-languages-large.png

Das Visuelle Denken gehört ebenfalls zur Visuellen Sprache und dient als Grundlage im Entwurfs- und Gestaltungsprozess bei Designern. Skizzen, Scribbles und Zeichnungen dienen als Hilfsmittel und visualisieren den kognitiven Denkprozess. Außerdem vereinfacht das Visuelle Denken Kommunikationsprozesse, in dem eine Idee, die Fragestellung und die möglichen Lösungsansätze visualisiert werden.1 Die angeborene Begabung unterstützt die Fähigkeit, Probleme zu lösen, die Phantasie und die Kreativität. Weiterführend ist die Synästhesie zu nennen, bei der verschiedene Gehirnbereiche auf besondere Art und Weisen miteinander verbunden sind. Dadurch werden bestimmte Wahrnehmungsphänomene und Denkprozesse ermöglicht. Synästhetische Wahrnehmungen zum Beispiel sind farbiges Hören oder konsistente Zuordnen von Farben zu bestimmten Buchstaben oder Zahlen.2

Ein weiterer Teil des Visuellen Denkens umfasst die Semiotik. Auch als Zeichentheorie bekannt, arbeitet die Visuelle Sprache auf einer symbolhaften Ebene mit Elementen und Bilder, bei denen immer der soziale und kulturelle Hintergrund berücksichtigt werden muss.3 Das Gehirn interpretiert das Wahrgenommene und nimmt das empfangene Signal in einer Form von Emotion, Handlung oder Gedanken auf. Die Semiotik ist ein wichtiger Teil der Kommunikationssysteme, denn dadurch kann der zu vermittelnde Inhalt mithilfe der der symbolhaften Ebene aufgenommen und verarbeitet werden.

Bei Logos werden oft Symbole eingesetzt, da sie eine prägnante Abbildung eines Objektes sind.
Quelle: https://www.instagram.com/p/CYU8XJehlyL/

Die Visuelle Sprache lässt sich also in verschiedenen Teilbereichen gliedern, die alle miteinander verbunden sind. Wie bereits erwähnt, spielen Formen, Farben und Symbole dabei eine wichtige Rolle. Im Design wird stets Inhalt und Information vermittelt, die im Zusammenspiel mit einer Visuellen Sprache eine eigene Inhaltsebene erzeugen. Unterstützt wird diese Inhaltsebene oft mit fotografischen Elementen oder Bildern. Dieser Aspekt wird in den folgenden Blogposts betrachtet, damit verständlich wird, weshalb Fotografie als Teil der Visuellen Sprache gesehen wird. 


Quellen:

1 Vgl. Diefenbach, Marc: Workbook Visuelles Denken. Ideen generieren, Kundenskizzen anfertigen, Schibbeln schnell gestalten. BoD – Books on Demand (Hrsg.), 2013, S. 6
2 Vgl. Deutsche Synästhesie Gesellschaft e.V.: Was ist Synästhesie? http://www.synaesthesie.org/de/synaesthesie – Zugriff am 05.01.2022
3  Vgl. Fellbaum, Klaus: Sprachverarbeitung und Sprachübertragung. 2. Auflage, Springer Vieweg, 2012, S. 10

Bildwahrnehmung in der Werbefotografie

Die Werbefotografie ist seit den 50er Jahren nicht aus der konsumorientierten Gesellschaft wegzudenken. Was ist also wichtig in der Werbefotografie? Es geht nicht nur um den Inhalt des Bildes, sondern um die zu vermittelnden Emotionen. Jedes für Werbezwecke eingesetzte Bild hat eine klare Aufgabe – Information weiterzugeben. Ganz ohne dass die Betrachterin oder der Betrachter etwas lesen muss. Somit läuft eines in der Werbefotografie immer gleich: zu vermittelnde Gefühle stehen im Vordergrund.

Immer ist das fotografische Bild mehr als die Summe der abgebildeten Gegenstände; Informationen und Bedeutungen werden über das gesamte Beziehungsgefüge der Objekte, die Räumlichkeit, die Atmosphäre des Bildraums sowie Gliederungen, die über Bildlinien, Flächen und Helligkeits- oder Farbkontraste hergestellt werden, transportiert.

Pilarczyk, Ulrike; Mietzner, Ulrike

Neben den technischen Faktoren zum guten Ablichten des gewünschten Objekts sind also stilistische Mittel wichtig.
Werbe- und Lifestile-Fotografie will nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern ansprechend und zugleich informierend sein. Wie Menschen Bilder grunsätzlich wahrnehmen, ist historisch und kulturell geprägt und von eigenen und allgemeinen Erfahrungen abhängig. Durch Erfahrung der Schwerkraft entsteht beispielsweise bei “schweren Objekten”, dunklen oder großen Elemente ein Zug nach unten. Menschen projezieren ihre Raumorientierung in ein Bild. Die Leserichtung von Links nach Rechts ist ein weiters Beispiel für einen Faktor, der Einfluss auf die Bildwahrnehmumg haben kann.

Bei einer Bildbetrachtung folgt sofort ein Deutungsversuch. Das blose Hinschauen verursacht das projezieren der eingenen innenen Symbolwelt auf das Gesehene. Das grafische Vokabular übersetzt gesehende Gegenstände in Symbole und diese Symbole in Bedeutungen. Als erstes werden Umrisse abgebildeter Objekte wahrgenommen. Das ist ein möglicher Grund dafür, warum Linienzeichnungen und besonders Linienicons einfacher verständlich und oft als schnelle Informationsvermittler in Gebrauch sind. Umrisse werden schnell wahrgenommen und gemerkt, weshalb das Gehirn von einem einzelnen Umriss auch wieder auf ein ganzes Objekt schließen kann.

Aus der teils gelernten und teils angeborenen Bildwahrnehmung resultieren Gestaltungsmethoden. In der Gestaltungstheorie gibt es verschiedene Regeln, die die Reihenfolge der Objektwahrnehming beschreiben. Einfache uns stabile Formen werden zuerst wahrgenommen. Ähnliche oder nahe beieinander liegende Objekte werden als Einheit aufgefasst. Geometrische Anordnungen wirken harmonisch, weil das Gehirn optische Reize ordnen, in Regelmäßigkeit bringen und aufs Wesentliche reduzieren möchte.

Reckteckige Bilder, seien sie hochformat oder querformat, haben eine tradidionsbedingte Beliebtheit. Ein Foto ist üblicherweise rechteckig, dennoch könnte ein runder Rahmen den Fokus noch mehr ins Zentrum rücken.

Ein zweidimensionales Bild lebt von der erdachten Dreidimensionalität. Durch Anordnung der Objekte in Vorder-, Mittel- und Hintergrund entsteht die Tiefendimension, die Bilder stärker wirken lässt. Automatisch kreiert das Gehirn einen räumlichen Standpunkt. Zu diesem naheliegende Objekte scheinen wichtig. Die Zentralperspektive hat sich kulturell bedingt beliebt gemacht. Hier laufen Linien, die nicht paralell zur “Filmebene” laufen, in einen Fluchtpunkt. An diese  orientiert sich der erste Blick am meisten.

Zwei weitere Punkte sind ebenso relevant. Der geometrische Mittelpunkt auf planimetrischer Ebene: dominante Linien und Flächen, die sich durch die Komposition ergeben. Und einen dritten Punkt stellt das zentrale Hauptobjekt dar. Dieses wird eher bewusst wahrgenommen, während die anderen im Unbewussten einen Eindruck hinterlassen. Eine bewusste Komposition aus diesen drei dominanten Punkten kann Spannungen oder Harmonien erzeugen und gewünschte Emotionen unterstützen.

Neben Punken leiten auch bewusst oder unbewusst wahrgenommene Linien und Flächen den Blick. Schon kleine Farbunterschiede können solche Formen bilden. Gewisse Formen haben zusätzlich noch eine wirkende Bedeutung, wie etwa ein Quadrat im vergleich zum Kreis mehr Stabilität vermittelt.

Schließlich beeinflussen Licht und Schatten in all ihren Formen, Farbe und ein bewusster Einsatz von Schärfe und Unschärfe die Wahrnehmung einer Fotografie. Farbwahrnehmung ist mehr als alles andere von Erfahrung und Kultur geprägt und befindet sich, wie Symbolik und Sprache generell, im ständigen Wandel. Diese Mittel sind jedoch die wichtigsten Werkzeuge, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Und eine bestimmte Atmosphäre erzählt etwas, informiert und regt Emotion in Betrachterin oder Betrachter an.


Pilarczyk, Ulrike; Mietzner, Ulrike: Das reflektierte Bild. Die seriell-ikonografische Fotoanalyse in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2005

Schuster, Martin: Fotos sehen, verstehen, gestalten. Eine psychologie der Fotografie. Berlin: Springer 2005

Typografie – Geschichte 03

Von der NS-Zeit bis zum Desktop-Publishing 

Typografie der NS-Zeit 

1933 wurde unter dem Druck der Nationalsozialisten das Bauhaus aufgelöst. Vereine und Institutionen, die nicht mit den Rechtsradikalen kooperieren wollten, lösten sich selbst auf, zum Beispiel die Typografische Gesellschaft München. Systemkritische Dozenten der künstlerischen und grafischen Ausbildungsstätten wurden vertrieben. Paul Renner wurde als Direktor der Meisterschule für Deutsche Buchdrucker zwangspensioniert, Willi Baumeister als Lehrer für Werbegrafik und Typografie an der Frankfurter Kunstgewerbeschule entlassen und Jan Tschichold musste zuerst ins Gefängnis und ging dann ins Exil in die Schweiz. Kurt Schwitters, der den „ring neuer werbegestalter“ mitbegründet hatte, flüchtete nach Norwegen und dann nach England. Herbert Bayer, der nun Leiter der Druckerei- und Reklamewerkstatt am Bauhaus Dessau war, emigrierte in die USA. Viele weitere führende Typografen gingen ebenso ins Ausland, vor allem in die neutrale Schweiz und, wie Bayer, in die USA. Zürich und Basel sowie New York und Chicago positionierten sich ab 1933 als Zentren der „Neuen Typografie“. In London wurde die Schriftenbibliothek Monotype Corp. Lt. gegründet, die als Maßstab für westliche Werksatzschriften galt. Moholy-Nagy gründete in Chicago das „New Bauhaus“, das später zum Institute of Design wurde. Die Typografie gehörte überall zu den Grundlagen des Grafikdesigns. 

Unterdessen „säuberten“ die Nazis die deutsche Typografie nach ihren Vorstellungen. Auf die Bücherverbrennungen 1933 folgte die Gleichschaltung von Verlagen und Buchhandlungen. Mit ihrer Machtübernahme erklärten die Nazis die Fraktur zu ihrer bevorzugten Drucktype – die Antiqua verschwand trotzdem nicht von der Bildfläche. Sogar Grotesktypen, die eigentlich der Inbegriff des vom Regime verabscheuten liberalen Funktionalismus waren, waren weiterhin in Verwendung. Daneben aber entstanden auch viele Schriften, die die gleichgeschaltete „volkhafte Wesensart“ widerspiegeln sollten: Tannenberg, Gotenburg, Deutschland Deutschmeister, Großdeutsch, Kurmark oder National. Im Vergleich zu älteren gebrochenen Schriften waren diese neuen Typen schnörkellos und stark vereinfacht, was eigentlich der neuen Sachlichkeit entsprach. Man nennt diese Typen deshalb auch gebrochene Grotesk oder Fraktur-Grotesk. Zudem erlebten im Nationalsozialismus die Runen als altgermanisches Alphabet ein Revival. Besonders die s-förmige Sonnen-Rune symbolisierte die Kraft des Sieges. Paarweise kennt man diese Rune heute als Zeichen der SS, alleine wurde sie aber auch als Symbol des Deutschen Jungvolkes verwendet.

Obwohl die als liberal eingestufte Neue Typographie von den Nazis verboten und ihre Vertreter abgesetzt wurden, besaßen auch die in der NS-Zeit gezeichneten Neune Fraktur-Schriften eine größere Sachlichkeit als ihre Vorläufer. Viele dieser Typen werden deshalb heute als Fraktur-Grotesken eingestuft.

Die totale Kehrtwende erfolgte 1941 als Adolf Hitler ein Schrift-Verdikt erließ, in dem die „jüdische“ Fraktur verboten und die „nicht-jüdische“ Antiqua zur Normalschrift des deutschen Reiches erklärt wurde. Es hieß, die gotische Schrift bestand eigentlich aus Schwabacher Judenlettern. Tatsächlich war dies mehr ein Vorwand, denn die Nazi standen vor einem anderen Problem: Mit der Ausbreitung des Dritten Reichs benötigte Hitler eine Schrift, die von allen Untertanen gelesen werden konnte, was ihn zur Rückkehr zur lateinischen Druck- und Schreibweise bewegt. Dies bedeutete das Ende der Fraktur. Doch obwohl es de facto die Nationalsozialisten selbst waren, die die gebrochenen Schriften abschafften, konnten sie sich bis heute nicht von dem schlechten Ruf befreien, der ihnen seit damals anhaftet. 

Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg

Nach 1945 hatte man in Deutschland und Österreich zunächst wenig Gehör für den Ruf nach sachlicher Gestaltung wie sie vor dem Krieg durch die „Neue Typografie“ praktiziert worden war. Die Wirtschaft lag brach und damit auch das grafische Gewerbe. Fast alle deutschen Schriftgießereien und unzählige Verlage und Druckereien waren zerstört worden. Dennoch sehnten sich die Menschen nach Kultur und Literatur und man versuchte, dem Wunsch nach guter Lektüre so gut wie möglich nachzukommen, zum Beispiel mit den günstigen Rowohlt-Taschenbüchern, die anfangs noch auf Zeitungspapier gedruckt wurden. 

Auch das Bedürfnis nach Harmonie war nach dem Krieg groß, weshalb man sich in der Typografie selbst mehr am „gefühlsbetonten“ Humanismus als am radikalen Funktionalismus orientierte. In den USA führten ehemalige Bauhäusler wie Moholy-Nagy und Herbert Bayer die sachliche Typografie weiter, in Deutschland und Österreich orientierten sich die neohumanistischen Typografen und Schriftgestalter zunächst an der Antiqua. Charakteristisch für die „neutypografische“ Gestaltung waren elegante Renaissance-Antiqua-Typen und Flattersatz, der die Komposition sanft bewegen sollte. Neben der Verwendung von bestehenden Antiqua-Schriften wurden auch zahlreiche neue Schriften gezeichnet, was dem Bedarf an schönen und gut lesbaren Werksatzschriften entgegenkam. Neben der Serifen-Antiqua entstanden im Bemühen um einen „humanen“ Charakter auch kalligrafisch inspirierte Typen. Einer der wichtigsten Schriftgestalter dieser Zeit war Hermann Zapf, der seit 1938 bei der Frankfurter Stempel AG tätig war. Von ihm erschienen u.a. die klassische Palatino, die Michelangelo, die Sistina und die zwischen Antiqua und Grotesk angesiedelte Optima, die bis heute vor allem bei Kosmetikmarken wie der kultigen Aesop beliebt ist. Die Verspieltheit der Fifties, die man heute im Kopf hat, zeigte sich nach dem Krieg vor allem in den USA, dem Kriegssieger und Land des ungebremsten Wirtschaftswachstums. Im Laufe der 50er sah man aber auch in der deutschsprachigen Werbung mehr und mehr buntes Treiben. Für die vielen Illustrierten brauchte es dekorative Akzidenztypen, was einerseits zum Revival der Egyptienne führte, andererseits zur Entstehung schwungvoller Schreibschriften und Pinselschriften nach US-Vorbild. 

Einer der wichtigsten Schriftgestalter des Neo-Humanismus war Hermann Zapf, dessen Optima – eine Mischung aus Antiqua und Grotesk – noch heute beliebt ist. Beispiel unten: Logo der heutigen Beauty-Marke Aesop.

Aufgrund der aus Deutschland emigrierten Typografen, etablierte sich die vor dem zweiten Weltkrieg entstandene „Neue Typografie“ vor allem in der neutralen Schweiz und konnte dort auch während dem Krieg betrieben werden. Ab circa 1955 entwickelte sich auf Grundlage der bereits existierenden elementaren Gestaltungsrichtlinien die „Schweizer Typografie“. Charakteristisch für diese sind bis heute die Verwendung von Grotesk-Schriften und Gestaltungsrastern, eine asymmetrische sachliche Komposition, viel Weißraum und der Verzicht auf alle nicht notwendigen Schmuckelemente. Bekannte Typografen, die den „Swiss Style“ prägten, sind u.a. Max Bill, Adrian Frutiger, Max Miedinger und Josef Müller-Brockmann. Auch in der Entwicklung neuer Grotesk-Schriften waren die Schweizer Gestalter aktiv: Frutiger veröffentlichte Ende der 1950er die Grotesk-Familie „Univers“ und Miedinger schnitt 1957 nach der Vorlage der Akzidenz-Grotesk die „Helvetica“. 

Swiss Style pur: 1957 schnitt der Schweizer Max Miedinger nach dem Vorbild der 1898 herausgegebenen AG die Helvetica.

Mit der Zeit fiel die moderne Schweizer Typografie auch in Deutschland wieder auf fruchtbaren Boden – vor allem bei jüngeren Gestaltern wie Anton Stankowski, Herbert Kapitzki oder den Herausgebern der funktionalistisch gestalteten Zeitschrift „magnum“ von Karl Pawek und Alfred Neven DuMont. Auch Günter Gerhard Lange war einer der Typografen, die den Grotesken, allen voran der Akzidenz-Grotesk, wieder zum landesweiten Durchbruch verhalfen. Günter Lange war viele Jahre künstlerischer Leiter der Berthold AG, die bereits 1898 die AG herausgegeben hatte und gilt bis heute weltweit als einer der einflussreichsten Schriftgestalter und Unterstützer von Schriftqualität. 1961 schuf er die Berthold-Schriftenbibliothek, die mit ihrer Präzision für eine neue Qualität im Bereich Titel- und Werksatzschriften sorgte. 

Die Schweizer Typografie fand vor allem bei jüngeren deutschen Typografen Anklang – sowie auch bei den Herausgebern des magnum-Magazins, das im Gegensatz zu anderen neo-humanistisch orientierten Illustrierten funktionalistisch gestaltet war.

1953 hatten Max Bill, Otl Aicher und seine Frau Inge Aicher-Scholl in der Tradition des Bauhaus die „hochschule für gestaltung ulm“ gegründet, in der sich die anfängliche Typografie-Werkstatt im Bereich der visuellen Gestaltung weiter zur Disziplin der „Visuellen Kommunikation“ entwickelte. Wie das Bauhaus favorisierte auch die hfg ulm nahezu ausschließlich Grotesken. Ab den 1960er-Jahren setzte sich die sachliche Gestaltung schließlich auch wieder in Deutschland und Österreich nach und nach durch. Paradebeispiel der wieder auflebenden sachlich-schlichten Typografie ist das von Otl Aicher 1962 gestaltete Corporate Design der Lufthansa. Die sachlichen Gestalter der 50er und 60er wollte es mit ihren Experimenten mit Linie, Form und Farbe noch weiter treiben als ihre Vorbilder des Bauhaus. So kam es auch zu Überschneidungen mit der zeitgenössischen Op-Art – durch den künstlerischen Einsatz geometrischer Formen kam es auch in der Grafik zu völlig neuen optischen Wirkungen.  

Mit Linien, Formen und Farben trieben die sachlichen Gestalter der 50er- und 60er-Jahre ihre Experimente noch weiter als die Bauhäusler, was teilweise zu Überschneidungen mit der damaligen Optical Art führte – wie hier bei Kapitzkis Kleinplakaten für die Stuttgarter Nachrichten.

Sex, Politik und Design

Zeitgleich begann eine noch jüngere Generation an der sachlichen Gestaltung Kritik zu üben. Eine sexuell freizügige und politisch kritische Jugend setzte den Funktionalismus mit „Funktionieren“ gleich und sah in der Gestaltung keinerlei individuelle Selbstentfaltung. Ihre Antwort waren Pop-Art, Flower Power, psychedelisches Design und zugleich Nostalgie. Jüngere Gestalter lehnten jegliche Art von einengender Geometrie ab – von rechten Winkeln zum gesamten Rastersystem. Rock und Pop wurden zum Ausdruck ihres rebellischen Lebensgefühl und mit ihnen Schallplattenhüllen und Konzertplakate. Cover und Poster wurden mit bunten Farben, runden Formen und fetten Typen gestaltet. Daneben schwappte eine Nostalgiewelle über die Typografie, die die Gestaltung à la Alfons Mucha und Aubrey Beardsley und mit ihnen die romantischen Zierschriften des Jugendstils wieder aufleben ließ. Ende der 70er-Jahre brach die neue Ära des Punk-Grafikdesigns an und kurz darauf betrat Neville Brody mit dem Jugend- und Modemagazin „The Face“ die typografische Bühne. Plötzlich schien es kein typografisches Tabu mehr zu geben: „Anything goes“, sozusagen. 

Neben dem Punk-Design der 70er-Jahre veränderte auch Neville Brodys Magazin “The Face” die typografische Bühne: “Anything goes” war sein Motto.

Typografie in der DDR 

In der DDR-Diktatur entwickelte sich die Typografie bis in die späten 1980er Jahre nur schleppend weiter. Kultureller Austausch mit dem Westen war in den Akademien in Leipzig oder Berlin unerwünscht. Westliche Gebrauchs- und Werbetypografie galt als kapitalistisch und künstlerische Systemkritik wurde ohne Ausnahme sanktioniert. Die Typografie der DDR sollte im Kontext der Buchtypografie des späten 19. Jahrhunderts verstanden werden, d.h. sie hatte vor allem aus Perspektive des Lesens Bedeutung zu haben. So blieben die künstlerischen und technischen Bedingungen für die Typografie bis zum Ende der DDR weit hinter den westlichen zurück.  

Während sich im Westen die Typen schwungvoll und schrill über Reklame, Plakate & Co. legten, lehnte man in der DDR die kapitalistische Werbetypografie völlig ab – Schrift und Druck wurden vor allem im Sinne der Lesetypografie verstanden.

Vom ersten Computer zum Desktop-Publishing 

Ab 1945 entwickelte sich aus Mathematik, Elektrotechnik und Nachrichtentechnik die Informatik, die die Schrifttechnologie grundlegend verändern sollte. 1970 revolutionierte der Fotosatz erstmals den Schriftsatz. Mittels eines optischen Verfahrens mit sichtbarem Licht wurden Schriftzeichen belichtet und auf einen Trägerfilm übertragen. Typografen hatten dadurch mehr gestalterische Freiheit, da Buchstaben einer bestehenden Schrift im Druck verändert – zum Beispiel verzerrt – werden konnten.  1975 eroberte der erste Micro-Computer die USA, aus dem bald der erste PC (Personal Computer) entstehen sollte – von da an war es bis zum Desktop-Publishing nicht mehr weit. Mit der fortschreitenden Technologie ging ein Informationsboom einher, der die Typografie herausforderte, sich in allen Bereichen zu verbessern – vom Druck bis zur Schrift, die im Fernsehen gezeigt wurde. Anfang der 1980er-Jahre gründete John Warnock das Software-Unternehmen Adobe Systems. Zusammen mit Apple revolutionierten sie die Typografie mit dem Desktop-Publishing und der Software „Page Maker“ von Paul Brainard für den Apple Macintosh Computer. Der PC löste den Fotosatz ab und mit dem neuen DTP entstanden auch neue Medien, Berufe, Ausbildungsstätten und Betrachtungsweisen der Typografie. Die Schrift verließ erstmals den analogen Raum. Gestalter wie der bereits zuvor genannte Neville Brody und David Carson waren die ersten bekannten Vertreter dieses neuen digital-typografischen Ausdrucks. Ab den 1990er-Jahren wurden vorhandene Schriften vergangener Epochen digitalisiert, wodurch eine Fülle an Repliken, Remakes und Formvarianten entstanden. In dieser neuen Type-Community entstanden neue Schriftbibliotheken und Type Foundries, die ihre Schriften digital verteilten. Die Herausforderung für die Typografie im raschen Wandel der Digitalisierung lag nun darin, den Standard vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte aufrecht zu erhalten und zugleich das sich immer weiter zunehmende Potential des Digitalen auszuschöpfen.

Das Desktop-Publishing – allen voran mit Adobes Software Page Maker – revolutionierte Anfang der 1980er-Jahre die Typografie.

Mit der Entwicklung des Internets entstanden auch die ersten Web- und Screen-Typen, die nur für den Bildschirm gedacht waren. Nach Tausenden von Jahren verließ die Schrift erstmals das materielle Trägermedium und nahm nur noch virtuelle Formen an. Matthew Carter war mit seiner Verdana einer der ersten, der einen Font für das Lesen am Bildschirm entwarf. 

Nach der Erfindung des Buchdrucks wurde mit der Digitalisierung der Typografie die Schrift ein weiteres Stück demokratisiert. Doch eines ist uns bis heute erhalten geblieben: Die Antiqua-Schrift, wie sie bereits in der Renaissance geprägt wurde, ist auch heute noch die verbindliche Verkehrsschrift der westlichen Welt. 


Literatur

Beinert, Wolfgang. Typografie [online]. Typolexikon, 2021-08-25 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/typografie/

Beinert, Wolfgang. Schriftgeschichte [online]. Typolexikon, 2021-02-05 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/schriftgeschichte/

Blackwell, Lewis. Twentieth Century Type. München: Bangert, 1992. 

Gerdes, Claudia. „NS-Typografie“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 09.18.

Gerdes, Claudia. „Typo-Humanismus“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 11.18.

Gerdes, Claudia. „Von Op- zu Pop-Art“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 04.19.

Typografie – Geschichte 02

Von der Industrialisierung bis zur Neuen Typografie

Maschinen-Typo: Die Industrialisierung kehrt ein

Vom 18. bis ins 20. Jahrhundert hat sich in der Typografie sehr viel bewegt. Dazu trug zunächst einerseits die industrielle Revolution bei, die die industrielle Fertigung auch in der Buchdruckerkunst einführte. Andererseits kam neben dem Werk- und Zeitungsdruck die Reklame in Schwung. In allen Bereichen musste rasch und auflagenstark gedruckt werden, was vor allem beim Zeitungsdruck zur Einführung der Rotationsdpresse führte. Die erste Variante einer solchen Druckmaschine wurde 1873 auf der Weltausstellung von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, der späteren MAN AG, vorgestellt. 1886 erfand der deutsch-amerikanische Ottmar Mergenthaler die Zeilensetzmaschine Linotype, die die Mechanisierung weiter in die Werkstätten der Setzer vordringen ließ. Davor waren die einzelnen Lettern und Ausschussstücke per Hand zu Zeilen zusammengesetzt worden. In den vorhergehenden Jahrhunderten hatten kleine Druckereien alle Arbeitsschritte der Drucksachenherstellung – vom Stempelschnitt bis zum fertigen Produkt – selbst übernommen. Um 1900 begann die industrielle Arbeitsteilung: Es entstanden große Schriftgießereien wie in Deutschland die Berliner Berthold AG, die andere kleine Firmen, u.a. die 1870 gegründete österreichische Poppelbaum-Gießerei, aufkaufte. Die großen Schriftgießereien konnten in hoher Geschwindigkeit gebrauchsfertige Drucktypen produzieren, was die Nachfrage der Großdruckereien auch verlangte. Diese hatten nämlich wiederum ein lesehungriges städtisches Publikum zu bedienen. 

Die Linotype-Maschine, erfunden von Ottmar Mergenthaler, setzte die Buchstaben bereits maschinell zu einer Zeile zusammen und löste den Satz von Hand ab.

Quantität statt Qualität?

Obwohl das Geschäft florierte, brachte die Technisierung auch Nachteile. Über Jahrhunderte hatte sich in der Typografie ein hoher künstlerischer Anspruch an die Schrift entwickelt. Die Kalligrafie war bis dato die Grundlage für wohlproportionierte und ästhetisch ansprechende Typen der Satzschrift gewesen. Nun riss diese Verbindung ab: Die modernen Stempelschneider befreiten die in Handarbeit entstandenen Vorlagen von ihren „Ungleichmäßigkeiten“. Egal ob gebrochene Schriften oder Antiqua, alle Dickten wurden vereinheitlicht und Ober- und Unterlängen sowie Kontraste zwischen Grund- und Haarlinie nivelliert. Das Ergebnis waren Satzschriften, die allesamt ähnlich aussehen und oft viel zu dünn verliefen, um eine gute Lesbarkeit zu garantieren. Gleichzeitig gab man sich Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts dem Historismus hin und frönte typografischen Ornamenten und üppigem Akzidenz- und Auszeichnungssatz. Der Grund? Obwohl Drucksachen maschinell produziert wurden, sollten sie trotzdem wie aufwendig gestaltete Handwerkskunst aussehen. In Massen gegossene Versatzstücke wie Zierlinien, Einfassungen oder Schmuckfiguren lagen in den Setzereien bereit, um wahllos kombiniert zu werden.

Um 1900 frönten die Druckereien dem Historismus und versuchten mit massenweise produzierten verschnörkelten Versatzstücken die vergangene Handwerkskunst maschinell zu imitieren.

Das Kunstgewerbe entsteht

Der Brite William Morris war einer der ersten, die Kritik an den maschinellen Surrogaten übte. Er begründete die englische Arts and Crafts-Bewegung und bereitete damit den Weg für ein Kunstgewerbe, in dem wieder von Hand gearbeitet wurde. 1890 gründete er die Kelmscott Press, in der kostbare Werke englischer Dichter in geringer Auflage auf Handpressen gedruckt wurden. Morris studierte die Renaissance mit künstlerischem Ernst und entwickelte die Antiqua Golden Type nach dem Vorbild der Schriften des französischen Typografen Nicolas Jenson aus dem 15. Jahrhundert. Daneben schuf Morris auch die Troy Type und Chaucer Type, die Elemente der Gotik, also einer gebrochenen Schrift, und Antiqua verbanden. Viele Typografen begannen, sich wieder auf die Kunst der Typografie zu besinnen und so entstand neben der Maschinerie ein Druckergewerbe, das der Tradition der Frühdruckzeit folgte. 

William Morris begründete die Arts and Crafts-Bewegung und brachte u.a. die hier abgebildete Antiqua Golden Type hervor. Entgegen dem Historismus versuchte er mit künstlerischem Ernst und tatsächlicher Handarbeit der feinen Typografie des 15. Jahrhunderts zu folgen.

Von der Jugend zum Jugendstil 

Neben den Traditionalisten gab es auch jene, die nach vorne blickten, um dem Historismus mit gestalterischer Authentizität den Kampf anzusagen. Der Österreicher Rudolf von Larisch gründete die Schriftbewegung und plädierte für ein ästhetisches Gesamtbild in der Typografie. Damit stand er bereits den Idealen des Jugendstils nahe. 1896 wurde in München das Magazin „Jugend“ gegründet, das dem Stil des Art Nouveau im deutschsprachigen Raum seinen Namen geben sollte. Die Jugend forderte eine Befreiung von allem historisierenden Pomp und engagierte berühmte Gestalter wie Otto Eckmann, Peter Behrens oder Bernhard Pankok für Illustrationen, Initialen bzw. Vignetten und Randleisten. Der frische Stil sorgte für Aufsehen, was moderne Verleger dazu brachte, Jugendstilkünstler auch für die Gestaltung von Büchern zu engagieren. Um für stilistischen Gleichklang zwischen Mengensatz und Schmuckbuchstaben zu sorgen, schufen Otto Eckmann und Peter Behrens um die Jahrhundertwende jeweils eigene Jugendstil-Typen für den Fließtext. Doch eigentlich besaß Peter Behrens Schrift eine Sachlichkeit, die bereits andeutete, dass auch der anfangs so radikal wirkende Jugendstil seinen Zenit bald überschritten haben würde. Wie zuvor die Ornamente des Historismus produziert worden waren, brachten die Schriftgießereien um die Jahrhundertwende massenweise stilisierte Blütenranken und Linien im Stil des Art Nouveau hervor. Bald wurde wieder der Ruf nach mehr Schlichtheit laut, dem man jedoch erst nach dem ersten Weltkrieg wirklich nachkommen konnte. 

Unterschiedliche Cover des Magazin “Jugend”, das dem Stil im deutschsprachigen Raum seinen Namen gab.
Die Jugendstilschrift von Peter Behrens besaß bereits eine Sachlichkeit, die die nahende Abstraktion der Typografie schon erahnen ließ.

Mit der Werbung zur Gebrauchsgrafik 

Neben der Entwicklung des Kunstgewerbes bis hin zum Jugendstil an der Wende zum 20. Jahrhundert, ist aus typografischer Sicht noch eine andere Entwicklung des 19. Jahrhunderts von Bedeutung: Jene der Werbung. Mit der Industrialisierung entdeckten Wirtschaftstreibende die Reklame für sich. 1885 schrieb die Berliner Börsenzeitung, dass „die Reklame die moderne Waffe im geistigen Kampf ums Dasein“ sei. Das größte Problem der Werbung war jedoch die gestalterische Unwissenheit der Setzer. Zeitungssetzer waren plötzlich gefordert, plakative Inserate zu gestalten und versuchten mit dem Einsatz möglichst vieler Schriften möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzielen. Es mangelte an Auszeichnungsschriften, die sich für Werbezwecke eigneten. Diesem Bedarf nachkommend, entwickelte der Brite Vincent Figgins 1815 die Egyptienne, auf deren Basis viele weitere Schriften ihrer Art entstanden: optisch gleichbleibende Strichstärke mit blockartig gestalteten Serifen ohne Übergang. Der geometrische und kraftvolle Rhythmus der Egyptienne-Typen passte sehr gut ins Maschinenzeitalter. Zeitgleich veröffentlichte William Caslon auch die erste Grotesk-Schrift als Auszeichnungs-Type.

Die zunächst unerfahrenen Werbesetzer versuchten mit möglichst vielen Schriften Aufmerksamkeit auf ihre Inserate zu ziehen.

Die zuvor beschriebene Entwicklung des Jugendstils brachte im Weiteren auch einen Gesinnungswandel in der Werbung mit sich. Ein Großteil der Seiten der Jugend war mit Reklame gefüllt. Da der Anspruch der Gestalter hoch war, wurden auch die Inserate stilistisch passend gestaltet. Das Konzept begeisterte die Leserinnen und Leser, woraufhin Wirtschaftstreibende begannen, Künstler mit der Illustration ihrer Werbungen zu beauftragen. AEG war eines der Unternehmen, das die Publikumswirkung künstlerischer Werbegestaltung früh erkannte. 1907 beauftragten sie den Architekten, Maler und Typografen Peter Behrens als künstlerischen Berater. Behrens baute für AEG in der Folge neue Fabrikanlagen, entwarf technische Produkte und gestaltete mit seiner Behrens-Antiqua alle Drucksorten – die erste Corporate Identity war geboren. Neben den Künstlern, die für die Werbung tätig wurden, entstand nun auch der Beruf des professionellen Gebrauchsgrafikers. 

Abstrakte Sachlichkeit: Futurismus, Dadaismus, Konstruktivismus, De Stijl

Erst nach dem ersten Weltkrieg konnte man dem Ruf nach einer moderneren und schlichteren Typografie nachkommen. Schriftgießereien begannen nun, eine breite Palette von Werktypen bereitzustellen. Neben klassizistischen Antiqua-Schnitten rückten die Groteskschriften immer weiter in den Vordergrund. Bereits in der Kriegszeit rebellierten Futuristen und Dadaisten gegen künstlerische Traditionen, eine Revolution der Kunst trat jedoch erst um 1920 ein. In ihren Manifesten und Einladungen zu Soireen ließen Vertreter wie Filippo Tommaso Marinetti, Tristan Tzara oder Richard Huelsenbeck die Buchstaben nur so umherfliegen. Während Futurismus und Dadaismus eine künstlerische Zerstörungslust an den Tag legten, fingen andere deutschsprachige Gestalter an, konstruktiver zu denken. Dabei spielte auch der in der Sowjetunion entwickelte Konstruktivismus eine große Rolle. Einer der Botschafter dieser Kunstrichtung, die die Gestaltung mit einfachen geometrischen Formen ins Zentrum rückte, war der russische Maler und Grafiker El Lissitzky. Lissitzky beeinflusste mit seiner abstrakten Formensprache viele Typografen. In Verbindung mit dem Konstruktivismus stand auch die niederländische De Stijl-Gruppe um Piet Mondrian und Theo van Doesburg, die ebenso eine sachlich-abstrakte, „elementare“ Gestaltung propagierte. In Deutschland wurde 1907 der Deutsche Werkbund gegründet, der als Keimzelle der modernen visuellen Gestaltung gilt. Unter den Mitgliedern waren der deutsche Architekt und Gestalter Walter Gropius sowie Peter Behrens. Den Gründern des Werkbunds ging es vor allem um eine sachliche Art der Formgebung, die sich aus Zweck, Material und Konstruktion ergeben sollte – kurz: form follows function

Das Bauhaus

1919 gründete Walter Gropius das Staatliche Bauhaus in Weimar und ebnete damit den weiteren Weg in Richtung typografischer Abstraktion. Das Bauhaus gilt bis heute als einflussreichste Bildungsstätte im Bereich Architektur, Kunst und Design im 20. Jahrhundert. Sein Ursprungsgedanke war die Emanzipation der Kunst von der Industrialisierung und damit die Wiederbelebung des Kunsthandwerks – jedoch in einem modernen Sinn. Das Bauhaus war damit der Gegenentwurf zur Ästhetik des Historismus und später auch des Jugendstils, in denen Ornamente durch die industrielle Massenproduktion seriell kopiert wurden. Mit der Rückbesinnung auf das Handwerk wollte man auf moderne und experimentelle Weise eine neue Formensprache entwickeln, die dem industriellen Herstellungsprozess gerecht würde. 1923 holte Gropius den konstruktivistischen ungarischen Maler Lázló Moholy-Nagy ans Bauhaus, der dort die Typografie zu einem Schwerpunkt machte. Das Bauhaus folgte dem typografischen Trend zum Elementaren: Groteskschriften, ein asymmetrischer, aber funktionaler Seitenaufbau, der natürliche Schwerpunkte zulässt (Stichwort: typografische Rastersysteme), viel Schwarz-Weiß und gelegentlich Rot als Akzent. Die auch heute noch oft verwendete durchgängige Kleinschreibung fand ebenso am Bauhaus seinen Anfang. Die Bauhaus-Erklärung auf ihrem Briefbogen dazu: „warum zwei alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum groß schreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“ Für die Bauhäusler wurde ihre Grotesk-Typografie einer jungen Industriegesellschaft gerecht, die zugleich Fortschritt, Internationalität, aber auch eine sozial orientierte Fraternisierung symbolisierte. 1925 wurde das Bauhaus nach Dessau verlegt, wo sich aus Moholy-Nagys Typografie-Werkstatt eine Druckerei- und Reklamewerkstatt entwickelte, die weiter zum Atelier für Grafikdesign ausgebaut wurde. An dieser Entwicklung waren besonders auch die Gestalter Joost Schmidt und Herbert Bayer beteiligt. 

Die „Neue Typografie“ 

Obwohl das Bauhaus bis heute synonym für eine neue Art der Typografie steht, gehörte ihr eigentlicher Theoretiker nicht zur Kunstschule: Jan Tschichold. Mit einem Aufsatz in einem Sonderheft der Leipziger „Typographischen Mitteilungen“ beschrieb er die Thesen seiner „Elementaren Typografie“. Einige der Thesen aus diesem Aufsatz sind nachfolgend gelistet:

  • Die neue Typografie ist zweckbetont. 
  • Zweck jeder Typografie ist Mitteilung, deren Mittel sie darstellt. Die Mitteilung muss in kürzester, einfachster, eindringlichster Form erscheinen. 
  • Elementare Schriftform ist die Groteskschrift aller Variationen: mager, halbfett, fett, schmal bis breit. 
  • Schriften, die bestimmten Stilarten angehören oder beschränkt nationalen Charakter tragen (Gotisch, Fraktur, Kirchenslavisch), sind nicht elementar gestaltet und beschränken zum Teil die internationale Verständigungsmöglichkeiten. 
  • Auch die unbedruckten Teile des Papiers sind ebenso wie die gedruckten Formen Mittel der Gestaltung.
  • Elementare Gestaltung schließt die Anwendung jeden Ornaments aus. Die Anwendung von Linien und an sich elementaren Formen (Quadraten, Kreisen, Dreiecken) muss zwingend in der Gesamtkonstruktion begründet sein. 

Neben Jan Tschichold war Willi Baumeister einer der einflussreichsten neuen Typografen. Auch er sprach sich gegen eine symmetrische Ordnung aus (siehe oben linke Seite) und plädierte für einen Schriftsatz, der dem natürlichen Sehen und Lesen (siehe oben rechte Seite) nachkam und den Weißraum als Gestaltungselement miteinbezog. Jeglicher opulent gestalteter Werbung setzte er entgegen: „Telegrammstil ins Optische übertragen. Rapid muß ein Plakat, eine Anzeige mit dem Auge gefaßt und abgelesen werden können.“ 

Obwohl es an Regeln nicht mangelte, fehlte es den neuen Typografen lange an einer Schrift, die ihrem Streben nach Unpersönlichkeit und Zeitlosigkeit nachkam. Grotesk-Schriften für Akzidenzen konnten selbst gezeichnet werden, aber eine geeignete Schrift für den Mengensatz war noch nicht vorhanden. Obwohl Jan Tschichold aufgrund der Lesbarkeit für den Fließtext zunächst auch eine unaufdringliche, sachliche Antiqua empfahl, verwendete er selbst für sein Handbuch der „Neuen Typographie“ eine serifenlosen Schrift: die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Akzidenz-Grotesk der Berthold AG. Trotzdem waren sich die modernen Gestalter einig, dass eine neue Schrift für ihre neue Typografie geschaffen werden musste. Großen Erfolg hatte in der Folge Paul Renner mit seiner Futura. Die Schrift basierte auf den geometrischen Formen Kreis, Dreieck und Quadrat und wurde damit zum Favoriten aller Modernisten.

Mit seiner Futura kam Paul Renner dem Wunsch der “Neuen Typografen” nach einer modernen geometrischen Grotesk nach.

Zug um Zug eroberte die Grotesk-Typografie ab 1920 Europa. Die Gestaltung wurde durch ein Aufeinanderprallen von modernen, avantgardistischen und traditionellen Ansätzen konstruktiv vorangetrieben – bis Faschismus und Nationalsozialismus an die Macht kamen. 


Literatur

Beinert, Wolfgang. Typografie [online]. Typolexikon, 2021-08-25 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/typografie/

Beinert, Wolfgang. Schriftgeschichte [online]. Typolexikon, 2021-02-05 [Letzter Zugriff am 2021-12-24]. Verfügbar über: https://www.typolexikon.de/schriftgeschichte/

Blackwell, Lewis. Twentieth Century Type. München: Bangert, 1992. 

Gerdes, Claudia. „Typo um 1900“, in Günder, Gariele (Hrsg.), Page 03.18. 

Gerdes, Claudia. „Reklamekunst“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 05.18.

Gerdes, Claudia. „So wurde Type modern!“, in Günder, Gabriele (Hrsg.), Page 07.18.

Gerdes, Claudia. Was ist elementare Typografie? Jan Tschichold hatte da ganz klare Antworten [online]. Page Online, 2018-05-13 [Letzter Zugriff am 2022-01-01]. Verfügbar über: https://page-online.de/typografie/was-ist-elementare-typographie-jan-tschichold-hatte-da-ganz-klare-antworten/

Tschichold, Jan. Die Neue Typographie : Ein Hand für zeitgemäß Schaffende. Berlin: Brinkmann und Bose, 1987.